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IZA Newsroom

IZA – Institute of Labor Economics

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Homeoffice auf dem Vormarsch

August 20, 2018 by admin

Der Anteil abhängig Beschäftigter in Deutschland, die zumindest in Ausnahmefällen mobil oder von zu Hause aus arbeiten können, ist im letzten Jahr von 32% auf 38% gestiegen. Das geht aus einer repräsentativen Befragung hervor, die das IZA gemeinsam mit dem Karrierenetzwerk XING im Rahmen der Studie „Arbeiten in Deutschland“ durchgeführt hat. Unter den zusätzlich befragten XING-Mitgliedern liegt der Anteil mit rund 78% ohnehin auf sehr hohem Niveau.

Die Ergebnisse zeigen aber auch: Sechs von zehn Arbeitnehmern haben bislang keine Möglichkeit, räumlich flexibel zu arbeiten. Nur 15% der 2.126 Befragten aus der repräsentativen Stichprobe gaben an, Homeoffice „in vollem Umfang“ nach ihren eigenen Präferenzen nutzen zu können, weitere 23% in Ausnahmefällen.

Naturgemäß ist das mobile Arbeiten nicht in jedem Job praktikabel. Bei 45% der Beschäftigten erfordert das Tätigkeitsprofil nach eigenen Angaben eine Präsenz am Arbeitsplatz. In 12% der Fälle scheitert das Homeoffice an der persönlichen Situation, etwa am fehlenden Arbeitszimmer. Knapp ein Viertel der Befragten sieht jedoch Potenzial zur Ausweitung der Homeoffice-Regelungen für ihre Tätigkeit: Bei etwas mehr als 15% stellt sich der Arbeitgeber bislang quer, weitere 9% haben noch nicht aktiv ihre Möglichkeiten ausgelotet. Dementsprechend geben nur 19% der Befragten an, dass die bestehenden Regelungen bereits ihren Wünschen entsprechen.

Unterschiede nach Alter und Geschlecht

Unter den jüngeren Beschäftigten nimmt die Homeoffice-Nutzung am stärksten zu, während sich bei den über 50-Jährigen keine Veränderungen zum Vorjahr zeigen. Deutliche Unterschiede sind auch zwischen den Geschlechtern erkennbar. Der Anteil der Männer, die zumindest teilweise räumlich flexibel arbeiten können, liegt mit knapp 43% deutlich höher als bei Frauen (33%), auch wenn die Lücke seit dem Vorjahr etwas geschrumpft ist. Die IZA-Forscher führen die Diskrepanz primär auf Branchenunterschiede zurück. So geben mehr als 48% der Arbeitnehmerinnen (gegenüber 42% der männlichen Beschäftigten) an, ihr Tätigkeitsprofil lasse kein Homeoffice zu.

Dass Homeoffice-Regelungen unter den „modernen Wissensarbeitern“ inzwischen weit verbreitet sind, deuten auch die Ergebnisse der 2.186 zusätzlich befragten XING-Mitglieder an, die überwiegend in Branchen mit höherer Affinität zum mobilen Arbeiten tätig sind. Hier beträgt der Anteil der Arbeitnehmer ganz ohne Homeoffice-Möglichkeiten nur knapp 22%. Auch können im Vergleich zur repräsentativen Befragung mehr als doppelt so viele der abhängig beschäftigten XING-Mitglieder (rund 35%) Homeoffice-Regelungen vollumfänglich nutzen.

Raum für individuelle Lösungen

Für IZA-Chef Hilmar Schneider ist die starke Ausbreitung von Homeoffice-Regelungen eine Facette der Veränderungsprozesse, die sich auf unsere Arbeitswelt auswirken: „In unserer Gesellschaft vollzieht sich auch ein Wertewandel, durch den Themen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Integration von Freizeitaktivitäten und ehrenamtlichem Engagement in den beruflichen Alltag einen viel höheren Stellenwert bekommen. Gleichzeitig schafft der technische Fortschritt mit der fortschreitenden Digitalisierung in immer mehr Jobs die Voraussetzungen für örtlich und auch zeitlich flexibles Arbeiten. Deshalb stehen viele Unternehmen vor der Herausforderung, grundsätzlich erfüllbare Wünsche der Arbeitnehmer zum mobilen Arbeiten mit den unternehmerischen Erfordernissen und Interessen in Einklang zu bringen.“ Schneider sieht hier viel Raum für individuelle Lösungen, die jedoch sicherstellen müssten, dass die Produktivität darunter nicht leide.

