Der Lebenstraum vom Eigenheim wird – anekdotischer Evidenz zufolge – nicht selten zum Albtraum. Freizeit und Familienfrieden können unter der finanziellen oder auch der zeitlichen Mehrbelastung etwa durch längere Pendelwege leiden. Treffen Wohnungskäufer und Häuslebauer also womöglich eine falsche Entscheidung, weil sie den positiven Glückseffekt der eigenen vier Wände überschätzen?
Um diese Frage wissenschaftlich fundiert zu beantworten, werteten Reto Odermatt und Alois Stutzer für ihr aktuelles IZA-Forschungspapier repräsentative Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus. In der jährlich wiederholten Befragung wird unter anderem die individuelle Lebenszufriedenheit erhoben. Auf einer Skala von 0 bis 10 müssen die Befragten angeben, wie zufrieden sie aktuell sind und wo sie sich auf der Glücksskala in fünf Jahren sehen. Die Forscher konzentrierten sich für ihre Analyse auf über 800 befragte Personen, die vorhatten, eine Immobilie zur Eigennutzung zu erwerben.
Statusdenken macht zu optimistisch
Der Vergleich der erwarteten und realisierten Lebenszufriedenheit zeigt: Zwar macht das Eigenheim im Durchschnitt glücklicher, allerdings längst nicht in dem von den Wohneigentümern selbst prognostizierten Maße. Offenbar ist die Vorstellung vom Wohnglück also tatsächlich zu optimistisch – die Ökonomen sprechen von biased beliefs. Eine Aufschlüsselung der Befragten nach unterschiedlichen Lebenszielen deutet darauf hin, dass vor allem statusorientierte Menschen, denen Geld und Erfolg besonders wichtig sind, den Zugewinn an Lebenszufriedenheit durch den Immobilienerwerb überschätzen.
Den Autoren geht es bei ihrer Forschung weniger um die Frage, ob ein Hauskauf generell Sinn macht oder nicht. Allgemeiner gefasst, stellen sie mit ihrem Befund die klassische ökonomische Theorie in Frage, nach der Entscheidungen auf Grundlage persönlicher Präferenzen getroffen werden, so dass sich die Präferenzen aus dem beobachteten Verhalten ableiten lassen. Vielmehr spielten die – mitunter verzerrten – Vorstellungen von den eigenen Präferenzen eine in ökonomischen Modellen noch nicht ausreichend berücksichtigte Rolle im Entscheidungsprozess. Auch aus politischer Sicht sei es hilfreich, mehr über die Einflüsse auf persönliche Einschätzungen und Entscheidungen zu erfahren, um Manipulationen etwa seitens kommerzieller Akteure entgegenzuwirken.