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IZA – Institute of Labor Economics

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Kita-Plätze für benachteiligte Familien: Wie sich die Chancen verbessern lassen

December 23, 2024 by Mark Fallak

Bei der Vergabe knapper Kita-Plätze gehen sozioökonomisch benachteiligte Familien überdurchschnittlich oft leer aus. Dabei würden gerade sie am meisten von qualitativ hochwertiger und zeitlich flexibler Kinderbetreuung profitieren. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Olivier De Groote und Minyoung Rho untersucht anhand von Daten einer zentralen Plattform in Belgien, wie sich die Vergabe von Kita-Plätzen effizienter und zugleich möglichst fair gestalten lässt.

In dezentralen Systemen, bei denen sich Eltern direkt bei der jeweiligen Kita bewerben müssen, scheitern benachteiligte Familien häufig an komplexen Bewerbungsprozessen oder verpassen wichtige Anmeldefristen. Verspätete Bewerbungen, die in dieser Gruppe häufiger vorkommen, mindern die Chancen auf einen Betreuungsplatz erheblich.

Hinzu kommen institutionelle Barrieren: Manche Kitas bevorzugen Familien aus der näheren Umgebung, mit stabileren Arbeitszeiten oder höherem Einkommen. Solche Kriterien benachteiligen Eltern aus einkommensschwachen Haushalten, die oft flexiblere Betreuungszeiten benötigen. Zudem leben viele benachteiligte Familien in Stadtteilen mit weniger hochwertigen Betreuungsangeboten oder in Gebieten, wo Plätze besonders knapp sind. Auch allgemeine Kapazitätsengpässe spielen eine Rolle. In einem überlasteten System haben sozioökonomisch stärkere Familien oft bessere Netzwerke, mehr Informationen und die Möglichkeit, strategisch zu handeln.

Vorteile einer zentralen Platzvergabe

Die Studie zeigt, dass zentralisierte Vergabeverfahren helfen, diese Hürden abzubauen. Sie verbessern vor allem die Erfolgsaussichten für späte Anmeldungen. Gezielte Fördermaßnahmen wie Quotenregelungen zeigen ebenfalls Wirkung, allerdings auf Kosten der privilegierteren Familien, die dann leer ausgehen oder sich von vornherein nach teureren, privaten Angeboten umschauen – was die soziale Segregation in den Kitas tendenziell verschärft.

Kostenlosen Kita-Plätzen erteilen die Forschenden eine Absage – sie seien letztlich ein Subventionsprogramm für besserverdienende Familien. Sozial ausgewogener wäre eine stärkere Staffelung der Beitragssätze nach Einkommen, doch für einkommensschwache Familien wäre der Effekt begrenzt, da sie bereits jetzt keine oder allenfalls geringe Beiträge bezahlen. Wenig überraschend daher das Fazit der Studie: Der effektivste, fairste und zugleich teuerste Ansatz wäre ein allgemeiner Ausbau hochwertiger Betreuungsangebote.

Filed Under: Research Tagged With: affirmative action, childcare, segregation

Die Minijob-Falle: Wie Mütter den Anschluss im Arbeitsmarkt verlieren

December 22, 2024 by Mark Fallak

Minijobs erscheinen vielen Müttern nach der Geburt eines Kindes als attraktive Option für den beruflichen Wiedereinstieg. Die Arbeit erfordert oft nur wenige Stunden pro Woche, und dank staatlicher Förderung entfallen Steuern und Sozialabgaben. Das bedeutet: Brutto gleich Netto. Doch was auf den ersten Blick praktisch klingt, hat langfristige Schattenseiten.

Rund 15 Prozent der Frauen in Deutschland, die vor der Geburt ihres ersten Kindes Vollzeit gearbeitet haben, entscheiden sich nach der Babypause für einen Minijob. Anders als reguläre Teilzeit- oder Vollzeitstellen bieten Minijobs allerdings oft weniger anspruchsvolle Tätigkeiten und kaum Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung. Dadurch wird die im Minijob gesammelte Arbeitserfahrung später oft als weniger wertvoll angesehen.

