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IZA Newsroom

IZA – Institute of Labor Economics

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Mark Fallak

Einsamkeit und soziale Isolation in Europa

June 4, 2021 by Mark Fallak

Schon vor den pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen haben verschiedene gesellschaftliche Trends zur Vereinsamung der Menschen beigetragen. Dazu zählt neben dem demografischen Wandel mit alternder Bevölkerung und immer mehr Single-Haushalten auch die voranschreitende Digitalisierung vieler Lebensbereiche.

Die sozialen und gesundheitlichen Kosten sind immens: Einsamkeit erhöht den Stresspegel und kann zu Bluthochdruck, Schlafmangel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie zu Depression und anderen psychischen Leiden führen. Dadurch erhöht sich das Sterberisiko in ähnlichem Maße wie durch Fettleibigkeit und Rauchen.

Erschwerend kommt hinzu, dass einsame Menschen zu ungesundem Lebenswandel neigen und auch aufgrund von Stigmatisierung ihre Kontakte weiter einschränken. Auf diese Weise entsteht eine Teufelskreis. Inzwischen ist bereits vielfach von einer „Einsamkeitsepidemie“ die Rede, und die britische Regierung widmet dem Thema seit einigen Jahren sogar ein eigenes Ministerium.

Etwa fünf Prozent der Deutschen fühlen sich häufig einsam

Ein kürzlich erschienenes IZA-Forschungspapier von Béatrice d’Hombres, Martina Barjaková und Sylke V. Schnepf zählt zu den ersten länderübergreifenden Studien, die das Phänomen europaweit untersuchen. Die Autoren betrachten dabei neben dem subjektiven Gefühl von Einsamkeit auch die Häufigkeit sozialer Kontakte pro Monat als Indikator für soziale Isolation.

Die Daten basieren auf dem alle zwei Jahre durchgeführten European Social Survey und wurden in den Jahren 2002-2018 erhoben, also noch vor Corona. Im Schnitt gaben 8,6 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Europa an, häufig unter Einsamkeit zu leiden. In Deutschland liegt der Wert bei unter fünf Prozent – europaweit sind nur die Menschen in den Niederlanden, Dänemark und Finnland weniger einsam.

Starkes Gefälle zwischen Nord- und Osteuropa

Größere Länderunterschiede zeigen sich im Hinblick auf soziale Isolation. Im Schnitt gab jede/r fünfte Befragte an, sich höchstens einmal im Monat mit Freunden, Verwandten oder Arbeitskollegen für gemeinsame Unternehmungen zu treffen. Der Wert variiert zwischen rund acht Prozent in den Niederlanden und über 40 Prozent in Ungarn und Griechenland. Deutschland liegt hier etwa im Mittelfeld. Insgesamt sind sowohl Einsamkeit als auch soziale Isolation in Osteuropa am weitesten verbreitet, wie das folgende Schaubild zeigt.

Grafik: Soziale Isolation (dunkelblau) und Einsamkeit (hellblau) in Europas Regionen

Während Ältere häufiger sozial isoliert sind, leiden sie nicht systematisch häufiger unter Einsamkeit als Jüngere. Zu den größten Risikofaktoren zählen prekäre wirtschaftliche Verhältnisse, Alleinleben und schlechte Gesundheit. Ob die zunehmende Nutzung sozialer Medien eher zur Vereinsamung beiträgt oder davor schützt, lässt sich aus den Daten hingegen nicht ablesen.

Filed Under: Research Tagged With: COVID-19, Europe, loneliness, social isolation

Wie Distanzlernen die Noten beeinflusst

May 28, 2021 by Mark Fallak

Während der Pandemie haben neben den Schulen auch die meisten Universitäten ganz oder teilweise auf Online-Unterricht umgestellt. Dass dieser Wechsel für alle Beteiligten mit großen Herausforderungen verbunden war, ist hinlänglich bekannt. Unklar ist allerdings, inwieweit sich durch das Distanzlernen tatsächlich die Noten der Studierenden verschlechtern. Denn um einen kausalen Effekt des Online-Unterrichts belegen zu können, also andere Ursachen für Leistungsveränderungen auszuschließen, müsste man Studierende nach dem Zufallsprinzip in Online- und Präsenz-Lehrveranstaltungen einteilen.