Über die IZA/XING-Studie

Die Studie „Arbeiten in Deutschland“ wurde Anfang 2017 vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und XING gestartet. Anfang 2018 wurde die zweite Befragungswelle dieser gemeinsamen Initiative abgeschlossen, um vor dem Hintergrund des fortschreitenden Wandels der Arbeitswelt neue Erkenntnisse über die Zukunftsperspektiven der Bevölkerung in Deutschland zu gewinnen. Die IZA/XING-Studie setzt sich aus zwei Befragungsteilen zusammen: Sie besteht aus einer nationalrepräsentativen Online-Umfrage mit rund 3.000 Teilnehmern sowie aus einer Online-Befragung von bis zu 6.000 zufällig ausgewählten XING-Mitgliedern.

Bislang sind folgende Ergebnisse erschienen:

  • Verantwortung, Flexibilität und neue Freiräume im Job werden geschätzt – aber nicht von allen
  • Verbreiteter Optimismus in der Rentenfrage
  • Beschäftigte in Deutschland haben keine Angst vor der Digitalisierung
  • Neue Arbeitswelt: Arbeitszeitgesetz verliert an Bedeutung

Filed Under: Research

Herausforderungen und Erfolge bei der Flüchtlingsintegration

August 13, 2018 by admin

Die weltweiten Flüchtlingsströme sind nicht nur in Deutschland das beherrschende Thema politischer und öffentlicher Debatten. Im Vordergrund stehen dabei meist die befürchteten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen für die Aufnahmeländer. Fünf aktuelle Forschungspapiere aus dem IZA-Netzwerk beleuchten diese Effekte aus verschiedenen Blickwinkeln und anhand von historischen Erfahrungen in unterschiedlichen Ländern. Nicht alle Erkenntnisse sind unmittelbar auf die aktuelle Situation übertragbar, liefern jedoch wissenschaftlich fundierte Hinweise für die Gestaltung der Migrations- und Integrationspolitik.

Kriminalität und Terrorgefahr

Die gerade in den USA verbreitete Furcht, durch die Aufnahme von Flüchtlingen „importiere“ man Kriminalität und Terror, ist den Erkenntnissen aus IZA DP 11612 zufolge unbegründet. Die umfangreiche Analyse von Kriminalitätsstatistiken – unter Berücksichtigung von regionalen Unterschieden in den Polizeiausgaben und anderen potenziellen Einflussfaktoren – liefert keine Hinweise darauf, dass es in US-Regionen mit relativ hoher Flüchtlingskonzentration vermehrt zu Verbrechen oder gar Terroranschlägen komme.

Die Autorinnen halten ihren Befund für plausibel, da Flüchtlinge in den USA nicht nur einen strengen Sicherheitscheck durchlaufen, sondern zudem vor Ort eng betreut und aktiv bei der Jobsuche unterstützt werden.

Soziale und wirtschaftliche Integration

In Europa werden Flüchtlinge häufig als Belastung für die heimische Wirtschaft und Gesellschaft wahrgenommen, zumal die unmittelbaren Kosten greifbarer sind als mögliche positive Effekte. Mit Blick auf die mittel- bis langfristigen Auswirkungen analysiert IZA DP 11609 anhand britischer Zensusdaten die Integration der Gruppe von rund 200.000 Ostafrikanern indischer Abstammung, die in den 1960er Jahren vor ethnischer Verfolgung nach Großbritannien geflohen waren. Demnach sind die damaligen Flüchtlinge und insbesondere deren Nachkommen heute auf dem Arbeitsmarkt erfolgreicher als der Bevölkerungsdurchschnitt.

Auch wenn die Situation dieser speziellen Gruppe nicht in jeder Hinsicht mit den aktuellen Flüchtlingsströmen vergleichbar ist, weisen die Autoren auf einige Gemeinsamkeiten hin und werten ihre Ergebnisse als Beleg dafür, dass erfolgreiche Integration trotz unterschiedlicher Herausforderungen möglich und für das Aufnahmeland gewinnbringend sei.

Bildung und Spracherwerb

Zu den größten Herausforderungen der Flüchtlingsintegration in Deutschland zählen das im Durchschnitt geringe Bildungsniveau und die mangelnden deutschen Sprachkenntnisse der Geflüchteten. IZA DP 11608 zieht Parallelen zur Integration der Gastarbeiter seit den 1960er Jahren und untersucht, inwieweit eine regionale Konzentration von Migranten aus dem gleichen Herkunftsland einer erfolgreichen Integration entgegenwirkt. Der Studie zufolge sprechen Schüler in solchen „ethnischen Enklaven“ schlechter Deutsch, holen Lernrückstände schwerer auf und neigen häufiger zum Schulabbruch. Hauptgrund sei jedoch nicht etwa eine zu geringe soziale Interaktion mit Muttersprachlern, sondern mangelnde Sprachkenntnisse der Eltern.

