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IZA – Institute of Labor Economics

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Führt das Internet zur Erosion des Sozialkapitals?

October 4, 2018 by Mark Fallak

Schon seit Adam Smith beschäftigen sich Ökonomen unter dem Sammelbegriff „Sozialkapital“ mit der wirtschaftlichen Rolle von Netzwerken, gemeinsamen Werten, bürgerschaftlichem Engagement und Vertrauen. Zahlreiche Studien zeigen, dass Länder und Regionen mit geringem Sozialkapital bei Entwicklung und Wachstum hinterherhinken.

Doch in vielen Industrienationen ist das Sozialkapital in den letzten Jahrzehnten spürbar zurückgegangen, vor allem in Bereichen des bürgerschaftlichen Engagements und der politischen Partizipation. In seinem Bestseller Bowling Alone legte Robert Putnam nahe, dass Fernsehen und Videospiele gemeinsame Freizeitaktivitäten zunehmend verdrängen. Das Internet mit seinen interaktiveren Elementen könnte diesen Trend also noch verstärken.

Bislang sind die Auswirkungen des Internets auf das Sozialkapital trotz der hohen gesellschaftlichen Relevanz kaum empirisch untersucht. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Andrea Geraci, Mattia Nardotto, Tommaso Reggiani und Fabio Sabatini füllt diese Lücke mit einer Auswertung neuer britischer Daten. Die Autoren untersuchen, wie sich die Einführung von schnellem Internet auf das bürgerschaftliche und politische Engagement sowie die sozialen Bindungen der Briten ausgewirkt hat.

Wie häufig in der ökonomischen Forschung stellt sich auch hier die Kernfrage nach der Kausalität: Geht die Internetnutzung nur zeitlich mit einem ohnehin schwindenden Sozialkapital einher? Oder gibt es womöglich sogar einen umgekehrten Wirkungszusammenhang in dem Sinne, dass sozial besonders aktive Personen das Internet verstärkt zur Pflege ihrer Offline-Beziehungen nutzen?

Ausbau der Breitband-Infrastruktur

Um einen direkten Effekt der Internetanbindung ermitteln zu können, nutzen die Autoren detaillierte Informationen über die Topologie des britischen Telefonnetzes. Zu Beginn des Breitbandausbaus hing die Netzgeschwindigkeit entscheidend von der Entfernung zum nächsten DSL-Netzknoten ab, so dass sich auch innerhalb derselben Wohngebiete deutliche Unterschiede beim Internetzugang ergaben.

Auf diese Weise fanden die Forscher heraus, dass in räumlicher Nähe zu den Netzknoten das Sozialkapital, gemessen anhand verschiedener Indikatoren, zumindest teilweise durch das Internet verdrängt wurde. Zwar gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass der Breitbandzugang alltägliche gesellschaftliche Interaktionen wie Treffen mit Freunden verringert hätte. Allerdings verdrängte schnelles Internet verschiedene Formen des gemeinsamen kulturellen Konsums, etwa Besuche von Kinos, Konzerten und Theatervorstellungen. Darüber hinaus reduzierte sich infolge des Breitbandausbaus das bürgerschaftliche Engagement und die politische Partizipation – also zeitintensive, uneigennützige Freizeitaktivitäten.

Die Autoren weisen darauf hin, dass sich ihre Analyse auf den Zugang zu schnellem Internet konzentriert und die wachsende Bedeutung der sozialen Medien mit ihren potenziell gegenläufigen Effekten eine gesonderte Betrachtung erfordere. So könne politische Partizipation gerade in jungen Demokratien und autoritären Regimen durch die Mobilisierung über soziale Medien gestärkt werden. Andererseits steige dadurch das Risiko von „Fake News“ und einer extremen Polarisierung der politischen Debatte.

Filed Under: Research Tagged With: broadband internet, civic engagement, networks, political participation, social capital, Trust

Unternehmen und potenzielle Mitarbeiter effizient online vernetzen

September 28, 2018 by Mark Fallak

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien machen die Märkte effizienter, indem sie Angebot und Nachfrage passgenauer zusammenführen – das gilt auch für die Arbeitsmärkte. Durch die Vielzahl von Online-Transaktionen entstehen zugleich riesige Datenmengen. Internetdaten dieser Art für die Wissenschaft, inbesondere die Arbeitsmarktforschung, sinnvoll nutzbar zu machen, ist ein Kernanliegen des IZA-Forschungsdatenzentrums IDSC.

