Arbeitgeber suchen in sozialen Netzwerken nach Informationen zu Stellenbewerbern und lassen sich bei der Vorauswahl von Facebook-Profilbildern leiten. Das weist ein aktuelle Studie von IZA-Fellow Stijn Baert (Universität Gent) jetzt erstmals wissenschaftlich nach. In einem umfangreichen Feldversuch fand er heraus, dass der durch die Profilbilder vermittelte Eindruck von Aussehen und Charakter der Bewerber maßgeblich in die Entscheidung einfließt, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird.
Aus Umfragen ist bekannt, dass Personaler auch in sozialen Netzwerken wie Facebook nach Informationen über Bewerber suchen, um mehr über deren Persönlichkeit zu erfahren. Bislang gab es jedoch keine belastbaren Erkenntnisse darüber, welchen Einfluss der so gewonnene Eindruck tatsächlich auf die Auswahl von Kandidaten für ein Vorstellungsgespräch hat.
Um dieser Frage nachzugehen, verschickte ein Forscherteam der Uni Gent über 2.000 fiktive Bewerbungen auf echte Stellenanzeigen aus unterschiedlichen Branchen. Auf jede Ausschreibung wurden jeweils zwei inhaltlich gleichwertige Bewerbungen männlicher Hochschulabsolventen verschickt. Die Suche nach den Bewerber-Namen bei Google oder Facebok führte jeweils ausschließlich zu einem von vier Facebook-Profilen, das die Forscher angelegt hatten. Dabei waren nur die Profilbilder öffentlich sichtbar. Diese unterschieden sich im Hinblick auf körperliche Attraktivität und die durch das Foto vermittelten Charaktereigenschaften, die in einer vorangegangenen Studie bewertet worden waren.
Attraktivität öffnet Türen
Die Auswertung der Antworten zeigte, dass der Kandidat mit dem „attraktivsten“ Facebook-Profilbild über 20 Prozent mehr positive Rückmeldungen erhielt als der am wenigsten attraktive Mitbewerber. Eine direkte Einladung zum Vorstellungsgespräch erhielten die gut aussehenden Bewerber sogar um fast 40 Prozent häufiger. Die jeweiligen Fotos waren der Bewerbung nicht beigefügt, sondern nur über Facebook zu finden.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass Facebook am ehesten bei Stellenausschreibungen mit höheren Qualifikationsanforderungen herangezogen wird. Entgegen den Erwartungen der Forscher spielte es allerdings keine Rolle, ob die zu besetzenden Stellen regelmäßigen Kundenkontakt beinhalteten.
Ehrlichere Selbstdarstellung
In einer Variante des Experiments fügten die Forscher die Profilbilder den Lebensläufen der Bewerber hinzu und wählten Namen aus, die nicht einem spezifischen Facebook-Profil zuzuordnen waren. Hierbei hatten die Attraktivität und die durch das Foto vermittelte Zuverlässigkeit der Person eine ähnliche Wirkung wie im Versuch mit den Facebook-Bildern.
Für Studienautor Stijn Baert ist daher klar: „Obwohl sicher nicht alle Arbeitgeber auf Facebook surfen, beeinflusst das Profilbild die Chancen auf ein Vorstellungsgespräch in gleichem Maße wie ein Bild im Lebenslauf. Denn die Selbstdarstellung auf Facebook gilt im Vergleich zur idealisierten Darstellung im Lebenslauf als realistischer und ehrlicher.“
Aus diesem Grund hält der Ökonom die Suche nach Zusatzinformationen auf Facebook für wirtschaftlich durchaus effizient. Ob der „Bewerber-Check“ über das private Netzwerk auch ethisch vertretbar ist, will Baert dagegen nicht beurteilen, verweist jedoch darauf, dass jeder Nutzer seine Privatsphäre-Einstellungen selbst in der Hand habe.