Langfristige Folgen für Mütter

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Matthias Collischon, Kamila Cygan-Rehm und Regina T. Riphahn zeigt, wie stark sich Minijobs negativ auf die berufliche Zukunft von Müttern auswirken. Zehn Jahre nach der Geburt ihres ersten Kindes sind Mütter, die zunächst in einen Minijob zurückgekehrt sind, fast 10 Prozentpunkte seltener in einer regulären (unsubventionierten) Beschäftigung als Mütter, die direkt wieder in reguläre Jobs eingestiegen sind.

Auch beim Einkommen hinterlassen Minijobs Spuren: Mütter, die nach der Geburt im Minijob arbeiten, verdienen langfristig deutlich weniger. Die sogenannte „Child Penalty“ – der Einkommensverlust, der durch Kinder entsteht – ist für Minijob-Mütter mindestens 10 Prozentpunkte höher als für Mütter, die in reguläre Arbeit zurückkehren.

Wenn die vermeintliche Brücke zur Sackgasse wird

Das Minijob-Programm gehört zu den größten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Deutschland. Es wurde eingeführt, um Arbeitslosen den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Doch für viele Frauen, die nach der Geburt eines Kindes ihre Arbeitszeit reduzieren, wird der Minijob zur Falle: Statt als Brücke zu regulärer Beschäftigung zu dienen, halten Minijobs sie in gering bezahlten, wenig qualifizierten Tätigkeiten gefangen.

Die langfristigen Folgen sind gravierend: Geringere Einkommen bedeuten weniger Rentenansprüche und verschärfen das Risiko von Altersarmut. Mütter sollten daher frühzeitig Alternativen zu Minijobs in Betracht ziehen und die langfristigen Auswirkungen auf Einkommen und Karrierechancen bedenken.

Filed Under: Research Tagged With: child penalty, maternal employment, Minijob, subsidized employment

Job-Bewerbungen erleichtern: Einfache Maßnahmen mit großer Wirkung

December 21, 2024 by Mark Fallak

Psychologische Hürden wie Angst vor Ablehnung oder die Überwindung, den ersten Schritt zu machen, können entscheidend dafür sein, ob sich Menschen auf Jobs bewerben – selbst wenn der Bewerbungsprozess an sich einfach und schnell ist. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Kate Vyborny, Robert Garlick, Nivedhitha Subramanian und Erica Field untersucht eine vielversprechende Möglichkeit, solche Hürden abzubauen. Die Studie nutzte eine innovative Jobplattform in Pakistan und zeigt, wie kleine Änderungen im Bewerbungsprozess das Verhalten von Jobsuchenden erheblich verbessern können.

Der Kontext der Studie

Die Forschenden rekrutierten Jobsuchende durch eine repräsentative Umfrage in über 50.000 Haushalten in Lahore. Die Teilnehmenden befanden sich in sehr unterschiedlichen Beschäftigungs- und Suchsituationen – von angestellt und aktiv suchend bis hin zu nicht erwerbstätig und inaktiv. Jeden Monat erhielten die Jobsuchenden eine SMS mit Informationen zu neuen Stellenangeboten, die zu ihren Qualifikationen und Präferenzen passten. Verbunden war damit die Einladung, das Callcenter der Plattform anzurufen, um sich zu bewerben.

Die Intervention: Ein einfacher Anruf

Ein zufällig ausgewählter Teil der Jobsuchenden erhielt nach der SMS zusätzlich einen Follow-up-Anruf. Darin wurden lediglich die Informationen aus der SMS wiederholt und erneut dazu eingeladen, sich sofort zu bewerben. Dadurch wurde der Bewerbungsprozess für diese Gruppe von einem aktiven zu einem passiveren Vorgang, ohne dass zusätzliche Details genannt wurden oder die Jobsuchenden in irgendeiner Weise zur Bewerbung gedrängt wurden.

