Investitionsentscheidungen hängen von zahlreichen Faktoren wie Absatzerwartungen, Zinsniveau oder steuerlichen Aspekten ab. In einem aktuellen IZA-Forschungspapier weisen Simon Jäger, Benjamin Schoefer und Jörg Heining empirisch nach, dass Firmen mehr investieren, wenn Beschäftigte im Aufsichtsrat mitreden.
Für ihre Analyse nutzen die Forscher eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 1994, seit der die Verpflichtung für Aktiengesellschaften, ein Drittel der Aufsichtsratssitze mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen, nur noch für Unternehmen ab 500 Beschäftigten greift. Ausgenommen waren Unternehmen mit Gründungsdatum vor dem 10. August 1994, für die die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer weiterhin galt.
Um den Effekt der Aufsichtsratsmitbestimmung zu isolieren, verglichen die Ökonomen die Entwicklung von Unternehmen, die kurz vor bzw. nach diesem Stichtag gegründet worden waren.
Die Auswertung verschiedener Unternehmensdatenbanken und von IAB-Daten zeigt zunächst, dass die Mitbestimmungsregelung keinen messbaren Einfluss auf die Betriebsgröße oder die Überlebenswahrscheinlichkeit von Firmen hat, wohl aber den Frauenanteil im Aufsichtsrat tendenziell fördert.
Mehr Investitionen ohne Personalabbau
Der zentrale Befund bezieht sich auf die Investitionsentscheidungen: Der Kapitalstock – also der Bestand an Gebäuden, Maschinen, Patenten oder Marken – schrumpft durch Mitbestimmung nicht etwa, wie von gängigen Theorien vorhergesagt, sondern er wächst im Gegenteil sogar um 30 bis 50 Prozent.
Die Beschäftigung scheint darunter nicht zu leiden: Laut Studie konzentrieren sich mitbestimmte Unternehmen auf kapitalintensive Produktionstechnologien, ohne dabei Jobs abzubauen. Auch kommt es offenbar nicht vermehrt zu Outsourcing. Vielmehr steigt der Anteil der unternehmensinternen Wertschöpfung sogar um 12 bis 13 Prozentpunkte.
Das Qualifikationsniveau erhöht sich insgesamt, während der Anteil ungelernter Arbeitnehmer zurückgeht. Auf das Lohnniveau scheint sich Mitbestimmung ebenso wenig auszuwirken wie auf die Rendite. Die Kreditkosten sinken, was den Autoren zufolge daran liegen könnte, dass Arbeitnehmervertreter sich für weniger riskante Investitionsprojekte einsetzen.
Verbesserter Informationsaustausch baut Vertrauen auf
Den Forschern zufolge lässt sich ein Großteil der gemessenen Effekte mit verbesserten Informationsflüssen in mitbestimmten Unternehmen erklären. Da der Vorstand gesetzlich zur regelmäßigen Berichterstattung an den Aufsichtsrat verpflichtet sei, bleibe die Arbeitnehmerseite über die geschäftliche Entwicklung stets auf dem Laufenden.
Umgekehrt könnten die Arbeitnehmervertreter dem Management die Bedürfnisse der Belegschaft näherbringen. Dadurch könne Vertrauen aufgebaut werden, das zu kooperativen und langfristigen Arbeitsbeziehungen beitrage, was wiederum Investitionen attraktiver mache.
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