Ein von Nikos Askitas gemeinsam mit Peter Kuhn organisierter Workshop brachte daher Ökonomen und Informatiker aus Wissenschaft und Praxis zusammen, um aktuelle Studien zu Online-Jobbörsen zu präsentieren und Perspektiven für künftige Forschung zu disktutieren.

Jobbörsen als Versuchsobjekt

Online-Plattformen eignen sich aus Sicht der Wissenschaft hervorragend für sogenannte „randomisierte kontrollierte Studien“, mit denen sich Maßnahmeneffekte besonders zuverlässig messen lassen, weil bestimmte Maßnahmen an einem zufällig ausgewählten Teilnehmerkreis getestet werden können. Michèle Belot und Robert Mahlstedt nutzten diesen Umstand, um anhand der Jobbörsen der Arbeitsagenturen in Großbritannien (UK Universal Jobmatch) bzw. Dänemark (Jobnet) die Effekte verschiedener Interventionen zu analysieren. Dabei handelte es sich um eine Erweiterung der Suchmaske durch beratende Elemente bzw. um die Bereitstellung von Informationen zu neuen Leistungen für Arbeitslose.

Signalwirkung von Stellenbeschreibungen

Aus Stellenanzeigen gehen in der Regel die geforderten formalen Qualifikationen eindeutig hervor. Nicht immer deutlich wird jedoch, welchen Maßstab die Unternehmen an die Bewerberqualität ansetzen. John Horton ermittelte mit Daten der Jobbörse oDesk (inzwischen Teil von upwork), inwieweit sich die Suchdauer verkürzt und die Qualität der Neueinstellungen verbessert, wenn Unternehmen in den Stellenbeschreibungen das gewünschte Qualifikationsniveau (vom Berufseinsteiger bis zum erfahrenen Experten) klarer umreißen.

Unternehmenskultur und Performance

Stefan Pasch analysierte anhand von rund 550.000 Mitarbeiterbewertungen auf der Plattform glassdoor.com die Unternehmenskultur der jeweiligen Arbeitgeber. So fand er heraus, dass Firmen wirtschaftlich schlechter abschneiden, wenn ihre Kultur stark vom Branchenstandard abweicht. Zudem zeigt seine Auswertung, dass eine „suboptimale“ Unternehmenskultur primär durch den Vorstandschef geprägt ist, während regionale Kulturunterschiede eine geringe Rolle spielen.

Die Brücke zur Praxis schlugen die Präsentationen der am Workshop teilnehmenden Unternehmensvertreter, darunter Bledi Taska (Burning Glass Technologies), Kristin Keveloh (LinkedIn) und Martha Gimbel (Indeed Hiring Lab).

Der nächste Workshop zum Thema wird vom 21.-22. September 2019 in Kooperation mit dem Center for Advanced Internet Studies in Bochum stattfinden. Die meisten der in Bonn vorgestellten Forschungspapiere stehen zum Download zur Verfügung.

Filed Under: IZA News, Research Tagged With: Internet, job search, matching, online job boards

Längere Schulpflicht senkt die Kriminalität

September 24, 2018 by admin

Wer länger in die Schule geht, wird seltener straffällig. Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Zum einen reduziert eine längere Verweildauer im Bildungssystem die Freizeit, also auch die Gelegenheiten zum Begehen von Straftaten. Zum anderen verbessert ein höheres Bildungsniveau langfristig die Arbeitsmarktaussichten, was die Kriminalitätsneigung ebenfalls senken dürfte. Wissenschaftlich kaum untersucht ist bislang das relative Ausmaß dieser Effekte.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier schauen sich Brian Bell, Rui Costa und Stephen Machin  daher beide Mechanismen in Kombination an. Die Forscher analysieren die Auswirkungen einer Reihe von Reformen zur Verlängerung der Schulpflicht in verschiedenen US-Bundesstaaten. Die Studie zeigt, dass es infolge der Reformen nicht nur in der unmittelbar betroffenen Altersgruppe zu weniger Festnahmen kam, sondern dass in dieser Gruppe auch auf längere Sicht die Kriminalitätsneigung abnahm.