Überraschende Ergebnisse

Die Wirkung dieses einfachen Anrufs war enorm: Die Bewerbungsrate stieg um 600 Prozent. In der Kontrollgruppe (ohne zusätzlichen Anruf) bewarben sich Jobsuchende nur auf 0,2 Prozent der Stellenangebote, die ihnen vorgeschlagen wurden. In der Gruppe, die einen Anruf erhielt, stieg diese Quote auf 1,5 Prozent. (Die insgesamt niedrigen Bewerbungsquoten liegen darin begründet, dass die Plattform bewusst ein sehr breites Spektrum an Stellen vorschlägt.)

Besonders bemerkenswert ist, dass die zusätzlichen Bewerbungen genauso erfolgreich waren wie diejenigen der Kontrollgruppe. In beiden Gruppen führten etwa sechs Prozent der Bewerbungen zu Vorstellungsgesprächen – auch für Stellen mit besseren Gehältern, mehr Sozialleistungen und kürzeren Pendelzeiten. Ob diese Einladungen letztlich zu Jobangeboten führten, konnte die Plattform jedoch nicht verfolgen.

Psychologische Barrieren als Hauptursache

Dass in vielen Fällen erst der Anruf den Ausschlag gab, obwohl der Aufwand für eine Bewerbung über die Plattform äußerst gering ist, erklären die Forschenden mit einer Reduzierung der sogenannten Aufmerksamkeitskosten: Jobsuchende mussten nicht mehr eigenständig Textnachrichten checken und Zeit einplanen, um über eine Bewerbung zu entscheiden. Außerdem lässt sich so verhindern, dass Bewerbende Fristen verstreichen lassen, und auch die Angst vor Ablehnung könnte bei „spontanen“ Bewerbungen geringer sein.

Alternative Erklärungen konnten die Forschenden ausschließen: Kosten- und Zeitaufwand waren ohnehin gering, und Maßnahmen zur weiteren Reduzierung hatten keine vergleichbare Wirkung. Zudem brachte die Intervention keine Verhaltensänderungen in anderen Aspekten – die Jobsuchenden bewarben sich nicht auf andere Jobtypen, aktualisierten ihre Lebensläufe nicht häufiger und änderten auch nicht ihre Bewertung der Plattform. Das Fazit der Studie: Schon ein kleiner Anstoß kann helfen, wenn es darum geht, den ersten Schritt zur Stellenbewerbung zu machen.

Filed Under: Research Tagged With: job search, platform, search frictions

Langzeitfolgen von Störungen im Unterricht

December 20, 2024 by Mark Fallak

Klassenzimmer sind mehr als nur Orte des Lernens – sie sind soziale Mikrokosmen, in denen die Zukunft von Schülerinnen und Schülern gestaltet wird. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Sofoklis Goulas, Silvia Griselda, Rigissa Megalokonomou und Yves Zenou zeigt jedoch auch die Schattenseiten dieses Miteinanders: Klassenkameraden, die häufig den Unterricht stören, können nicht nur das Lernen hemmen, sondern langfristig die Bildungs- und Karrierewege aller Beteiligten negativ beeinflussen.

Die Studie basiert auf Daten aus griechischen Sekundarschulen, in denen Schülerinnen und Schüler alphabetisch – entsprechend ihren Nachnamen – den Klassen zugeteilt wurden. Dieses Zufallsprinzip ermöglichte es, die Auswirkungen von Störungen losgelöst von Selektionseffekten und anderen Einflussfaktoren zu analysieren. Die individuelle Neigung, den Unterricht zu stören, wurde anhand von verhängten Ordnungsmaßnahmen wie Suspendierungen und Verweisen im Vorjahr gemessen.

