Die Luftbelastung durch Feinstaub in Deutschland führt zu messbaren Beeinträchtigungen der Leistung von Bundesliga-Profis. Das zeigen Andreas Lichter, Nico Pestel and Eric Sommer in einer aktuellen IZA-Studie. Die Autoren werteten detaillierte Spielerdaten über einen Zeitraum von mehreren Jahren aus und verglichen sie mit den Feinstaub-Messwerten am jeweiligen Spielort. Bereits bei Luftwerten deutlich unterhalb der geltenden EU-Grenzwerte ließen sich negative Produktivitätseffekte nachweisen, die sich bei extremer Luftverschmutzung vervielfachen.
In die Studie flossen Leistungsdaten von insgesamt mehr als 1.700 Spielern ein, die im Laufe von zwölf Spielzeiten bis 2011 für 29 verschiedene Vereine in fast 3.000 Spielen der ersten Fußball-Bundesliga zum Einsatz kamen. Als Leistungsindikator diente die Anzahl der jeweils gespielten Pässe. Da Tag, Ort und Uhrzeit jedes Spiels bekannt sind, ließen sich stundengenaue Informationen zur Feinstaub-Konzentration in unmittelbarer Umgebung des jeweiligen Stadions ermitteln.
Körperlich weniger fitte Spieler leiden besonders
Das IZA-Forscherteam verwendete Werte einzelner Messstationen des Umweltbundesamts zur Konzentration von Partikeln mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometern in der Umgebungsluft. Partikel dieser Größe können sich gesundheits- und leistungsschädigend auswirken, wenn sie in die Lunge oder gar in den Blutkreislauf gelangen.
Die Daten zeigen, dass ältere Spieler stärker vom Feinstaub beeinträchtigt werden als Nachwuchstalente. Besonders ausgeprägt ist der Effekt für Abwehr- und Mittelfeldspieler mit langen Laufwegen. Während der „englischen Wochen“, wenn die körperliche Belastung aufgrund der kürzeren Ruhephasen ohnehin größer ist, fiel die Leistung zudem deutlicher ab.
Stadion als Spielfeld für Arbeitsökonomen
Leistungsdaten von Profi-Fußballern eignen sich ideal für die Erforschung von Produktivitätseffekten, weil sie im Detail erfasst werden und sich räumlich wie zeitlich exakt zuordnen lassen. Für die konkrete Fragestellung der Studie bietet sich die Bundesliga auch deshalb an, weil Fußballer aufgrund des vorgegebenen Spielplans der Luftbelastung nicht entgehen können, indem sie etwa den Arbeitsort wechseln oder ihre Arbeitszeiten verlagern.
Auch wenn Fußballprofis nicht repräsentativ für den typischen Arbeitnehmer sind, lassen sich aus den Ergebnissen der IZA-Studie doch wichtige Erkenntnisse für die Erwerbsbevölkerung insgesamt ableiten. Denn die Produktivität eines durchschnittlichen Erwerbstätigen, der körperlich weniger fit ist als ein Profi-Fußballer, dürfte unter Luftverschmutzung sogar noch massiver leiden. Darauf deuten ähnliche Studien zu Erntehelfern in den USA sowie Fabrikarbeitern in China hin.
Kosten und Nutzen von Regulierung besser abwägen
Darüber hinaus legt die IZA-Studie nahe, dass bereits moderate Feinstaub-Konzentrationen neben den bekannten Gesundheitsgefahren enorme wirtschaftliche Schäden durch entgangene Produktivität hervorrufen. Dieser Zusammenhang sollte bei der Abwägung zwischen Kosten und Nutzen von umweltpolitischer Regulierung stärker berücksichtigt werden als bisher, so das Fazit der Autoren.
photo credit: Dziurek via Shutterstock