Allerdings lassen sich die Langfristeffekte im Gegensatz zu früheren Studien nicht durch bessere Arbeitsmarkteignung erklären, denn Bildungsniveau und Lohnaussichten waren durch die längere Schulpflicht nicht nennenswert gestiegen. Die Autoren führen den Kriminalitätsrückgang daher vorrangig auf einen Effekt zurück, den sie als „dynamic incapacitation“ bezeichnen – vereinfacht gesagt: Wer in jungen Jahren weniger Gelegenheit hat, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, gerät auch später nicht so leicht auf die schiefe Bahn.

Filed Under: Research Tagged With: crime, education, education policy, high school dropouts, school leaving age

Elterngeld führt nicht zu mehr Ungleichheit bei der kindlichen Entwicklung

September 21, 2018 by admin

Die Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 hat nicht dazu geführt, dass sich Kinder ungleicher entwickeln als zuvor. Mit dem Elterngeld, das im Gegensatz zum vorherigen Erziehungsgeld nahezu alle Eltern in Anspruch nehmen können und nicht nur bestimmte Einkommensgruppen, verbanden Kritiker die Sorge, dass sich mit Blick auf die Entwicklung von Kindern die soziale Ungleichheit erhöhen würde.

Denn seit der Reform erhalten auch viele Familien mit mittleren und hohen Einkommen durch das Elterngeld nicht unerhebliche staatliche Leistungen im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes. Somit können nun auch besser gebildete Mütter häufiger und länger vom Job pausieren und damit grundsätzlich mehr Erziehungszeit mit ihren Kindern verbringen.

Doch weder für Kinder bildungsnaher noch für Kinder weniger gebildeter Eltern zeigen sich statistisch signifikante Veränderungen der Elterngeldeinführung auf die kindliche Entwicklung, so das Ergebnis eines aktuellen IZA-Forschungspapiers von Mathias Hübener, Daniel Kühnle und C. Katharina Spieß. Die Studie beruht auf einer Auswertung von Schuleingangsuntersuchungen.

Nach Einschätzung der Autoren ist der Befund insofern eine gute Nachricht, als andere positiv zu beurteilende Effekte des Elterngeldes zumindest nicht durch eine zunehmende Ungleichheit in der kindlichen Entwicklung geschmälert würden.

Weniger alleinerziehende Mütter

Auf einen dieser positiven Effekte weist ein früheres IZA-Forschungspapier von Kamila Cygan-Rehm, Daniel Kühnle und Regina T. Riphahn hin: Da das Elterngeld nur dann beiden Partnern zugutekommt, wenn sie im gemeinsamen Haushalt leben, stieg durch die Reform die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder mit beiden Elternteilen zusammen aufwachsen.

Die Forscher verglichen Kinder, die kurz vor bzw. nach der Einführung des Elterngelds zum 1. Januar 2007 geboren wurden. Zur Kontrolle etwaiger saisonaler Einflüsse betrachteten sie außerdem Kinder gleicher Geburtsmonate. Auf diese Weise ließ sich ein positiver Effekt der Elterngeldreform auf das Zusammenleben der Eltern insbesondere für Familien feststellen, in denen die Mutter vor der Geburt erwerbstätig war und somit finanziell besonders vom Elterngeld profitierte.

Die Ergebnisse legen nahe, dass es sich dabei nicht um einen bloßen Mitnahmeeffekt handelt: Auch nach Ende des Elterngeldanspruchs blieben beide Eltern mit höherer Wahrscheinlichkeit im gemeinsamen Haushalt wohnen. Da Kinder alleinerziehender Mütter in vielen Lebensbereichen – von der Gesundheit bis zum Arbeitsmarkterfolg – benachteiligt sind, sprechen die Befunde dafür, dass die Elterngeldreform langfristig eher zu mehr Chancengleichheit in diesen Bereichen beitragen könnte.