Langfristige Effekte auf Bildungserfolg und Karriere

Die Ergebnisse sind alarmierend: Schülerinnen und Schüler, die nach der Grundschule in störungsanfällige Klassen versetzt wurden, schnitten in Tests schlechter ab und mussten häufiger eine Jahrgangsstufe wiederholen. Dabei sind nicht nur die Störer selbst betroffen, sondern der Lernerfolg der gesamten Klasse wird kollektiv ausgebremst.

Doch der Schaden endet nicht mit der Schulzeit. Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit vielen Unterrichtsstörungen wählen später seltener anspruchsvolle Studienfächer wie MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) oder andere wettbewerbsintensive Studiengänge mit guten beruflichen Perspektiven. Besonders anfällig sind Kinder aus einkommensschwachen Familien, wodurch bestehende Bildungsungleichheiten zusätzlich verschärft werden.

Experiment zeigt die Mechanismen

Um die Wirkungsmechanismen besser zu verstehen, führten die Forschenden ein Experiment mit über 600 Schülerinnen und Schülern durch. Dabei bewerteten die Teilnehmenden verschiedene Szenarien, in denen das Ausmaß der Störungen im Unterricht variierte. Den Ergebnissen zufolge wirken sich Störungen negativ auf Motivation, Lerneifer und Studienambitionen aus. Besonders stark zeigt sich dieser Effekt, wenn die Betroffenen unmittelbar neben störenden Mitschülern sitzen.

Die Forschenden appellieren daher an Schulen, Lehrkräfte und die Bildungspolitik, die Langzeitfolgen von Unterrichtsstörungen ernst zu nehmen. Mit gezielten Maßnahmen sollte für geordnetere und unterstützende Lernumgebungen gesorgt werden, um Chancengleichheit und Bildungserfolg für alle zu sichern.

Filed Under: Research Tagged With: classroom, disruption, graduation, peers, STEM, suspension

Räumliche Nähe zu Hochschulen beeinflusst Studienerfolg und Bildungsabschlüsse

December 19, 2024 by Mark Fallak

Die wirtschaftlichen Vorteile eines Hochschulabschlusses sind in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegen. Allerdings bestehen weiterhin deutliche Unterschiede in den Bildungsabschlüssen zwischen verschiedenen ethnischen und sozioökonomischen Gruppen – und diese haben sich in einigen Fällen sogar verschärft.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Riley Acton, Kalena E. Cortes, Lois Miller und Camila Morales beleuchtet einen entscheidenden, aber oft übersehenen Faktor: den geografischen Zugang zu Bildungseinrichtungen. Die Ergebnisse zeigen, wie die Nähe zu Hochschulen die Bildungsentscheidungen und Abschlüsse junger Menschen in den USA beeinflusst – mit negativen Folgen für unterrepräsentierte Gruppen.

Was sind „Community Colleges“ – und warum sind sie wichtig?

In den USA spielen sogenannte Community Colleges eine zentrale Rolle im Bildungssystem. Diese öffentlichen Hochschulen bieten zwei Jahre dauernde Associate Degrees (vergleichbar mit einem Fachhochschulabschluss) sowie Kurse an, die auf einen späteren Wechsel an eine Universität vorbereiten. Im Gegensatz zu Universitäten, die oft größere finanzielle und zeitliche Verpflichtungen erfordern, sind Community Colleges kostengünstiger, flexibler und oft näher am Wohnort der Studierenden gelegen. Sie dienen insbesondere einkommensschwachen und ethnischen Minderheiten als Einstieg in die Hochschulbildung und ermöglichen es vielen, später einen Bachelor-Abschluss an einer Universität zu erlangen.

Bildungswüsten: Wo Hochschulen fehlen

Die Studie untersuchte, wie sich das Leben in sogenannten „Community College Deserts“ – Gebieten ohne ein Community College in 30 Minuten Fahrdistanz – auf die Studienentscheidungen auswirkt. Mit Daten von texanischen Schulabsolvent:innen aus den Jahren 2013 bis 2017 zeigt die Analyse, dass junge Menschen in diesen Bildungswüsten erhebliche Nachteile haben. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von sechs Jahren nach dem Schulabschluss einen Associate Degree zu erwerben, sinkt für sie um 2,7 Prozentpunkte. Dieser Rückgang ist auf niedrigere Einschreibungsquoten und eine geringere Anzahl an während des Studiums erworbenen Kreditpunkten zurückzuführen.

