Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert, weiß der Volksmund. Mit dem Rauchen aufhören, mehr Sport treiben, gesünder essen – auch in diesem Jahr werden sich viele von uns wieder hehre Ziele setzen, um sie schon nach kurzer Zeit wieder aus den Augen verloren zu haben. Aber warum ist das eigentlich so?
Psychologen und Ökonomen haben dafür eine wissenschaftliche Antwort parat: Mangelnde Selbstkontrolle führt dazu, dass wir manchmal Entscheidungen treffen, von denen wir wissen, dass wir sie später bereuen werden. Ungesunde Ernährung ist ein klassisches Beispiel. Bislang gibt es allerdings kaum empirisch gesichterte Erkenntnisse darüber, wie sich die Ernährungsgewohnheiten im Jahresverlauf verändern, welche individuellen Unterschiede es dabei gibt und welche Einflussfaktoren eine Rolle spielen.
In einem aktuellen IZA Discussion Paper gehen Laurens Cherchye (University of Leuven), Bram De Rock (University of Leuven), Rachel Griffth (University of Manchester), Martin O’Connell (Institute for Fiscal Studies), Kate Smith (Institute for Fiscal Studies) und Frederic Vermeulen (University of Leuven & IZA) diesen Fragen nach und liefern eine umfassende Datenanalyse, die sie anhand eines ökonomischen Modells einordnen.
Neujahrsvorsätze zeigen sich in Suchanfragen
Ein Blick auf das Google-Suchverhalten britischer und amerikanischer Nutzer offenbart: Suchbegriffe, die mit gesunder Ernährung assoziiert werden, haben zu Jahresbeginn Hochkonjunktur, bevor das Interesse in den Folgemonaten regelmäßig wieder verpufft.
Um zu ermitteln, wie sich dieser Trend im Kaufverhalten widerspiegelt, greifen die Wissenschaftler auf Daten des Kantar Worldpanels zurück, in dem die Lebensmitteleinkäufe von rund 25.000 repräsentativen britischen Haushalten erfasst sind. Neben Art und Preis der Waren (einschließlich Informationen über Sonderangebote) geben die Daten auch Aufschluss über die demografischen Merkmale der Konsumenten.
Um haushaltsinterne Verteilungseffekte auszuschließen, konzentriert sich die Studie auf eine Stichprobe von mehr als 3.600 Singles, deren Kaufverhalten im Zeitraum 2005-2011 über mindestens 24 Monate systematisch aufgezeichnet wurde. Mittels einer anerkannten, nährstoffbasierten Punkteskala werden sämtliche Lebensmittel grob in „gesund“ bzw. „ungesund“ unterteilt.
Gesunder Januar, ungesunder Dezember
Tatsächlich zeigt sich hier ein ähnlicher Trend wie bei den Google-Suchergebnissen: Im Januar ist die Nachfrage nach gesunden Lebensmitteln am höchsten, bevor sie zunächst deutlich abnimmt, sich zur Jahresmitte auf einem relativ stabilen Niveau einpendelt – und am Ende des Jahres ihren Tiefstand erreicht.
Diese Beobachtungen erklären die Ökonomen anhand eines „Dual Self“-Modells: Demnach resultiert die individuelle Kaufentscheidung aus einem Kompromiss zwischen dem „gesunden“ und dem „ungesunden“ Ich. Während das erstere im Supermarkt nach Obst, Gemüse und Vollkornprodukten greifen will, verlangt das letztere nach Limonade, Chips und Süßigkeiten. Der relative Einflussgewinn des „ungesunden Ich“ ist ein Indikator für mangelnde Selbstkontrolle.
Große Unterschiede in der Ernährungsweise
Das Kaufverhalten variiert nicht nur individuell im Zeitverlauf, sondern auch zwischen den Konsumentengruppen: Während der als gesund eingestufte Warenkorb im Durchschnitt 53% aller Lebensmitteleinkäufe ausmacht, ernähren sich jeweils 5% der untersuchten Personen zu mehr als 70% bzw. zu weniger als 35% von gesunder Kost.
Hier spielen persönliche Präferenzen und die Fähigkeit, Versuchungen zu widerstehen, ebenso eine Rolle wie die individuelle wirtschaftliche Situation. Der Studie zufolge variiert die Ernährungsweise bei Geringverdienern – unabhängig von Preis- und Einkommensschwankungen – besonders stark. Zudem ist das Kaufverhalten bei jüngeren Menschen weniger konstant als bei älteren.
Ernährungsrelevante Ereignisse im Jahresverlauf
Ein Bruch in den individuellen Ernährungsgewohnheiten lässt sich auch an anderen Tagen im Jahr erkennen. Vor dem Osterfest und dem eigenen Geburtstag werden überwiegend ungesunde Lebensmittel eingekauft, bevor der reuige Konsument wieder zu seiner gewohnten Ernährungsweise zurückkehrt.