Mit Bezug auf die aktuelle Integrationspolitik plädieren die Autoren daher für eine konsequentere Förderung des Spracherwerbs von Erwachsenen und halten zudem eine stärkere regionale Verteilung der Geflüchteten für sinnvoll, um die Entstehung ethnischer Enklaven zu vermeiden.

Wirtschaftliche Entwicklung

Aus makroökonomischer Sicht gibt es wiederum historische Beispiele dafür, dass eine höhere regionale Konzentration von Flüchtlingen wachstumsfördernd sein kann. IZA DP 11613 beschäftigt sich mit den Folgen des Griechisch-Türkischen Kriegs (1919-1922), der zur Zwangsumsiedlung von rund 1,2 Millionen orthodoxen Griechen aus der Türkei führte und die Einwohnerzahl Griechenlands innerhalb weniger Monate um mehr als 20 Prozent erhöhte.

Anhand eines innovativen Datensatzes können die Autoren nachweisen, dass diejenigen griechischen Kommunen, die 1923 besonders viele Vertriebene aufnahmen, hinsichtlich Einkommen, Vermögen und Bildungsstand heute besser abschneiden als andere Kommunen mit vergleichbarer geografischer und wirtschaftlicher Ausgangssituation. Die griechische Regierung hatte damals die Integration gefördert, indem sie den Flüchtlingen Land für die Subsistenzwirtschaft zur Verfügung gestellt und eine rasche Einbürgerung ermöglicht hatte.

Sprachkenntnisse und Bildungsniveau spielten allerdings im überwiegend landwirtschaftlich geprägten Aufnahmeland eine geringere Rolle. Den Autoren zufolge lassen sich die Erkenntnisse am ehesten auf die heutige Situation in den afrikanischen Ländern übertragen, die den Großteil der weltweiten Flüchtlingsströme aufnehmen.

Wohnungsmarkt

Zu den Ländern mit einer aktuell besonders großen Flüchtlingspopulation zählt die Türkei, die nach offiziellen Angaben rund drei Millionen syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen hat. IZA DP 11611 untersucht die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt.

Erwartungsgemäß sind durch den plötzlichen Flüchtlingszustrom die Mietpreise gestiegen, jedoch nicht etwa für günstigen Wohnraum, sondern primär für Immobilien in teureren Wohngebieten. Die Autoren führen ihren Befund darauf zurück, dass sich die einheimische Bevölkerung vermehrt aus von Flüchtlingen bewohnten Gebieten zurückziehe.

Grund hierfür sei jedoch nicht die Furcht vor steigender Kriminalität oder Arbeitsmarktkonkurrenz, sondern vielmehr die wachsende Konkurrenz um die Nutzung öffentlicher Güter und Dienstleistungen. Da der Trend zu innerstädtischen Segregation die sozioökonomische Ungleichheit verstärke, sehen die Autoren die Notwendigkeit, durch geeignete Politikmaßnahmen rechtzeitig gegenzusteuern.

Filed Under: Research Tagged With: economic development, educational attainment, housing, immigration, integration, language, refugee, segregation, socioeconomic outcomes

Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Wem gehören die Roboter?

August 7, 2018 by admin

Die fortschreitende Digitalisierung wird nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen. Für solche Schreckensszenarien gebe es keine empirische Evidenz, und sie widersprächen zudem einfacher ökonomischer Logik, schreibt IZA-Fellow Jens Südekum (Düsseldorf Institute for Competition Economics) in einem aktuellen Beitrag zur Reihe „IZA Standpunkte“. Das wahre Problem der Digitalisierung bestehe vielmehr in einer stärkeren Ungleichheit der Lohn- und Einkommensverteilungen sowie in sinkenden Reallöhnen in der Mitte des Lohnspektrums.

In seinem Beitrag bezieht sich Südekum auf aktuelle Forschung zu den Arbeitsmarkteffekten einer konkreten neuen Technologie: dem Einsatz von Industrierobotern in Deutschland. Bislang wurden die Löhne durch Roboter nur schwach in Mitleidenschaft gezogen. Diese negativen Lohneffekte könnten zwar zunehmen, etwa durch das Voranschreiten künstlicher Intelligenz und anderer digitaler Technologien. Diesem Problem allein mit einer Ausweitung der Einkommensumverteilung über Steuer- und Transfersysteme begegnen zu wollen, dürfte jedoch langfristig zu kurz greifen, meint Südekum.

Bedingungsloses Grundeinkommen ist der falsche Ansatz

Insbesondere sei das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) keine zielführende Lösung, zumal es auf der unzutreffenden Prämisse beruhe, dass das „Ende der Arbeit“ nah sei. Die Wirtschaftspolitik solle sich stattdessen auf die Primärverteilung der Markteinkommen konzentrieren. Das gesellschaftliche Ziel bestehe darin, dass die gesamtwirtschaftlichen Wachstumspotenziale der Digitalisierung möglichst gleichmäßig anfallen.