Wer leidet am meisten unter fehlendem Zugang?

Die Auswirkungen eines begrenzten Zugangs zu Community Colleges sind stark von der ethnischen und sozioökonomischen Zugehörigkeit der Studierenden abhängig. Wohlhabendere weiße Studierende und solche asiatischer Herkunft kompensieren den Mangel an Community Colleges oft durch die direkte Einschreibung an Universitäten. Für sie bleibt Hochschulabschlussquote insgesamt stabil.

Einkommensschwache, schwarze und hispanische Studierende hingegen verzichten oft vollständig auf ein Studium, wenn kein Community College in der Nähe verfügbar ist. Dies führt dazu, dass sie sowohl seltener Associate Degrees als auch Bachelor-Abschlüsse erreichen. Community Colleges fungieren hier als entscheidender Zugangspunkt, der ohne Alternativen zu erheblichen Bildungsdefiziten führen kann.

Insgesamt sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende aus unterrepräsentierten Minderheiten (Black, Hispanic, Native American) einen Hochschulabschluss erlangen, um 3,3 Prozentpunkte, wenn sie in einer Community College Desert leben. Für einkommensschwache Studierende beträgt dieser Rückgang 2,6 Prozentpunkte. Dieser negative Effekt lässt sich bis zu acht Jahre nach Schulabschluss nachweisen.

Community Colleges als Motor für Chancengleichheit

Die Ergebnisse unterstreichen die „demokratisierende“ Rolle der Community Colleges im amerikanischen Bildungssystem. Sie bieten einkommensschwachen und ethnischen Minderheiten oft den einzigen Zugang zu höherer Bildung und dienen als Brücke zu einem späteren Bachelor-Abschluss.

Um bestehende Bildungsungleichheiten zu verringern, empfiehlt die Studie, den geografischen Zugang zu Community Colleges zu verbessern. Dies könnte durch den Ausbau von Standorten in wirtschaftlich und ethnisch diverseren Regionen geschehen. Ebenso könnten gezielte politische Maßnahmen, wie kostenlose Transportmöglichkeiten oder finanzielle Unterstützung für den Wohnortwechsel, dazu beitragen, den Zugang zu Hochschulbildung zu erleichtern.

Filed Under: Research Tagged With: college enrollment, education, inequality

Begrenzung der Zulassungen für Hausärzte: Lokale Monopole mindern die Servicequalität

December 18, 2024 by Mark Fallak

Die Zulassungsbeschränkungen für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in Deutschland zielen darauf ab, eine gleichmäßige Verteilung medizinischer Leistungen zu gewährleisten, indem Überversorgung in attraktiven städtischen Gebieten verhindert und die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen gefördert wird. Allerdings können solche Beschränkungen unbeabsichtigt den Wettbewerb reduzieren und so die Servicequalität beeinträchtigen.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Eduard Brüll, Davud Rostam-Afschar und Oliver Schlenker analysiert, wie die Verringerung des Wettbewerbsdrucks – also die Einschränkung des Marktzugangs für neue Hausärztinnen und Hausärzte – das Verhalten und die Versorgungsqualität bestehender Hausärzte beeinflusst.

Weniger Wettbewerbseinfluss, gleiche Anzahl an Hausärzten

Die Studie untersucht das deutsche Bedarfsplanungssystem, bei dem Planungsbereiche mit einem Versorgungsgrad von über 110 Prozent für neue Zulassungen gesperrt werden. Diese Regelung bewirkt, dass die Wahrscheinlichkeit für einen neuen Praxiseintritt um 20 Prozentpunkte abnimmt. Die tatsächliche Hausarztdichte pro Einwohner bleibt jedoch unverändert.