Filed Under: Research Tagged With: child development, Germany, parental leave, single motherhood, socio-economic inequality

Fremdenfeindliche Gewalt verringert Bereitschaft zur Integration im Gastland

September 19, 2018 by admin

In den letzten Jahren haben viele europäische Staaten einen Anstieg von Gewalttaten gegen Zuwanderer verzeichnet. In einem aktuellen IZA Discussion Paper geht Max Steinhardt (Helmut-Schmidt-Universität & IZA) der Frage nach, wie sich diese Gewalt auf die Integration von Zuwanderern auswirkt.

Konkret analysiert er, wie sich ein starker Anstieg fremdenfeindlicher Gewalttaten in den frühen 1990er Jahren auf die Integration von Türken ausgewirkt hat, die damals im Fokus der xenophoben Attacken in Westdeutschland standen. Hierzu verwendet er neben Daten des sozio-oekonomischen Panels auch Medienberichte über Gewaltverbrechen gegen Zuwanderer.

Die Analyse zeigt in einem ersten Schritt, dass die Gewaltverbrechen einen substanziellen negativen Effekt auf die Lebenszufriedenheit von Türken in Deutschland hatten, und zwar unabhängig davon, ob sie persönlich von der Gewalt betroffen waren oder nicht. Ähnliche Zusammenhänge hatte eine vorherige IZA-Studie für die Effekte von globalem Terrorismus nachgewiesen.

Eine weitere Konsequenz war, dass ein steigender Anteil von Zuwanderern beabsichtigte, ins eigene Geburtsland bzw. das der Eltern zurückzukehren oder auszuwandern. Wie die deutsche Gastarbeiterzuwanderung in den 1960er und 1970er Jahren gezeigt hat, können derartige Migrationsabsichten weitreichende Implikationen für Investitionen in Humankapital, etwa Sprache und Bildung, haben.

Insofern ist es nicht überraschend, dass die Gewaltverbrechen auch einen negativen Effekt auf den Spracherwerb von Zuwanderern hatten. So deuten die Ergebnisse des Forschungspapiers darauf hin, dass die im Fokus der Attacken stehenden türkischen Bürger in der Folge ihre Investitionen in die deutsche Sprache im Vergleich zu anderen Migrantengruppen reduzierten.

Insgesamt zeigt die Studie, dass fremdenfeindliche Gewalt ökonomisch relevante Implikationen für die Integration von Zuwanderern haben kann, die über die unmittelbaren Folgen für die direkt von der Gewalt betroffenen Opfer hinausgehen.

Filed Under: Research

„Ehe für alle“ fördert Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten

September 18, 2018 by admin

Können neue Gesetze die Einstellungen der Menschen verändern, oder spiegeln sie vielmehr veränderte gesellschaftliche Normen wider? Dieser Frage gehen Cevat Giray Aksoy, Christopher Carpenter, Ralph De Haas und Kevin Tran am Beispiel der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nach. Anhand umfangreicher Befragungsdaten des European Social Survey aus 32 europäischen Ländern untersuchen die Autoren in einem aktuellen IZA-Forschungspapier, inwieweit die schrittweise eingeführten gesetzlichen Regelungen zur „Ehe für alle“ zu mehr Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten beigetragen haben.

Im untersuchten Zeitraum von 2002 bis 2016 war die Zustimmung zur Aussage „Schwule und Lesben sollten ihr Leben so führen dürfen, wie sie es wollen“ unter den Befragten insgesamt um rund zehn Prozentpunkte gestiegen. Da der Zeitpunkt und das Ausmaß der gesetzlichen Regelungen zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in den jeweiligen Ländern variierten, konnten die Forscher ermitteln, dass rund ein Drittel dieses Anstiegs unmittelbar auf die Gesetzgebung zurückzuführen ist.

Für eine direkte Wirkung der Politikmaßnahmen spricht auch, dass sich die Einstellungen der Menschen in anderen gesellschaftspolitischen Fragen, etwa zu Migranten und anderen Minderheiten, nicht in gleichem Maße verändert haben. Eine gesteigerte Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten lässt sich wiederum in den unterschiedlichsten demografischen Gruppen beobachten.

