Von Bruce A. Weinberg (Ohio State University und IZA)
Die staatliche Förderung wissenschaftlicher Forschung dient der Generierung von Wissen und Ideen, die den technologischen und medizinischen Fortschritt vorantreiben und zugleich die Wirtschaft stärken. Einer der Vordenker auf diesem Gebiet war der US-Ingenieur Vannevar Bush, der während des Zweiten Weltkriegs das Amt für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung (OSRD) der amerikanischen Regierung leitete. Aktuelle Studien stützen seine Thesen zu den positiven Effekten auf den Wirtschaftsstandort.
Denn in der Praxis finanziert die Wissenschaftsförderung nicht nur spezifische Projekte, sondern auch die beteiligten Mitarbeiter sowie externe Unternehmen, die Materialien und unterstützende Dienstleistungen liefern. Angesichts der restriktiven Forschungspolitik der amtierenden US-Regierung – so plant Präsident Trump beispielsweise eine Mittelkürzung um 20 Prozent bei den National Institutes of Health – lohnt ein Blick auf die Konsequenzen und die Leidtragenden dieser Entwicklung.
Bislang werden solche Auswirkungen meist am Forschungsoutput in Form von Publikationen oder Patenten gemessen, nicht an der Beschäftigungsentwicklung. Die von mir mitgegründete Initiative UMETRICS stellt dagegen den Menschen in den Mittelpunkt. Denn Menschen sind Ausführende, Vermittler und nicht zuletzt auch „Produkte“ von Wissenschaft.
UMETRICS trägt Informationen zu Beteiligten an universitären Forschungsprojekten und den für die Projekte getätigten Anschaffungen zusammen. Die Personen werden ihren jeweiligen Institutionen zugeordnet und die Anschaffungen den zuliefernden Unternehmen. Da sich UMETRICS ausschließlich auf administrative Daten der inzwischen rund 50 kooperierenden Universitäten sowie des U.S. Census Bureau und anderer „natürlicher“ Quellen stützt, ist der Datensatz aus statistischer Sicht weit zuverlässiger als Umfragen.
Wer profitiert von Forschungsförderung?
Unsere administrativen Daten umfassen nicht nur die Autoren von Fachveröffentlichungen und Projektberichten, sondern alle Projektbeteiligten einschließlich studentischer Hilfskräfte und Verwaltungsmitarbeiter. Deren Rolle als Zielgruppe von Forschungsförderung ist nicht zu vernachlässigen, denn wie bei einem Unternehmen geht es nicht allein um die Führungskräfte.
Wir verglichen die Verteilung der Mitarbeiter an Forschungsprojekten der großen Einrichtungen und Abteilungen der National Science Foundation (NSF) und der National Institutes of Health (NIH), auf die zusammen fast 70 Prozent der Bundesmittel für akademische Forschung und Entwicklung entfallen.
Der auffälligste Befund ist, dass der Großteil der Projektbeteiligten noch im Ausbildungsstadium ist, darunter Studierende und Doktoranden bzw. Postdocs. Während Verwaltungsmitarbeiter bei den NIH oft über 40% ausmachen, entfällt bei beiden Institutionen nur ein geringer Anteil der Stellen auf Professoren und festangestellte Forscher. Eine Kürzung von Forschungsgeldern trifft somit insbesondere den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Daher haben wir uns bei unserer Analyse primär auf Doktoranden konzentriert:
Die Karte zeigt die betrachteten Universitäten und den Anteil von Doktoranden (ein Jahr nach Promotion) pro Bundesstaat. Laut unseren Daten tragen viele von ihnen maßgeblich zur regionalen Wirtschaft bei – 12,7% bleiben im Radius von 50 Meilen um die Universität, an der sie ihren Abschluss gemacht haben. Zwar sind Ost- und Westküste sowie die Staaten Illinois und Texas beliebte Ziele für die weitere Karriere, doch ein beachtlicher Teil bleibt der ausbildenden Fakultät im Anschluss erhalten.
Die Doktoranden in unserer Stichprobe wechseln auch häufig in Unternehmen der sogenannten Knowledge Economy. Sie sind stark überrepräsentiert in Branchen wie Elektronik, Halbleiter, Computer und Pharma, dagegen kaum präsent in Branchen wie Handel und Gastronomie. Eine Promotion erhöht die Wahrscheinlichkeit um das Vierfache, für ein Unternehmen mit hohem F&E-Anteil tätig zu sein (44%), das zudem deutlich höhere Durchschnittsgehälter bezahlt.
Die besten Verdienstaussichten bestehen in den Bereichen Ingenieurswesen, Mathematik/Informatik und Physik. Unter den MINT-Fächern sind Biologie und Gesundheitswesen am geringsten entlohnt, doch viele der Postdoc-Stellen in diesen Bereichen dienen als Sprungbretter in besser bezahlte Positionen. Frauen verdienen deutlich weniger als Männer, wobei diese Unterschiede fast ausschließlich auf Studienfachwahl, Familienstand und Mutterschaft zurückzuführen sind.
Insgesamt zeigt sich, dass die in staatlich geförderten Forschungsprojekten ausgebildeten Wissenschaftler das Rückgrat der Unternehmen in der neuen Knowledge Economy bilden.
Welche Anschaffungen werden in den Forschungsprojekten getätigt?
Geförderte Forschungsprojekte haben auch auf andere Weise einen Einfluss auf den Wirtschaftsstandort, nämlich durch die Beschaffung von Geräten, Materialien und Dienstleistungen. Die Ökonomin Paula Stephan hat diese Transaktionen umfassend beschrieben. Dazu zählen etwa Anschaffungen von Computern und Software, Reagenzien, medizinischen Bilddiagnostikgeräten und Teleskopen, bis hin zu Labormäusen und -ratten.
Eine noch unveröffentlichte Studie zu den Zulieferern geförderter Forschungsprojekte an Universitäten zeigt, dass es sich bei vielen von ihnen um Mittelständler im High-Tech-Bereich handelt, die oft auch Niederlassungen in Campus-Nähe haben. Insofern stärken Forschungsprojekte auf besondere Weise die Wirtschaft vor Ort.
Bei der Forschungsförderung geht es also nicht nur um die Generierung neuen Wissens, sondern insbesondere auch um die Ausbildung hochqualifizierten Fachpersonals im MINT-Bereich und die Förderung der unternehmerischen Aktivität auf diesem Gebiet. Das UMETRICS-Projekt liefert einen detaillierten Überblick über die Menschen und Unternehmen, die von staatlicher Forschungsförderung bzw. deren Kürzung betroffen sind, wobei sich daraus sowohl kurzfristige Effekte als auch langfristige Konsequenzen für die Volkswirtschaft ableiten lassen.
Eine englische Fassung erschien in The Conversation.
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