Genau das hat IZA-Fellow Michael S. Kofoed gemeinsam mit Fakultätskollegen an der US-Militärakademie in West Point getan und die Ergebnisse in einem  IZA-Forschungspapier veröffentlicht. Die Studierenden in West Point haben auch unter normalen Umständen kaum Wahlmöglichkeiten, sondern werden Kursen und Lehrkräften zugeteilt.

Zufällige Aufteilung der Studierenden

Die Autoren nutzten dieses Prinzip, um insgesamt 550 Studierende des Einführungskurses in Wirtschaft zufällig in Online- oder Präsenzunterricht einzuteilen. Insgesamt kamen 36 Kurse bei zwölf verschiedenen Dozenten zustande. Um auszuschließen, dass die Noten von der Qualität der Lehrperson bzw. deren Affinität zu Online-Unterricht abhängen, erklärte sich jeder Dozent bereit, jeweils zur Hälfte online bzw. in Präsenz zu unterrichten. Lehrpläne und Prüfungsinhalte sind für alle gleich.

Auf diese Weise konnten die Forscher exakt berechnen, dass allein aufgrund der Einteilung in einen Online-Kurs die Prüfungsnote um 0,20 Standardabweichungen geringer ausfiel als bei Präsenzunterricht. Dieser statistische Wert würde im deutschen Benotungssystem (mit maximal 15 Punkten) etwa einem halben Punkt Differenz entsprechen. Am deutlichsten verschlechterten sich Studierende, die bereits vorher zu den leistungssschwächeren gezählt hatten.

Mangel an Konzentration und Kontakten

In einer anschließend durchgeführten Befragung berichteten die Absolventen der Online-Kurse nicht nur von massiven Konzentrationsproblemen, sondern beklagten auch eine geringere Wertschätzung durch die Lehrperson. Auch der mangelnde persönliche Kontakt zu Dozenten und Kommilitonen dürfte dafür mitverantwortlich sein, dass Distanzlernen gegenüber Präsenzunterricht den Lernerfolg schmälert und Ungleichheit zwischen Studierenden tendenziell verschärft. Um die „Probanden“ dieses Experiments fair zu behandeln, wurden die Noten der Online-Studierenden übrigens um die errechnete Differenz hochgestuft.

Filed Under: Research Tagged With: academic achievement, COVID-19, online learning, students

Sinkt die Produktivität im Homeoffice?

May 27, 2021 by Mark Fallak

Laut einer aktuellen IZA-Befragung arbeiteten im April 2021 fast die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland zumindest stundenweise im Homeoffice. Viele Beschäftigte und Unternehmen schätzen inzwischen das flexiblere Arbeiten und wollen auch nach Corona daran festhalten. Andere sehnen die Rückkehr ins Büro herbei.

Aber wo lässt es sich eigentlich produktiver arbeiten? Darüber gehen die Meinungen auseinander und es mangelt an wissenschaftlichen Belegen. In verschiedenen Umfragen gab eine Mehrheit der Beschäftigten an, im Homeoffice produktiver zu sein. Allerdings basieren solche Befunde auf subjektiven Einschätzungen – und kaum jemand, der auch nach der Pandemie das Homeoffice-Angebot weiter nutzen möchte, wird von sich selbst behaupten, dort weniger produktiv zu sein.

Detaillierte Produktivitätsdaten

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Michael Gibbs, Friederike Mengel und Christoph Siemroth liefert nun erstmals eine umfassende datengestützte Analyse von Produktivität und Arbeitszeit nach der Umstellung auf Heimarbeit. Die Forscher nutzen dazu anonymisierte Personal- und Leistungsdaten von über 10.000 Fachkräften eines asiatischen IT-Unternehmens.

Das Besondere daran: Über eine spezielles Analysetool kann das Unternehmen die Arbeitsleistung der Beschäftigten (mit deren Wissen und Einverständnis) detailliert erfassen. Die Software misst nicht nur die reine Arbeitszeit, sondern kann auch produktive von unproduktiver Zeit am Computer unterscheiden und verschiedene Formen der Zusammenarbeit messen.

Ausweitung der Arbeitszeiten

Die Auswertung der zwischen April 2019 und August 2020 erhobenen Daten zeigt: Nach dem pandemiebedingten Wechsel ins Homeoffice lieferten die Beschäftigten den gleichen Output wie vorher und konnte ihre Ziele in gleichem Maße erreichen. Allerdings stieg die dafür aufgewendete Arbeitszeit insgesamt um rund 30 Prozent, außerhalb der üblichen Geschäftszeiten um 18 Prozent. Die Produktivität – gemessen als Output pro Arbeitsstunde – sank somit im Homeoffice um etwa 20 Prozent.