Lokale Monopolisten senken die Servicequalität

In Regionen ohne unmittelbare Konkurrenz – sogenannte lokale Monopole – reagieren Hausärzte auf die geringere Bedrohung durch Wettbewerb mit einer spürbaren Abnahme der Servicequalität. Patienten in diesen Gebieten bemängeln eine geringere Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der Ärzte, kürzere Konsultationszeiten sowie eine niedrigere Qualität der ärztlichen Beratung. In ohnehin wettbewerbsintensiven Regionen bleibt das Verhalten der Ärzte hingegen weitgehend unverändert, da dort trotz Zulassungsbeschränkungen weiterhin direkte Konkurrenz herrscht.

Keine Auswirkungen auf Arbeitszeiten oder Gesundheitsindikatoren

Die Zulassungsbeschränkungen haben weder Auswirkungen auf die Arbeitszeiten der Hausärzte noch auf die Menge der von ihnen erbrachten Leistungen. Dies ist vor allem dem Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geschuldet. Auch die soziodemografischen Merkmale der Hausärzte, wie Alter, Geschlecht oder Beschäftigungsform, bleiben unverändert.

Gesundheitsindikatoren auf überregionaler Ebene, etwa Hospitalisierungs- oder Sterberaten, zeigen ebenfalls keine signifikanten Veränderungen. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass lediglich rund 20 Prozent der Hausärzte in Regionen ohne Konkurrenz tätig sind, wodurch der gesamtgesellschaftliche Einfluss dieser Regelungen begrenzt bleibt.

Politische Implikationen: Zugang und Qualität in Einklang bringen

Die Ergebnisse verdeutlichen einen zentralen Zielkonflikt: Zwar tragen Zulassungsbeschränkungen dazu bei, die regionale Versorgung zu sichern, doch in Gebieten mit geringem Wettbewerb führen sie häufig zu einer Abnahme der Servicequalität. Um diesen Konflikt zu lösen, schlagen die Autoren verschiedene Maßnahmen vor:

  • Leistungsbasierte Anreize einführen: Ärzte sollten für hohe Servicequalität belohnt werden, auch in Regionen mit geringem Wettbewerb.
  • Unterstützung für unterversorgte Gebiete: Finanzielle Anreize, Weiterbildungsmöglichkeiten und Investitionen in die Infrastruktur könnten qualifizierte Ärzte in diese Regionen locken.
  • Regelmäßige Überprüfung der Zulassungsbeschränkungen: Schwellenwerte sollten anhand von Patientenfeedback und Qualitätsindikatoren kontinuierlich angepasst werden.
  • Wettbewerb innerhalb von Regionen fördern: Benchmarking oder die Zusammenarbeit zwischen Hausärzten könnte den Wettbewerb auch in Regionen mit Zulassungsbeschränkungen simulieren.

Fazit: Wettbewerb bleibt entscheidend für die Servicequalität

Zulassungsbeschränkungen erfüllen zwar das Ziel einer gleichmäßigen Versorgung, schwächen jedoch den Wettbewerb und ermöglichen es Ärzten in lokalen Monopolstellungen, ihre Servicequalität zu senken. Für eine hochwertige Gesundheitsversorgung ist es daher unerlässlich, die geeignete Balance zwischen Versorgungsgerechtigkeit und Wettbewerb zu schaffen. Denn auch in regulierten Märkten bleibt der Erhalt von Wettbewerbsanreizen ein zentraler Faktor, um hohe Standards in der Patientenversorgung zu gewährleisten.

Filed Under: Research Tagged With: competition, healthcare

Elterliche Vorbilder im Freundeskreis haben Einfluss auf spätere Karrierechancen

December 17, 2024 by Mark Fallak

Die sogenannte „Child Penalty“ – Gehalts- und Karrierenachteile, die viele Frauen nach der Mutterschaft erleben – bleibt eine der größten Hürden auf dem Weg zur Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. Das Ausmaß dieser Nachteile wird bereits im jugendlichen Alter durch elterliche Vorbilder geprägt, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Henrik Jacobsen Kleven, Giulia Olivero und Eleonora Patacchini zeigt.

