Mehr Frauen in Führungspositionen bringen und die Einkommensnachteile gegenüber Männern abbauen – so lautete das erklärte Ziel der norwegischen Regierung, als sie 2003 eine Frauenquote für börsennotierte Unternehmen beschloss. Damals lag der Frauenanteil in den Verwaltungsräten bei kaum mehr als fünf Prozent. Seit 2008 müssen die Unternehmen ihre Führungsgremien zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzen. Entsprechend groß war der Widerstand unter den Wirtschaftsbossen. Einige Unternehmen änderten gar ihre Rechtsform, um der Reform zu entgehen. Die übrigen verhielten sich quotenkonform und erhöhten den Frauenanteil entsprechend.
Was hat die Frauenquote gebracht? In einem aktuellen IZA-Forschungspapier ziehen die Ökonominnen Marianne Bertrand, Sandra Black, Sissel Jensen und Adriana Lleras-Muney eine erste Bilanz der Reform. Zunächst stellen sie fest, dass sich die Sorge vieler Unternehmen, es mangele an hochqualifizierten Frauen für den Job, als unbegründet erwiesen hat. Das formale Qualifikationsniveau der weiblichen Mitglieder in den Verwaltungsräten ist heute sogar höher als vor der Reform. Auch gingen die Einkommensunterschiede innerhalb dieser Gremien deutlich zurück.
Der Haken: Im Rest des Unternehmens änderte die Frauenquote praktisch gar nichts. Der Frauenanteil im mittleren Management blieb nahezu unverändert. Auch der Einkommensunterschied zwischen hochqualifizierten Männern und Frauen unterhalb der Führungsebene liegt nach wie vor bei rund 15 Prozent. Offenbar sorgt die Frauenquote also nicht wie erhofft dafür, dass der weibliche Führungsnachwuchs gezielt gefördert wird.
Die Autorinnen geben zwar zu bedenken, dass seit der Reform erst wenige Jahre vergangen sind. Allerdings sprechen ihre Untersuchungen unter Hochschulabsolventinnen nicht dafür, dass sich in absehbarer Zeit viel ändern wird: Weder strömen vermehrt Frauen in Business-Studiengänge, noch haben sich die Einstiegsgehälter der Absolventinnen denen ihrer männlichen Kollegen angepasst. Hier klafft je nach Studiengang noch immer eine Lücke von 22 bis 27 Prozent. Zwar erhofft sich ein Großteil der hochqualifizierten jungen Frauen Einkommens- und Karrierevorteile durch die Quote. Doch die wenigsten von ihnen haben vor, ihre Familienplanung zugunsten der Karriere zurückzustellen.
Das Fazit der Studie fällt dementsprechend gemischt aus: Einerseits hat die Quote ihren unmittelbaren Zweck erfüllt, die männlichen „Seilschaften“ an den Konzernspitzen zu durchbrechen und das vorhandene weibliche Potenzial für Top-Positionen besser auszuschöpfen. Andererseits ist der erhoffte „Trickle-down-Effekt“ auf die unteren Führungsebenen ausgeblieben. Insofern warnen die Ökonominnen vor zu hohen Erwartungen an eine gesetzlich festgelegte Frauenquote.
Lesen Sie außerdem den umfassenden Beitrag in IZA World of Labor:
Gender quotas on boards of directors (von Nina Smith)