Die Mehrarbeit ließ sich nicht allein auf eingesparte Pendelzeiten zurückführen: Wer einen längeren Arbeitsweg zum Büro hatte, arbeitete im Homeoffice nicht notwendigerweise mehr als Kollegen mit kürzeren Pendelstrecken.

Am deutlichsten sank die Produktivität bei Beschäftigten mit Kindern, bei Frauen stärker als bei Männern. Langjährige Mitarbeiter schnitten besser ab als Kollegen mit weniger Arbeitserfahrung. Nach Einschätzung der Autoren dürften eine bessere Kenntnis der Unternehmensabläufe und engere Vernetzung mit Kollegen die Effektivität im Homeoffice steigern.

Mehr Ablenkung, weniger Interaktion

Insgesamt sehen die Forscher die Ursachen für die geringere Produktivität am Heimarbeitsplatz in der größeren Ablenkung, insbesondere in Haushalten mit Kindern, und im Mehraufwand für Kommunikation und Kollaboration. Die Beschäftigten verbringen deutlich mehr Zeit in formellen Meetings und verschicken mehr E-Mails als vor der Pandemie. Das gehe auf Kosten der Zeit für fokussiertes, unterbrechungsfreies Arbeiten, so die Autoren. Auch mangelndes Coaching und der fehlende direkte Kontakt zu Vorgesetzten, Kollegen und Geschäftspartnern schadeten offenbar der Produktivität.

Die Forscher geben zu bedenken, dass sich die Ergebnisse auf die erste Phase der Pandemie beziehen und die Daten nur einen Ausschnitt der Arbeitswelt beleuchten. Andererseits handelt es sich gerade bei der IT-Branche um einen Bereich, der eigentlich prädestiniert ist für ortsungebundenes Arbeiten ist und wo mangelnde technische Ausstattung oder Kompetenz ein geringeres Hindernis sein dürften als in anderen Tätigkeitsfeldern.

In jedem Fall unterstreiche der Befund einmal mehr, dass das Homeoffice bei allen Vorteilen keinen perfekten Ersatz für die persönliche Interaktion am Arbeitsplatz bieten könne, so das Fazit der Studie. In Zukunft werde es daher darauf ankommen, hybride Arbeitsformen mit der für das jeweilige Unternehmen optimalen Mischung aus mobilem Arbeiten und Büropräsenz zu entwickeln.

Filed Under: Research Tagged With: collaboration, COVID-19, future of work, output, productivity, remote work, work from home, work hours

Kann Kurzarbeit mehr als vor Entlassungen schützen?

May 20, 2021 by Mark Fallak

Gerät ein Unternehmen krisenbedingt in finanzielle Schieflage, kann es unter bestimmten Bedingungen Kurzarbeitergeld beantragen. Durch eine Verringerung der Arbeitszeiten werden Kosten gespart und Entlassungen idealerweise vermieden. Für die Einkommensverluste der Beschäftigten kommt der deutsche Staat mit bis zu 67 Prozent, in der Corona-Krise sogar bis zu 87 Prozent des ursprünglichen Gehalts auf.

In der aktuellen Krise haben nahezu alle OECD-Länder dieses wirtschaftspolitische Instrument eingesetzt, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren und explodierende Arbeitslosenzahlen zu verhindern. In Deutschland erhielt im Frühjahr 2020 beinahe jeder fünfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Kurzarbeitergeld, was rund sechs Millionen Menschen entspricht – während der letzten großen Finanz- und Wirtschaftskrise waren es gerade mal 1,5 Millionen.

Ähnlich wie in Deutschland kam es unter anderem auch in Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, Österreich und Großbritannien zu einem rapiden Anstieg der Kurzarbeit. Zudem unterstützt die EU ihre Mitgliedsstaaten bei der Finanzierung von Kurzarbeit mit günstigen Darlehen von bis zu 100 Milliarden Euro im Rahmen des SURE-Programms.

Kurzarbeit reduziert das Einkommensrisiko und stabilisiert die Nachfrage

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier untersuchen Thomas Dengler und Britta Gehrke  verschiedene Mechanismen, durch die das Kurzarbeitergeld den Arbeitsmarkt stabilisiert. Dabei nehmen sie neben der direkten Reduktion der Arbeitskosten für Unternehmen auch die Effekte auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in den Blick.

