Potenzielle Steuerflucht ist ein klassisches Argument gegen eine höhere Besteuerung von Superreichen. Neue Erkenntnisse dazu liefern Enrico Moretti und Daniel J. Wilson in einem aktuellen IZA-Forschungspapier. Die Ökonomen untersuchen, inwieweit eine höhere Nachlasssteuer die 400 reichsten Amerikaner zum Umzug in einen anderen Bundesstaat bewegt – und was das für die Steuereinnahmen bedeutet.
In den USA gibt es bei der Besteuerung von Einkommen und Vermögen teils große Unterschiede auf Ebene der Bundesstaaten. Das gilt auch für die Nachlasssteuer („estate tax“), die vor der Aufteilung der Erbmasse auf die Erben fällig wird. Die Forscher nutzten für ihre Studie den Umstand, dass im Jahr 2001 eine bundesweit einheitliche Regelung abgeschafft wurde und die tatsächliche Steuerlast auf den Nachlass seither vom Wohnsitz abhängt.
Die Analyse auf Basis von Forbes-Daten der Jahre 1981 bis 2017 zeigt, dass etwa jeder dritte Superreiche aufgrund der Reform in einen anderen Bundesstaat umzog. Die Autoren attestieren Milliardären daher eine „hohe geografische Sensibilität“ gegenüber den Steuersätzen. Auffällig ist, dass die Wahrscheinlichkeit, den Wohnsitz in einen Staat ohne Nachlasssteuer zu verlegen, mit höherem Alter zunimmt.
Nachlasssteuer rechnet sich
Für viele Bundesstaaten ist die Nachlasssteuer eine einträgliche Einnahmequelle: Innerhalb von drei Jahren nach dem Tod eines Milliardärs spült die Steuer im Schnitt rund 165 Millionen Dollar in die Staatskasse. Andererseits gehen damit entgangene Einnahmen aus der Einkommensteuer einher, wenn Superreiche dem Bundesstaat im Laufe ihres Lebens den Rücken kehren.
Unterm Strich bleibt dennoch ein Plus: Nach den Berechnungen der Autoren würden fast alle Bundesstaaten, die derzeit keine Nachlasssteuer erheben, von der Einführung profitieren. Einzige Ausnahme ist Kalifornien, wo der Spitzensatz bei der Einkommensteuer so hoch liegt, dass die Abwanderung von Superreichen einen größeren Verlust bedeuten würde.
Die Autoren betonen allerdings, dass sich ihre Schätzungen nur auf die direkten Steuereinnahmen beziehen. Inwieweit es durch Abwanderungsbewegungen der Milliardäre auch zur Verlagerung von Unternehmen, Investitionen oder Spenden für wohltätige Zwecke kommt, lässt sich aus den Daten nicht ablesen.