Mobbing in Schule und Arbeitswelt

Dennoch sind Angehörige sexueller Minderheiten auch weiterhin gravierenden Benachteiligungen in diversen gesellschaftlichen Kontexten – etwa auf den Wohnungs- und Arbeitsmärkten – ausgesetzt. Dass mangelnde Akzeptanz durch das soziale Umfeld weitreichende Folgen für den individuellen Lebensweg haben, legt ein weiteres aktuelles IZA-Forschungspapier von Nick Drydakis nahe.

Seine Analyse britischer Daten zeigt, dass Schwule und Lesben, die bereits im Schulalter gemobbt wurden, tendenziell geringere Bildungsabschlüsse erzielen und (insbesondere Männer) in schlechter bezahlten Jobs landen. In vielen Fällen setzt sich die Mobbing-Erfahrung zudem am Arbeitsplatz fort.

Weitere Erkenntnisse der internationalen Forschung zu Diskriminierung und Jobzufriedenheit hat Drydakis in einem Artikel für die IZA World of Labor zusammengefasst.

Filed Under: Research

Schulreformen und sozioökonomische Ungleichheit in Deutschland

September 17, 2018 by admin

Das schlechte Abschneiden bei der PISA-Studie führte im Jahr 2000 zu heftigen Diskussionen über das deutsche Schulsystem und lieferte den Anstoß für zahlreiche politische Reformen in den Ländern. Unter anderem durch mehr Standardisierung, Zentralisierung und Evaluierung, aber auch mehr Autonomie für Schulen ist es gelungen, das durchschnittliche schulische Leistungsniveau zu steigern und zugleich das soziale Gefälle zu verringern. Dazu beigetragen haben auch die Förderung der frühkindlichen Bildung sowie die faktische Abschaffung der stigmabehafteten Hauptschulen. Dennoch hängt der individuelle Bildungserfolg in Deutschland weiterhin stark vom Elternhaus ab.

Maddalena Davoli und Horst Entorf von der Goethe-Universität Frankfurt fassen die Entwicklung in einem aktuellen IZA Policy Paper zusammen und bewerten die Reformeffekte.

Während die Lücke zwischen Kindern von Eltern mit hohem bzw. geringem Bildungsniveau noch 2009 deutlich über dem Durchschnitt der OECD-Länder lag, ist sie seit 2012 in den drei Kompetenzbereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften unter den OECD-Durchschnitt gefallen.

Überdurchschnittlich groß bleibt im internationalen Vergleich hingegen das Bildungsgefälle bei Schülern mit Migrationshintergrund.

Die Autoren machen dafür in erster Linie mangelnde Sprachkenntnisse verantwortlich, die in vielen Fällen dem Wechsel aufs Gymnasium entgegenstehen. Die frühe Aufteilung auf die weiterführenden Schulformen trägt laut Studie dazu bei, dass dieser Rückstand meist nur schwer aufzuholen sei.

Auch wenn sich der aufrüttelnde Effekt des PISA-Schocks für Deutschland als durchaus hilfreich erwiesen hat, weisen die Autoren auf zahlreiche kritische Stimmen gegenüber dieser Art von Leistungsvergleich hin. Die Institution Schule würde dadurch zunehmend aus rein ökonomischer Sicht im Sinne ihrer arbeitsmarktvorbereitenden Funktion betrachtet. So sagten die Ergebnisse nichts darüber aus, ob es gelänge, Schüler zu mündigen Bürgern zu erziehen, demokratische Werte zu vermitteln und moralisches Handeln zu fördern.

Filed Under: Research Tagged With: achievement, education, education policy, Germany, inequality, migration background, PISA, reforms, school

Veränderte Wählerstruktur durch Zuwanderung kann Umverteilung fördern

August 30, 2018 by admin

Ein großzügiger Sozialstaat gilt in der öffentlichen Wahrnehmung oft als Magnet für geringqualifizierte Zuwanderer, die vermeintlich kaum Steuern zahlen, aber von umfangreichen öffentlichen Leistungen profitieren. Mehr Zuwanderung könnte demnach das heimische Wahlvolk veranlassen, von der Politik weniger Umverteilung zu fordern – potenziell auch zum Nachteil ärmerer Landsleute.