Um sich gegen das Risiko eines Einkommensverlustes durch rezessionsbedingte Kündigungen abzusichern, schrauben viele Beschäftigte ihren Konsum zurück und sparen mehr. Dadurch reduziert sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, was manche Unternehmen zwingt, ihre Produktion herunterzufahren und tatsächlich Angestellte zu entlassen. Es entsteht also ein Teufelskreis. Kann das Kurzarbeitergeld diese Spirale durchbrechen, indem es das Einkommensrisiko reduziert und Nachfrageeinbrüche verhindert?

Auf Basis eines auf den deutschen Arbeitsmarkt zugeschnittenen makroökonomischen Modells berechnet das Forscherteam, dass ein rezessionsbedingter Anstieg der Arbeitslosigkeit um vier Prozentpunkte durch Kurzarbeit um einen Prozentpunkt abgefedert werden kann. Rund ein Fünftel davon lässt sich auf die Stabilisierung der Nachfrage zurückführen. In Ländern mit dynamischeren Arbeitsmärkten wie den USA dürfte der Nachfrageeffekt noch stärker sein.

Erhöhung des Kurzarbeitergeldes kann zusätzlich helfen

Je besser die finanzielle Absicherung bei Kurzarbeit, desto größer der potenzielle Effekt auf die Konsumnachfrage. So würde laut Studie eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes um ein Prozent des BIP die Arbeitslosenquote um bis zu zwei Prozentpunkte verringern.

Besonders stark ist der Nachfrageeffekt des Kurzarbeitergeldes bei der aktuellen Nullzinspolitik, da die Menschen nicht alternativ durch weitere Zinssenkungen animiert werden können, ihr Geld auszugeben statt zu sparen. Eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes kann sogar effektiver sein, als eine entsprechende Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Diese führt zu Aufwärtsdruck auf die Löhne – ein Effekt, der beim Kurzarbeitergeld nur in begrenzterem Maße auftritt.

Ist die Kurzarbeit also das ideale Kriseninstrument, um den Arbeitsmarkt und die Gesamtwirtschaft zu stabilisieren? Im Prinzip ja, argumentieren die Studienautoren. Allerdings sollte sie nicht zum Dauerzustand werden, da es sonst zu übermäßigen Arbeitszeitreduktionen kommen könne und notwendige strukturelle Anpassungen, etwa der Wechsel von Arbeitskräften zu wachsenden und produktiveren Unternehmen, behindert würden.

Mitnahmeeffekte verhindern

Zudem spricht eine weitere aktuelle IZA-Studie aus Frankreich dafür, den Zugang zu Kurzarbeit strikt zu regulieren, um Mitnahmeeffekte zu reduzieren. In der großen Finanzkrise hatten auch weniger notleidende Unternehmen ihre Arbeitszeiten auf Staatskosten reduziert, ohne dass dadurch Jobs gerettet wurden. Dennoch erwies sich die Kurzarbeit der Analyse zufolge als besonders kosteneffizientes Instrument zur Beschäftigungssicherung in Krisenzeiten. Für jeden zusätzlichen Beschäftigten in Kurzarbeit konnten damals rein rechnerisch 0,6 Entlassungen vermieden werden.

Filed Under: Research Tagged With: aggregate demand, consumption, COVID-19, savings, short-time work, unemployment

Arbeitsmarkttrends besser messen

May 19, 2021 by Mark Fallak

Um die Performance von Volkswirtschaften während Rezessionen und Aufschwüngen zu beurteilen, Arbeitsmarkttrends zu erkennen und politische Maßnahmen zu entwickeln, werden meist Arbeitsmarktindikatoren herangezogen, die von statistischen Ämtern erstellt werden. Solche Daten liefern jedoch oft ein unvollständiges oder verzerrtes Bild der tatsächlichen Arbeitsmarktbedingungen.

Gerade in einer so dynamischen Lage wie der aktuellen globalen Rezession durch die Corona-Pandemie wächst der Bedarf an Echtzeit-Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung. Im Rahmen des von Katharine Abraham und Susan Houseman organisierten 4. IZA-Workshops „Arbeitsmarktstatistik“ wurden zwölf bislang unveröffentlichte Forschungsbeiträge vorgestellt, die sich kritisch mit bestehenden Messgrößen der Arbeitsmarktbedingungen auseinandersetzten, Korrekturen oder Alternativen anboten und innovative Daten nutzten, um wichtige Arbeitsmarktfragen neu zu beleuchten.

