Computer erobern nicht nur die Klassenräume, sondern zusehends auch die Kinderzimmer. Diese Entwicklung wird in Öffentlichkeit und Wissenschaft kontrovers diskutiert. Denn einerseits können Computer beim Lernen unterstützen und wichtige technische Fertigkeiten vermitteln. Andererseits besteht die Gefahr, dass Kinder zu viel Zeit mit Computerspielen und in sozialen Netzwerken verbringen. In der Realität fallen jedoch positive wie negative Effekte mitunter anders aus als erwartet. Das zeigen drei aktuelle IZA Discussion Papers anhand internationaler Erkenntnisse zu unterschiedlichen Aspekten der Computernutzung von Kindern.
Computerspiele verstärken Geschlechterunterschiede in den MINT-Fächern
Yann Algan (Sciences Po & IZA) und Nicole Fortin (University of British Columbia & IZA) gehen auf Basis von PISA-Daten der Jahre 2000-2012 der Frage nach, wie sich die regelmäßige Nutzung von Computerspielen auf das Abschneiden bei Mathematik-Tests auswirkt. Laut den Daten von 2012 spielten 42% der Jungen und 12% der Mädchen täglich am Computer und nutzten dabei vor allem die als MMOs bezeichneten Online-Spiele mit interaktivem Charakter. Der Studie zufolge konnten Jungen auf diese Weise ihre mathematischen Fähigkeiten verbessern, während bei Mädchen keine oder sogar negative Effekte zu verzeichnen waren. Die Autoren sehen in Computerspielen daher ein mögliches Hindernis für das Schließen der Geschlechterlücke in den mathematischen Fächern.
Kostenlose Laptops für benachteiligte Kinder nicht immer sinnvoll
Gustavo Yamada (Universidad del Pacífico & IZA), Pablo Lavado (Universidad del Pacifico) und Guadalupe Montenegro (GRADE) untersuchen anhand des peruanischen OLPC-Programms („One Laptop per Child“) die Auswirkungen von daheim genutzten Computern auf die schulischen Leistungen. Im Rahmen des Programms wurden speziell entwickelte Laptops an Schulen in besonders von Armut betroffenen Regionen des Landes ausgegeben. Obwohl das OLPC-Programm international überwiegend positive Resultate nach sich zog, zeigten sich im Falle Perus deutliche Negativeffekte. Insbesondere litten die sprachlichen Fertigkeiten von Viertklässlern darunter, dass die Lehrer den Einsatz von gruppenbasierten Methoden im Unterricht zugunsten der individuellen Computerarbeit reduzierten. Zudem verringerten viele Schülerinnen und Schüler ihren Einsatz im Haushalt bei einer gleichzeitigen Verstärkung des Fernsehkonsums.
Soziale Netzwerke gehen nicht auf Kosten des persönlichen Kontakts
Robert Fairlie (University of California, Santa Cruz & IZA) und Ariel Kalil (University of Chicago) analysieren am Beispiel von Schulen in Kalifornien den Einfluss der Bereitstellung von Computern auf das Sozialverhalten der Schüler. Die Studie gelangt zu durchaus überraschenden, positiven Resultaten: Zwar wurde ein erhöhtes Zeitbudget für die Computernutzung verbraucht, das sich jedoch gleichmäßig auf Spiele, Schularbeiten und die Nutzung von E-Mails sowie sozialen Netzwerken verteilte. Zudem wurde kein Beleg für eine Einschränkung von sportlichen oder anderen außerschulischen Freizeitaktivitäten und keine Tendenz zu sozialer Isolation gefunden. Im Gegenteil erhöhte sich bei den befragten Schülern die Intensität der Kommunikation und die Häufigkeit der persönlichen Kontakte mit Freunden.