Was aber, wenn Migranten selbst an der Wahlurne mitentscheiden können? Dieser Frage widmet sich eine aktuelle IZA-Studie von Arnaud Chevalier, Benjamin Elsner, Andreas Lichter und Nico Pestel. Das Forscherteam untersuchte am Beispiel westdeutscher Städte in der Nachkriegszeit, wie sich die kommunale Steuer- und Ausgabenstruktur infolge des Zustroms von Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten verändert hat.

Wahlrecht und Sozialleistungen

Durch die Aufnahme von rund acht Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die westdeutsche Bevölkerung binnen kurzer Zeit um fast 20%, wobei der Migrantenanteil regional zwischen rund 2% und 40% stark variierte. Als deutsche Staatsangehörige waren die überwiegend mittellosen Neubürger unmittelbar nach ihrer Ankunft wahlberechtigt und hatten vollen Anspruch auf Sozialleistungen.

Die Datenanalyse zeigt, dass die Kommunalpolitik mit selektiven, dauerhaften Steuererhöhungen sowie Umschichtungen bei den öffentlichen Leistungen reagierte. Landbesitzer und Gewerbetreibende wurden stärker belastet, während die Steuern auf Wohnimmobilien und Arbeitseinkommen unverändert blieben. Städte mit hohem Flüchtlingszustrom gaben mehr Geld für Sozialleistungen aus und sparten dafür an Infrastruktur und Wohnungsbau.

Langfristige Effekte

Die ebenfalls untersuchten Wahlergebnisse deuten darauf hin, dass die Veränderungen der Umverteilungspolitik zumindest teilweise auf den direkten Einfluss der Migranten zurückgehen: In Regionen mit hohem Zuzug stellten die großen Parteien häufiger Vertriebene als Kandidaten auf, und die Vertriebenenpartei (GB / BHE) erzielte vergleichsweise hohe Stimmenanteile. Selbst fünf Jahrzehnte später sind die politischen Präferenzen für Umverteilung nach wie vor dort besonders ausgeprägt, wo nach dem Krieg besonders viele Vertriebene aufgenommen wurden.

Auch wenn sich die Sondersituation der Zuwanderung von Staatsbürgern nicht unmittelbar auf heutige Wanderungsströme übertragen lässt, sind die Erkenntnisse für die politische Debatte rund um das Ausländerwahlrecht durchaus relevant. Zugewanderte EU-Bürger beispielsweise können bereits heute im Land ihres Wohnsitzes an Kommunalwahlen teilnehmen. Aber auch mit Blick auf die ausgeprägte Binnenmigration in Entwicklungs- und Schwellenländern lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass die anhaltende Landflucht ärmerer Menschen – mit gleichem Wahlrecht – die politische Landschaft in den Großstädten verändern und zu mehr Umverteilung führen dürfte.

Filed Under: Research Tagged With: expellees, immigration, natives, redistribution, refugees, taxation, voting, welfare

Frauen mit jüngerem Bruder folgen häufiger dem klassischen Rollenbild

August 27, 2018 by admin

Obwohl Frauen in vielen Ländern inzwischen beim Bildungsniveau vorn liegen, bleiben sie auf dem Arbeitsmarkt in klassischen Männerdomänen wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) unterrepräsentiert. Die Gründe dafür sind vielschichtig und der Einfluss genetischer bzw. sozialer Faktoren Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten. Eine aktuelle Studie von Anne Ardila Brenøe (Universität Zürich und IZA) untersucht anhand umfangreicher Daten aus Dänemark, inwieweit die familiäre Konstellation dazu beiträgt, dass traditionelle Rollenbilder auch in einer modernen Gesellschaft bestehen bleiben.

Die Ökonomin analysierte, für welche Berufe sich Frauen im Alter von 31-40 Jahren entscheiden, und bewertete die Konformität mit Geschlechternormen anhand des Frauenanteils in den gewählten Berufen. Um den Effekt des Geschwistergeschlechts zu isolieren, konzentrierte sie sich auf erstgeborene Töchter mit einem Bruder bzw. einer Schwester als nächstjüngerem Geschwisterkind.