Mehr zu den Workshop-Beiträgen hier in englischer Sprache.

Filed Under: IZA News, Research Tagged With: labor statistics

Europas Arbeitsmärkte kamen weitgehend unbeschadet durchs Krisenjahr 2020

May 18, 2021 by Mark Fallak

Laut einem aktuellen IZA Policy Paper von Stijn Baert (Universität Gent) hat die Pandemie auf den europäischen Arbeitsmärkten im Corona-Jahr 2020 keine größeren Schäden hinterlassen. Die Arbeitslosigkeit unter den 25- bis 64-Jährigen stieg EU-weit um 0,2 Prozentpunkte von 4,8 auf 5,0 Prozent. Zum Vergleich: Infolge der Finanzkrise hatte es zwischen 2009 und 2010 einen Anstieg um 1,3 Prozentpunkte gegeben.

Dennoch zeigen sich auffällige Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Ländern. So nahm die Arbeitslosigkeit in den baltischen Staaten um jeweils mehr als 1,5 Prozentpunkte zu. Einen Anstieg von mehr als einem Prozentpunkt verzeichneten sonst nur Rumänien und Schweden. Das vermeintliche Vorzeigeland Schweden rutscht dadurch in puncto Arbeitsmarkt-Performance auf Platz 23 von 27 ab.

Arbeitslosigkeit vs. Nichterwerbstätigkeit

Ein ausbleibender Anstieg der Arbeitslosenquote könnte auch bedeuten, dass mehr Menschen angesichts schlechter Jobchancen ganz aus dem Arbeitsmarkt aussteigen. Die Studie betrachtet daher ebenfalls Veränderungen bei der Nichterwerbstätigkeit. Doch auch hier zeigt sich, bezogen auf die gesamte EU-27, eine relativ geringe Zunahme von 20,0 auf 20,3 Prozent. Überdurchschnittlich hoch fiel der Anstieg in Südeuropa aus, insbesondere in Italien (1,5 Prozentpunkte) und Spanien (1,1 Prozentpunkte).

Deutschlands Position weitgehend stabil

Im europäischen Vergleich unauffällig hat sich die Lage in Deutschland entwickelt. In der Gruppe der 25- bis 64-Jährigen stieg die Arbeitslosigkeit gegenüber 2019 um 0,5 Prozentpunkte von 2,4 auf 2,9 Prozent, während sich die Quote der Nichterwerbstätigen nur um 0,1 Prozentpunkte von 15,6 Prozent auf 15,7 Prozent erhöhte. In beiden Kategorien ergibt sich daraus ein fünfter bzw. sechster Platz im EU-weiten Ranking. Besonders bemerkenswert: In Polen gingen trotz Krise sowohl Arbeitslosigkeit als auch Inaktivität zurück, wie die folgende Grafik zeigt.

Für Entwarnung sei es dennoch zu früh, mein Stijn Baert. In früheren Krisen habe die Arbeitslosenquote ihren Höhepunkt erst etwa ein Jahr nach der konjunkturellen Talsohle erreicht. Nach dem Auslaufen von Kurzarbeitregelungen und anderen staatlichen Hilfsmaßnahmen könne es durchaus zu einem weiteren Anstieg von Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit kommen.

Vieles dürfte nach Einschätzung des belgischen Ökonomen vom Umgang der Regierungen mit den in der Corona-Krise angehäuften Staatschulden abhängen: Harte Sparmaßnahmen könnten dem Arbeitsmarkt einen zusätzlichen Schlag versetzen, während gezielte Investitionen wiederum stimulierend wirken könnten.

Filed Under: Research Tagged With: COVID-19, crisis, European Union, inactivity, unemployment

Höhe des Mindestlohns wirkt sich auf individuelle Bildungsentscheidungen aus

May 11, 2021 by Mark Fallak

Bei der Diskussion um Mindestlöhne stehen meist die Einkommens- und Beschäftigungseffekte im Vordergrund. Nicht minder relevant sind jedoch die Auswirkungen von Mindestlohnerhöhungen auf individuelle Bildungsentscheidungen, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Diana Alessandrini und Joniada Milla zeigt. Die Forscherinnen betrachten die Einschreibungsquoten an Hochschulen und stellen bei höheren Mindestlöhnen eine Verschiebung von akademischer zu berufspraktischer Ausbildung fest.