Die Studie untersucht den Werdegang von Schülerinnen und Schülern in den USA. Die umfangreichen Daten enthielten auch Informationen zum Arbeitsmarktstatus der Eltern. So konnten die Forschenden ermitteln, wie sich die Berufstätigkeit der Eltern von Mitschülern auswirkte. Um den Effekt der auf diese Weise vermittelten Rollenbilder zu isolieren, nutzten die Forschenden unterschiedliche methodische Ansätze und rechneten andere mögliche Einflussfaktoren wie Bildung und Einkommen heraus.

Die Analyse ergab: Bei Schülerinnen mit einem hohen Anteil an Klassenkameraden mit berufstätigen Müttern fiel die Child Penalty später geringer aus. Umgekehrt waren die Karrierenachteile durch die Mutterschaft später überdurchschnittlich groß, wenn es im sozialen Umfeld der Mädchen fast nur arbeitende Väter gab.

Filed Under: Research Tagged With: child penalty, gender norms

Offenlegung von Vorstandsgehältern verstärkt die Lohnungleichheit

December 16, 2024 by Mark Fallak

Gesetze zur Offenlegung von Vorstandsvergütungen sollen Transparenz schaffen, Gehaltsexzesse verhindern und dadurch letztlich die Lohnungleichheit verringern. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Agata Maida und Vincenzo Pezone zeigt jedoch, dass solche Maßnahmen in der Praxis das Gegenteil bewirken können: In Italien führte die Verpflichtung börsennotierter Unternehmen zur Veröffentlichung der Vorstandsgehälter dazu, dass vor allem Spitzenverdiener im Unternehmen profitierten, wodurch die Lohnungleichheit in der Gesamtbelegschaft zunahm.

Offenbar verbesserte die Gehaltstransparenz vor allem die Verhandlungsposition auf den höheren Managementebenen, während die unteren und mittleren Gehaltsstufen keinen signfikanten Zuwachs verzeichnen konnten. Auch die räumliche Nähe zur Vorstandsetage zahlte sich buchstäblich aus: Mitarbeitende in der Zentrale konnten eher Gehaltssteigerungen durchsetzen als ihre Kolleginnen und Kollegen an weiter entfernten Unternehmensstandorten.

Aus Sicht der Forschenden verfehlt die Offenlegung der Vorstandsgehälter also ihr eigentliches Ziel. Sollten die Transparenzregeln also wieder abgeschafft werden? Im Gegenteil: Sie müssten deutlich umfassender ausfallen und auch die niedrigeren Gehaltsgruppen im Unternehmen mit erfassen, um detailliertere Vergleiche zu ermöglichen.

Filed Under: Research Tagged With: CEO compensation, income inequality, wage bargaining, wage disclosure

Schummelei im Kakao-Zwischenhandel

December 15, 2024 by Mark Fallak

In der Welt des Kakaohandels spielt sich bislang ein Großteil der Geschäfte auf der Ebene der Mittelsmänner ab, die zwischen Kleinbauern, Genossenschaften und Exporteuren vermitteln. Unehrlichkeit ist hier ein weit verbreitetes Problem, das Transparenz und Fairness in der Wertschöpfungskette massiv beeinträchtigt.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier untersuchen Delphine Boutin, Marine Jouvin and Louis Olié im Rahmen eines Experiments das Verhalten von Kakao-Mittelsmännern in der Elfenbeinküste, dem größten Kakaoproduzenten der Welt.