Schlechter bezahlte Jobs

Der Vergleich dieser beiden Gruppen zeigte, dass Frauen mit jüngerem Bruder häufiger einen klassischen Frauenberuf wählen und sich bevorzugt für Partner mit „Männerberuf“ entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie im besser bezahlten MINT-Bereich tätig sind, ist um rund sieben Prozent geringer als bei Frauen mit jüngerer Schwester. So zeigt auch der Einkommensvergleich: Frauen mit Brüdern verdienen im Schnitt weniger.

Bei der Suche nach den Ursachen für diesen Zusammenhang findet Brenøe Hinweise darauf, dass Eltern mit Tochter und Sohn eher zur „geschlechtsspezifischen“ Erziehung neigen. Mütter verbringen im Schnitt deutlich mehr (und Väter weniger) Zeit mit der Tochter, wenn auch ein Sohn im Haus ist. Auf diese Weise erhalten Töchter weniger Impulse, sich für „männliche“ Themen zu interessieren oder ihre Leistungen in den entsprechenden Schulfächern zu verbessern. Die Interaktion zwischen den Geschwistern spielt der Studie zufolge eine geringere Rolle.

Die stärkere Konformität mit Geschlechternormen wird auch auf die nächste Generation übertragen. So schneiden Töchter von Müttern mit jüngerem Bruder vergleichsweise besser im sprachlichen als im mathematischen Bereich ab. Das Fazit der Forscherin lautet daher: Will die Gesellschaft echte Chancengleichheit der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt erreichen, muss bereits bei der Entwicklung der Geschlechteridentität im Elternhaus angesetzt werden.

Filed Under: Research Tagged With: gender, human capital, parents, STEM

Vorsicht, Crashgefahr!

August 22, 2018 by admin

Börsenkurse beeinflussen die ökonomischen Entscheidungen der Anleger in vielerlei Hinsicht – vom Konsum- und Sparverhalten bis hin zum Arbeitsangebot. Aber auch andere Lebensbereiche können von täglichen Kursschwankungen betroffen sein, wie eine aktuelle Studie der Ökonomen Corrado Giulietti, Mirco Tonin und Michael Vlassopoulos zeigt. Anhand von umfangreichen US-Daten der Jahre 1990 bis 2015 können die Autoren belegen, dass ein einprozentiger Rückgang des S&P-500-Aktienindex  statistisch zu einem Anstieg tödlicher Verkehrsunfälle um 0,5% am Tag des Kursverfalls führt.

Korrelation oder Kausalität?

Die Forscher finden eine ganze Reihe von Anhaltspunkten dafür, dass es sich hierbei um eine ursächliche Wirkung der Börsenschwankungen und nicht um eine bloße Korrelation handelt: Erstens tritt der Zusammenhang nur an Börsentagen auf. Zweitens sind fast ausschließlich Fahrer betroffen, die vom Alter, Einkommen und der Automarke her mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Gruppe der Aktienbesitzer zählen. Drittens ist der Effekt am deutlichsten ausgeprägt im Zeitraum zwischen Mitte 1997 und Anfang 2001, als der private Aktienbesitz in den USA boomte. Und viertens geht der Anstieg der Unfallhäufigkeit primär auf Fälle von rücksichtsloser Fahrweise zurück, während andere Unfallursachen nicht mit den Börsenkursen korrelieren.

Aktienvermögen und Fahrvermögen

Ihre Ergebnisse erklären die Autoren damit, dass der Kursverfall an der Börse negative Emotionen hervorruft, die irrationales Verhalten begünstigen. Dies gelte insbesondere für unerfahrene Anleger, die mit den Hochs und Tiefs der Börse noch nicht so vertraut sind und daher zu Überreaktionen neigen. Wie die Studie am Beispiel des Straßenverkehrs mit konkreten Zahlen untermauert, können persönliche finanzielle Verluste teils dramatische Konsequenzen nicht nur für das eigene Umfeld, sondern mitunter auch für Unbeteiligte haben.

Filed Under: Research Tagged With: accidents, behavior, decision making, emotions, financial wealth, reckless driving, stock market

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