Ähnlich wie in den USA gliedert sich das kanadische Hochschulsystem in akademisch geprägte, oft mit hohen Studiengebühren verbundene Universitäten und die kostengünstigeren Community Colleges mit Schwerpunkt auf praxisorientierten Bildungsabschlüssen. Da es in Kanada besonders häufig zu regionalen Anpassungen des Mindestlohns kommt, konnten die Ökonominnen die Effekte von insgesamt 136 Mindestlohnerhöhungen auf die eingeschlagenen Bildungswege messen.

Geringere Bildungsmobilität

Der Analyse zufolge führt eine Anhebung des Mindestlohn um zehn Prozent dazu, dass die Einschreibungen an Universitäten um fünf Prozent zurückgehen, während sie an Community Colleges um sechs Prozent steigen. Insbesondere junge Menschen aus einkommensschwachen Elternhäusern mit geringerem Bildungsstand entscheiden sich bei höherem Mindestlohn häufiger gegen ein akademisches Studium, was die Bildungsungleichheit weiter verschärfen könnte.

Dass die Community Colleges zugleich mehr Zulauf verzeichnen, ist primär einer größeren Anzahl älterer Studierender geschuldet. Nach Einschätzung der Autorinnen führt der wachsende Konkurrenzdruck am unteren Ende der Lohnskala dazu, dass die Studienabbruchquoten sinken und mehr Erwerbstätige ans College zurückkehren, um ihre Arbeitsmarktchancen durch einen zusätzlichen berufspraktischen Abschluss zu verbessern.

Sinkende Bildungsrenditen

Die Erkenntnisse aus Kanada sind nicht unmittelbar auf Länder mit anderem Ausbildungssystem übertragbar, doch zeigen sich gewisse Parallelen durchaus zu Beobachtungen aus Deutschland. In einer früheren Studie hatten Terry Gregory und Ulrich Zierahn die langfristigen Mindestlohneffekte im Dachdeckergewerbe untersucht. Bei einem vergleichsweise hohen Mindestlohn stiegen die Verdienstmöglichkeiten von Gering- und Mittelqualifizierten, allerdings auf Kosten der Löhne von Hochqualifizierten. Die Folge waren eine verringerte Bildungsrendite sowie weniger hochqualifizierte Berufseinsteiger, was laut Studie den von der Branche beklagten Fachkräftemangel mitverursacht haben könnte (mehr dazu in einem Ökonomenstimme-Gastbeitrag).

Filed Under: Research Tagged With: college, education, minimum wage, university

Vollzeit, Teilzeit oder Kinderbetreuung?

May 10, 2021 by Mark Fallak

Zwar verschieben sich die Geschlechterrollen innerhalb von Familien bereits seit einiger Zeit, doch das klassische Rollenmuster mit dem Vater als Allein- oder Hauptverdiener bleibt nach wie vor verbreitet. So betrug 2019 der Anteil der Mütter mit Kindern unter sechs Jahren in Elternzeit beinahe ein Viertel, bei Männern waren es gerade mal 1,6 Prozent. Aber wovon hängt die Arbeitsentscheidung der Mutter eigentlich ab?  Und wie nehmen (potenzielle) Eltern die Vor- und Nachteile von verschieden Arbeitszeitmodellen wahr?

Diesen Fragen widmen sich Teodora Boneva, Katja Kaufmann und Christopher Rauh in einem aktuellen IZA-Forschungspapier. Sie befragten deutschlandweit rund 4.000 Erwachsene zwischen 20 und 45 Jahren zu ihren hypothetischen Entscheidungen in einer Reihe fiktiver Situationen, die sich vor allem in den Arbeitszeiten der Mutter unterschieden. Auch die Ansichten zur öffentlichen Kinderbetreuung wurden detailliert abgefragt.

Hohe Einkommensverluste erwartet

Auffällig ist zunächst, dass die Befragten zwar deutliche Einkommensverluste (bis zu 6.000 Euro im Jahr) in späteren Erwerbsleben erwarten, wenn die Mutter bis zum fünften Lebensjahr des Kindes aus dem Arbeitsmarkt aussteigt. Doch diese finanziellen Einbußen spielen für die Arbeitsentscheidung der Mutter keine nennenswerte Rolle, obwohl die Befragen sogar annahmen, auch die Väter verdienten mehr, wenn beide Elternteile arbeiten.