Mehrheit neigt zur Schummelei

In dem Experiment konnten die Probanden durch falsche Angaben zu einem Würfelergebnis ihren Geldgewinn steigern. Dabei wurde die Gewinnwahrscheinlichkeit ebenso variiert wie die Chance, dass die Lüge entdeckt und bestraft wurde. Die Ergebnisse sind ernüchternd: 78 Prozent der Mittelsmänner schummelten mindestens einmal im Verlauf des Experiments.

Besonders erschreckend ist, dass 59 Prozent systematisch betrogen, um mit jedem Würfeln einen Gewinn einzufahren. Immerhin 22 Prozent der Mittelsmänner blieben konsequent ehrlich – selbst wenn sie dadurch finanzielle Nachteile in Kauf nehmen mussten.

Die Auswertung der persönlichen Merkmale zeigt: Jüngere Teilnehmer sowie solche mit einer hohen Risikobereitschaft und ohne starke religiöse Überzeugungen zeigten eine deutlich höhere Neigung zum Betrug.

Kontrolle wirkt – aber nicht bei allen

Überwachung und Strafen können das Ausmaß an Betrug spürbar verringern. Das Risiko, beobachtet zu werden, reduzierte die Betrugswahrscheinlichkeit um 42 Prozent- und um 52 Prozent, wenn außerdem finanzielle Strafen drohten.

Doch drei von fünf Mittelsmännern betrogen auch weiterhin, ungeachtet der Konsequenzen. Die Forschenden vermuten, dass die vergleichsweise geringen Strafen in der experimentellen Situation ein zu geringes Abschreckungspotenzial hatten.

In Praxis könnten striktere Kontrollen und härtere Strafen demnach durchaus Wirkung entfalten. Erfolgversprechender erscheinen jedoch umfassendere Ansätze wie eine verbesserte Rückverfolgbarkeit der Warenströme und die Förderung ethischen Verhaltens.

Inzwischen hat auch die Politik reagiert: Eine aktuelle Reform der Kakao-Vermarktung in der Elfenbeinküste soll den Einsatz von Mittelsleuten auf Dauer überflüssig machen.

Filed Under: Research

Frühere Erbschaften vergrößern den Vermögensvorsprung von Männern

December 14, 2024 by Mark Fallak

Männer erben früher – und das gibt ihnen einen entscheidenden Vorteil. Ein IZA-Forschungspapier von Charlotte Bartels, Eva Sierminska und Carsten Schröder zeigt, dass Zeitpunkt und Umfang von Erbschaften und Schenkungen einen signifikanten Einfluss auf die Vermögensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland hat. Die Studie basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und beleuchtet, wie sich die Anhäufung von Vermögen im Laufe des Lebens zwischen den Geschlechtern unterscheidet.

Insgesamt besitzen Frauen etwa 40 Prozent weniger Vermögen als Männer. Besonders ausgeprägt ist dieser Unterschied bei den Superreichen: Im obersten Vermögensprozent sind weniger als 30 Prozent Frauen vertreten. Frühere Studien haben sich vor allem auf die Einkommenslücke konzentriert, die durch Unterschiede in der Arbeitsmarktbeteiligung und den Karrierewegen entsteht. Doch ein weiterer wichtiger Faktor ist der Zeitpunkt, zu dem Männer und Frauen erben. Männer erhalten ihr Erbe häufig früher im Leben, was ihnen die Möglichkeit gibt, in Unternehmen zu investieren oder Vermögen langfristig zu mehren. Frauen erben hingegen oft erst nach dem Tod ihres Partners. Wie die Grafik zeigt, klafft daher im mittleren Alter die größte Vermögenslücke zwischen den Geschlechtern, während sich diese zum Lebensende hin wieder etwas reduziert.

Abbildung: Durchschnittsvermögen nach Alter und Geschlecht

Das durchschnittliche Vermögen von Männern und Frauen ist in jungen Jahren nahezu gleich. Ab einem Alter von 40 Jahren wächst die Vermögenslücke jedoch etwa 100.000 Euro an und verringert sich erst ab dem Rentenalter wieder.

Filed Under: Research Tagged With: gender, inheritance, wealth

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