Während der Pandemie haben neben den Schulen auch die meisten Universitäten ganz oder teilweise auf Online-Unterricht umgestellt. Dass dieser Wechsel für alle Beteiligten mit großen Herausforderungen verbunden war, ist hinlänglich bekannt. Unklar ist allerdings, inwieweit sich durch das Distanzlernen tatsächlich die Noten der Studierenden verschlechtern. Denn um einen kausalen Effekt des Online-Unterrichts belegen zu können, also andere Ursachen für Leistungsveränderungen auszuschließen, müsste man Studierende nach dem Zufallsprinzip in Online- und Präsenz-Lehrveranstaltungen einteilen.
Genau das hat IZA-Fellow Michael S. Kofoed gemeinsam mit Fakultätskollegen an der US-Militärakademie in West Point getan und die Ergebnisse in einem IZA-Forschungspapier veröffentlicht. Die Studierenden in West Point haben auch unter normalen Umständen kaum Wahlmöglichkeiten, sondern werden Kursen und Lehrkräften zugeteilt.
Zufällige Aufteilung der Studierenden
Die Autoren nutzten dieses Prinzip, um insgesamt 550 Studierende des Einführungskurses in Wirtschaft zufällig in Online- oder Präsenzunterricht einzuteilen. Insgesamt kamen 36 Kurse bei zwölf verschiedenen Dozenten zustande. Um auszuschließen, dass die Noten von der Qualität der Lehrperson bzw. deren Affinität zu Online-Unterricht abhängen, erklärte sich jeder Dozent bereit, jeweils zur Hälfte online bzw. in Präsenz zu unterrichten. Lehrpläne und Prüfungsinhalte sind für alle gleich.
Auf diese Weise konnten die Forscher exakt berechnen, dass allein aufgrund der Einteilung in einen Online-Kurs die Prüfungsnote um 0,20 Standardabweichungen geringer ausfiel als bei Präsenzunterricht. Dieser statistische Wert würde im deutschen Benotungssystem (mit maximal 15 Punkten) etwa einem halben Punkt Differenz entsprechen. Am deutlichsten verschlechterten sich Studierende, die bereits vorher zu den leistungssschwächeren gezählt hatten.
Mangel an Konzentration und Kontakten
In einer anschließend durchgeführten Befragung berichteten die Absolventen der Online-Kurse nicht nur von massiven Konzentrationsproblemen, sondern beklagten auch eine geringere Wertschätzung durch die Lehrperson. Auch der mangelnde persönliche Kontakt zu Dozenten und Kommilitonen dürfte dafür mitverantwortlich sein, dass Distanzlernen gegenüber Präsenzunterricht den Lernerfolg schmälert und Ungleichheit zwischen Studierenden tendenziell verschärft. Um die „Probanden“ dieses Experiments fair zu behandeln, wurden die Noten der Online-Studierenden übrigens um die errechnete Differenz hochgestuft.