Ein wichtiger Faktor, der für eine zeitige Rückkehr der Mutter in Beschäftigung spricht, sind die wahrgenommenen Vorteile der gemeinschaftlichen Kinderbetreuung als stimulierendes soziales Umfeld: Die sozialen und intellektuellen Fähigkeiten von Kita-Kindern, deren Mutter in Vollzeit arbeitet, werden um bis 28 Prozentpunkte höher eingeschätzt als die Fähigkeiten vergleichbarer Kinder, die zu Hause betreut werden. Die Entscheidung für eine Teilzeit-Tätigkeit scheint vor allem darauf zu gründen, dass hier das größte Potenzial für die Zufriedenheit von Mutter und Kind gesehen wird.

Großer Einfluss sozialer und kultureller Normen

Viele Mütter lassen sich bei der Entscheidung jedoch von ihrem sozialen Umfeld beeinflussen. Glaubt die Mutter beispielsweise, dass ihre Freunde und Familie eher der traditionellen Rollenverteilung anhängen, reduziert sich dadurch die Wahrscheinlichkeit einer Berufstätigkeit um 6,1 Prozentpunkte. Umgekehrt nehmen Mütter mit 12,7 Prozentpunkten höherer Wahrscheinlichkeit eine Vollzeitstelle an, wenn sie dafür in ihrem Umfeld eine hohe Zustimmung vermuten. Der starke Einfluss sozialer und kultureller  Normen zeigt sich auch daran, dass die Vollzeitarbeit für Mütter in Ostdeutschland deutlich positiver eingeschätzt wird.

Die Ergebnisse scheinen jedoch nicht deutschlandspezifisch zu sein: Eine kanadische Stichprobe mit den gleichen Fragen brachte sehr ähnliche Ergebnisse. Bemerkenswert ist außerdem, dass der sozioökonomische Hintergrund der Befragten keinen nennenswerten Einfluss auf die Antworten hatte.

Neben den gesellschaftlichen Implikationen liefert die Studie auch einen deutlichen Fingerzeig für die Politik. Befragte mit Kindern gaben die Wahrscheinlichkeit, einen öffentlichen Kita-Platz zu finden, im Schnitt mit 62 Prozent an, eine Ganztagsbetreuung mit 54 Prozent. Ein verbessertes Betreuungsangebot würde die Wahrscheinlichkeit unter den befragten Müttern, eine Teilzeit-Tätigkeit aufzunehmen, um 15 Prozentpunkte auf 59 Prozent erhöhen.

Filed Under: Research

IZA Young Labor Economist Award 2021 geht an Patrick Kline

May 6, 2021 by Mark Fallak

Alle zwei Jahre verleiht das IZA den „Young Labor Economist Award“ an herausragende Forscherinnen und Forscher, deren Promotion weniger als 15 Jahre zurückliegt. Mit dem diesjährigen Preis wird der Berkeley-Ökonom Patrick Kline für seine exzellenten Beiträge zur Weiterentwicklung der empirischen Arbeitsmarktforschung ausgezeichnet.

In seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt sich Kline insbesondere mit Fragen der Lohnfindung und der Effektivität politischer Maßnahmen zum Abbau von Ungleichheit. So hat er beispielsweise untersucht, wie sich die Personalpraxis von Unternehmen auf die Lohnungleichheit auswirkt, mit welchen Maßnahmen sich soziale Mobilität effektiv fördern lässt und was die Politik tun kann, um die lokalen Arbeitsmärkte in strukturschwachen Gegenden zu stützen.

„Neben seiner innovativen empirischen Forschung zu hoch relevanten gesellschaftlichen Fragestellungen hat Patrick Kline auch mit seiner profunden methodischen Expertise den Instrumentenkasten der Evaluationsforschung bereichert“, so Daniel Hamermesh, Vorsitzender des IZA-Preiskomitees. Dem Auswahlgremium gehören neben Hamermesh fünf weitere international renommierte Ökonominnen und Ökonomen an: Oriana Bandiera (London School of Economics), Richard Blundell (University College London), George Borjas (Harvard University), Pierre Cahuc (Sciences Po, Paris) und Claudia Goldin (Harvard University).

Die Preisverleihung wird voraussichtlich Anfang Januar 2022 im Rahmen des traditionellen IZA-Empfangs während der Jahrestagung der Allied Social Science Associations (ASSA) in Boston stattfinden.

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Relative Vergleiche beeinflussen Leistung und Entscheidungen im Studium

May 5, 2021 by Mark Fallak

Entscheidungen über die Wege der eigenen Bildungskarriere sind oft mit erheblicher Unsicherheit verbunden. Bin ich ausreichend vorbereitet, um die Prüfung zu bestehen? Bin ich gut genug, um eine Hochschulausbildung zu absolvieren? Für Studierende sind solche Fragen oft nicht leicht zu beantworten.

