Mit der Etablierung von Remote-Arbeit als fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt rückt die Frage nach deren Auswirkungen auf Kreativität und Produktivität zunehmend in den Fokus. Die COVID-19-Pandemie hat den Übergang zur virtuellen Arbeit beschleunigt, und während viele Beschäftigte die Flexibilität schätzen, sorgen sich Arbeitgeber zunehmend um die langfristigen Folgen für Zusammenarbeit und Innovation.
Daher holen immer mehr Unternehmen ihre Mitarbeitenden zumindest teilweise zurück ins Büro, um die persönliche Interaktion wiederherzustellen, die als essenziell für kreative Arbeit gilt. Dies wirft eine zentrale Frage auf: Können virtuelle Teams genauso kreativ und effektiv arbeiten wie Teams, die sich von Angesicht zu Angesicht treffen? Oder geht in der digitalen Arbeitswelt etwas Entscheidendes verloren?
Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Christian Grund, Christine Harbring und Lisa Klinkenberg liefert dazu einige Antworten. Die Forschung zeigt, dass Teams, die persönlich zusammenarbeiten, deutlich kreativer sind als jene, die ausschließlich online arbeiten. Die Ergebnisse legen nahe, dass hybride Arbeitsmodelle, bei denen Teams zwischen persönlicher und virtueller Zusammenarbeit wechseln, das Potenzial haben, die besten Voraussetzungen für Kreativität zu schaffen.
Die Studie basiert auf einem Experiment in zwei Phasen, bei dem 122 Zweier-Teams möglichst viele kreative Verwendungsmöglichkeiten für Alltagsgegenstände wie eine Blechdose oder einen Kleiderbügel finden sollten. Diese sogenannte „Unusual-Uses-Task“ wird häufig zur Messung kreativen Denkens verwendet und spiegelt eine typische nicht-routinemäßige Aufgabe der modernen Arbeitswelt wider.
Das Experiment simulierte verschiedene Arbeitsumgebungen: Einige Teams arbeiteten ausschließlich in Präsenz, andere komplett online, und einige wechselten während des Experiments zwischen den beiden Settings.
Wie die Abbildung veranschaulicht, übertrafen Teams, die persönlich zusammenarbeiteten, durchweg jene, die ausschließlich online arbeiteten. Besonders auffällig: Teams, die zumindest eine Phase der persönlichen Zusammenarbeit erlebten, zeigten in nachfolgenden Online-Phasen eine höhere kreative Leistung als Teams, die ausschließlich virtuell arbeiteten. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung von Face-to-Face-Interaktion selbst bei Tätigkeiten, die sich prinzipiell für Remote-Arbeit eignen.
Die Forscher untersuchten zudem, ob es die Kreativität beeinflusst, wenn Teilnehmende ihren bevorzugten Arbeitsplatz frei wählen dürfen. Überraschenderweise fand die Studie keinen signifikanten Unterschied in der kreativen Leistung zwischen Teams, die ihr Arbeitsumfeld selbst auswählen durften, und solchen, denen eines zugewiesen wurde. Dies deutet darauf hin, dass die physische Arbeitsumgebung selbst eine größere Rolle für die Förderung von Kreativität spielt als persönliche Präferenzen.
Insgesamt legen die Ergebnisse nahe, dass die Integration persönlicher Zusammenarbeit in Remote-Arbeitspläne entscheidend sein könnte, um Kreativität und Innovation in Teams zu fördern – insbesondere bei Aufgaben, die divergentes Denken und Ideenfindung erfordern.