Klassenzimmer sind mehr als nur Orte des Lernens – sie sind soziale Mikrokosmen, in denen die Zukunft von Schülerinnen und Schülern gestaltet wird. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Sofoklis Goulas, Silvia Griselda, Rigissa Megalokonomou und Yves Zenou zeigt jedoch auch die Schattenseiten dieses Miteinanders: Klassenkameraden, die häufig den Unterricht stören, können nicht nur das Lernen hemmen, sondern langfristig die Bildungs- und Karrierewege aller Beteiligten negativ beeinflussen.
Die Studie basiert auf Daten aus griechischen Sekundarschulen, in denen Schülerinnen und Schüler alphabetisch – entsprechend ihren Nachnamen – den Klassen zugeteilt wurden. Dieses Zufallsprinzip ermöglichte es, die Auswirkungen von Störungen losgelöst von Selektionseffekten und anderen Einflussfaktoren zu analysieren. Die individuelle Neigung, den Unterricht zu stören, wurde anhand von verhängten Ordnungsmaßnahmen wie Suspendierungen und Verweisen im Vorjahr gemessen.
Langfristige Effekte auf Bildungserfolg und Karriere
Die Ergebnisse sind alarmierend: Schülerinnen und Schüler, die nach der Grundschule in störungsanfällige Klassen versetzt wurden, schnitten in Tests schlechter ab und mussten häufiger eine Jahrgangsstufe wiederholen. Dabei sind nicht nur die Störer selbst betroffen, sondern der Lernerfolg der gesamten Klasse wird kollektiv ausgebremst.
Doch der Schaden endet nicht mit der Schulzeit. Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit vielen Unterrichtsstörungen wählen später seltener anspruchsvolle Studienfächer wie MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) oder andere wettbewerbsintensive Studiengänge mit guten beruflichen Perspektiven. Besonders anfällig sind Kinder aus einkommensschwachen Familien, wodurch bestehende Bildungsungleichheiten zusätzlich verschärft werden.
Experiment zeigt die Mechanismen
Um die Wirkungsmechanismen besser zu verstehen, führten die Forschenden ein Experiment mit über 600 Schülerinnen und Schülern durch. Dabei bewerteten die Teilnehmenden verschiedene Szenarien, in denen das Ausmaß der Störungen im Unterricht variierte. Den Ergebnissen zufolge wirken sich Störungen negativ auf Motivation, Lerneifer und Studienambitionen aus. Besonders stark zeigt sich dieser Effekt, wenn die Betroffenen unmittelbar neben störenden Mitschülern sitzen.
Die Forschenden appellieren daher an Schulen, Lehrkräfte und die Bildungspolitik, die Langzeitfolgen von Unterrichtsstörungen ernst zu nehmen. Mit gezielten Maßnahmen sollte für geordnetere und unterstützende Lernumgebungen gesorgt werden, um Chancengleichheit und Bildungserfolg für alle zu sichern.