Eine Möglichkeit zur Einordnung des eigenen Leistungspotenzials ist der Vergleich mit Bezugsgruppen wie Freunden oder Kommilitoninnen. Wer innerhalb der eigenen Gruppe überdurchschnittlich gut abschneidet, neigt zu mehr Selbstbewusstsein und schätzt die eigene Fähigkeit tendenziell höher ein als jemand, der von lauter Überfliegern umgeben ist. Dieses Phänomen wird auch als „Fischteicheffekt“ bezeichnet: Man fühlt sich wie der große Fisch im kleinen Teich (big fish in a little pond).

Insbesondere im ersten Jahr des Studiums sind solche relativen Leistungsvergleiche von großer Bedeutung. Nach vielen gemeinsamen Schuljahren mit denselben Klassenkameraden interagiert man nun mit Studierenden aus aller Welt. Die eigene Leistungsfähigkeit muss innerhalb der ungewohnten Umgebung neu bewertet werden, was zu Veränderungen des Selbstbilds führen kann.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier, das demnächst im Economic Journal erscheint, zeigen Benjamin Elsner, Ingo Isphording und Ulf Zölitz, wie entsprechende soziale Vergleiche die Entscheidungen und die Leistung von Erstsemestern beeinflussen.

Rangposition beeinflusst eigene Erwartungen und Leistungen

Die Autoren nutzen dabei die zufällige Einteilung von Studierenden einer niederländischen Universität in verschiedene Tutoriumsgruppen. Sie messen die relativen Fähigkeiten der Studierenden anhand des „ordinalen Rangs“ innerhalb eines Tutoriums, also ob jemand gemäß dem vorab erzielten Notendurchschnitt an erster, zweiter, dritter oder weiterer Stelle steht. Dem Fischteicheffekt zufolge nehmen sich Studierende mit höherem Rang als kompetenter wahr, aber auch Lehrer oder Mitstudierende könnten auf andere Weise mit ihnen interagieren.

Tatsächlich finden die Autoren einen ausgeprägten Effekt auf die erzielte Leistung: Wer auf der Rangliste weiter oben steht, neigt weniger zum Abbruch des Kurses und erreicht bessere Noten in standardisierten, anonym bewerteten Prüfungen. Zudem wirkt sich der Rang auf die erwarteten zukünftigen Noten aus, was dafür spricht, dass die höher eingeordneten Studierenden sich selbst für fähiger halten als ihre Kommilitonen.

Studierende reagieren nur auf „gute Nachrichten“

Der Rang eines Studenten scheint gerade zu Beginn des ersten Jahres besonders wichtig zu sein, wo die Unsicherheit in einer völlig neuen Umgebung besonders hoch ist. Entscheidend für den Einfluss auf das Verhalten ist jedoch die Veränderung des Ranges im Vergleich zur Vorperiode: Erhöht sich die eigene Position gegenüber der durchschnittlichen Position der Vorperiode, verbessert sich die Leistung signifikant, während eine Verringerung des Ranges keinen Effekt hat. Die Forscher sehen darin einen Beleg für den Good-news-bad-news-Effekt: Menschen neigen dazu, auf positive Signale zu reagieren und negative zu ignorieren.

Anhaltende Effekte

Darüber hinaus sind die Auswirkungen des Rangs im Erstsemester-Tutorium längerfristiger Natur: Studierende mit hohem Rang in einem bestimmten Erstsemesterkurs – etwa Statistik oder Marketing – wählen mit größerer Wahrscheinlichkeit einen verwandten Folgekurs und spezialisieren sich im weiteren Studium auf den Bereich, in dem sie offenbar einen komparativen Vorteil gegenüber anderen wahrnehmen.

Die Ergebnisse liefern wichtige Einblicke in die Entscheidungsfindung von Studierenden. Ob jemand ein „big fish in a little pond“ ist oder nicht, hängt stark vom Zufall ab. Die daraus resultierenden sozialen Vergleiche scheinen jedoch erhebliches Gewicht bei wichtigen Karriereentscheidungen zu haben. Nach Einschätzung der Autoren könnte ein verbessertes Informationsangebot über die eigenen Leistungen Studierenden in einer solchen Situation helfen, fundiertere Entscheidungen über den weiteren Karriereweg zu treffen.

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