Künstliche Intelligenz, 3D-Druck, Augmented Reality – diese Schlagworte schüren in der Arbeitswelt häufig Ängste vor massiven Beschäftigungsverlusten. Anders als bei Robotern, die primär schwere körperliche Arbeit verdrängen, könnte die neueste Generation der digitalen Technologien zunehmend auch hochqualifzierte Jobs gefährden, so die Befürchtung. Allerdings gibt es dafür bislang kaum empirische Belege, auch weil es an aussagekräftigen Daten auf Betriebsebene mangelt.
Diese Lücke füllt nun eine aktuelle Studie, die IZA-Forscher Terry Gregory gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen von der Universität Utrecht und dem IAB erstellt hat. Die Autoren verknüpfen erstmals repräsentative Erhebungen zu betrieblichen Investitionen in neue Technologien mit Sozialversicherungsdaten der Beschäftigten.
Die detaillierten Daten für die Jahre 2011 bis 2016 erlauben eine Unterscheidung zwischen digitalen Technologien der sogenannten dritten industriellen Revolution, etwa computergestützte Assistenzsysteme, und den noch stärker vernetzten, zunehmend autonomen Technologien der Industrie 4.0, darunter die oben genannten Beispiele.
Zwar investierte im Untersuchungszeitraum erst etwa jeder fünfte Betrieb in Deutschland in die neueste Generation digitaler Technologien, doch die rasante Zunahme dieser Investitonen lässt darauf schließen, dass weitere Unternehmen und Branchen in naher Zukunft folgen werden.
Stabilere Beschäftigung, höhere Löhne
Was bedeutet dieser Trend für die Beschäftigten? Die Analyse der individuellen Erwerbsbiografien zeigt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Einführung digitaler Technologien in ihrem Betrieb unterm Strich profitieren: Im Vergleich zu Beschäftigten in Unternehmen ohne entsprechende Investitionen weisen sie nicht nur eine höhere Beschäftigungsstabilität auf, sondern kommen auch in den Genuss höherer Löhne und somit insgesamt gestiegener Arbeitseinkommen.
Allerdings unterscheiden sich diese positiven Effekte je nach Art der eingeführten Technologien. Während sich im Bereich der Industrie 3.0 besonders stabile Jobaussichten zeigen, ist die Einführung die 4.0-Technologien mit deutlich höherem Lohnzuwachs verbunden, ohne dass es hier zu einem nennenswerten Plus bei der individuellen Beschäftigungsstabilität kommt.
Nach Einschätzung der Autoren könnte dies einerseits auf einen ausgeprägten Fachkräftemangel im Bereich der modernsten Technologien hindeuten. Andererseits sei denkbar, dass sich die Technologien der Industrie 4.0 noch in einem frühen Stadium befinden, in dem sie keinen deutlichen Produktivitäts- und Wachstumsschub auslösen.
Bessere digitale Jobs im Dienstleistungsbereich?
Am deutlichsten profitieren Beschäftigte in Betrieben, die in erster Linie Dienstleistungen erbringen. Dieser Befund deckt sich mit früheren Erkenntnissen zu den Arbeitsmarkteffekten von Industrierobotern, die menschliche Arbeitskraft eher ersetzen können, während digitale Technik bei Dienstleistungen eher unterstützend eingesetzt wird.
Den Autoren zufolge dürfte das beschäftigungsfördernde Potenzial neuer Technologien nicht zuletzt deshalb oft unterschätzt werden, weil sich viele der bisherigen Untersuchungen auf das produzierende Gewerbe konzentrieren.
IT-Fähigkeiten sind gefragt, Uni-Abschluss nicht unbedingt
Natürlich profitieren auch innerhalb der Betriebe nicht alle Beschäftigtengruppen gleichermaßen von der Digitalisierung. Zu den größten Gewinnern zählen – wenig überraschend – IT-Fachleute mit nicht-routinemäßigen, analytischen Aufgaben. Bemerkenswert allerdings: Trotz komplexerer Qualifikationsanforderungen ist keine erhöhte Nachfrage nach Akademikern zu beobachten.
Vielmehr werden die von der Digitalisierung besonders begünstigten Berufe, etwa in der Unternehmensorganisation oder der Produktionssteuerung, zum Großteil von Fachkräften mit Berufsausbildung ausgeübt. Die Forscher sehen darin ein Indiz für die hohe Qualität der dualen Ausbildung in Deutschland. Denkbar sei aber auch, dass es schlicht an Hochschulabsolventen mit relevanten Abschlüssen mangele.