Die wichtigsten Instrumente zur Erreichung dieses Ziels sind nach Südekums Einschätzung eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik und massive Investitionen in die Wissensinfrastruktur zur Förderung von Produktivitätsdiffusion und beruflicher Weiterbildung sowie adäquater Ausbildung insgesamt. Statt über Robotersteuern sollte vielmehr über Modelle der Mitarbeiterbeteiligung nachgedacht werden. Denn die zentrale Frage der Digitalisierung laute: Wem gehören die Roboter?

Die gleiche Schlussfolgerung hatte zuvor bereits IZA-Fellow Richard Freeman (Harvard University) in einem vielbeachteten Beitrag für das Online-Kompendium IZA World of Labor auf den Punkt gebracht: „Who owns the robots rules the world“.

Filed Under: Opinion, Research

Globaler Terror kostet Lebenszufriedenheit und verschiebt politische Einstellungen nach rechts

July 19, 2018 by admin

Die weltweite Zunahme terroristischer Anschläge und der damit verbundenen Medienberichte wirkt sich auch negativ auf die Lebenszufriedenheit von Menschen aus, die nicht persönlich von den Anschlägen betroffen sind. Diesen Zusammenhang konnten Alpaslan Akay (Universität Göteborg & IZA), Olivier Bargain (Universität Bordeaux & IZA) und Ahmed Elsayed (IZA & ROA, Universität Maastricht) in einem IZA Discussion Paper nachweisen und in seiner Größenordnung abschätzen.

Für ihre Studie nutzten die Autoren einen einzigartigen Datensatz, der Langzeitbetrachtungen der individuellen Lebenszufriedenheit in Australien, Deutschland, Russland, der Schweiz, Großbritannien und den USA mit tagesgenauen Informationen zu rund 70.000 Terroranschlägen weltweit im Zeitraum 1994 bis 2013 vernküpft.

Der Analyse zufolge ist der negative Einfluss des Terrors auf die durchschnittliche Lebenszufriedenheit in etwa mit einem Einkommensverlust von zwischen sechs und 17 Prozent vergleichbar. Verstärkend wirkt dabei sowohl die geografische und kulturelle Nähe zu den Terroropfern als auch der Umfang der medialen Berichterstattung. Zugleich hat der globale Terror die Präferenzen für konservative Parteien gefördert, was zur Erklärung der jüngsten Erfolge von Rechtspopulisten in ganz Europa beiträgt.

Filed Under: Research Tagged With: global terror, life satisfaction, media, psychology, terrorism, well-being

Wie sich radioaktive Strahlenbelastung auf die kognitiven Fähigkeiten auswirkt

July 10, 2018 by admin

Im Alltag sind wir auf vielfältige Weise radioaktiver Strahlung ausgesetzt, sei es bei medizinischen Untersuchungen oder auf Flugreisen. So hat sich die durchschnittliche Strahlenbelastung in den letzten 40 Jahren fast verdoppelt. Ein aktuelles IZA-Diskussionspapier von Benjamin Elsner und Florian Wozny untersucht, inwieweit sich bereits eine vergleichsweise geringe Strahlendosis auf die geistigen Fähigkeiten auswirkt. Dazu nutzen die Autoren die regionale Verteilung des nuklearen Fallouts infolge der Tschernobyl-Katastrophe von 1986.

Die radioaktive Wolke, die nach  dem Super-GAU über Europa zog, schlug sich insbesondere im Süden Deutschlands und in Teilen der ehemaligen DDR nieder. In den am stärksten verseuchten Böden war die Strahlenbelastung rund  500 Mal höher als in den am wenigsten betroffenen Regionen. Noch heute lassen sich erhöhte Strahlenwerte beispielsweise in Pilzen oder Wildfleisch aus Süddeutschland nachweisen.

Hinweis: Die Grafik zeigt die Bodenablagerung von Caesium-137, angegeben in Bq/m2.

Die Analyse von Elsner und Wozny zeigt, dass Bewohner der stark kontaminierten Gebiete rund 25 Jahre nach dem Unfall in kognitiven Tests signifikant schlechter abschneiden als Personen aus anderen Regionen mit ansonsten gleichen Merkmalen. Die Ergebnisse legen nahe, dass neben möglichen Gesundheitsfolgen auch die „Humankapitalkosten“ radioaktiver Strahlung selbst bei geringer Dosis nicht zu vernachlässigen sind.

Filed Under: Research Tagged With: chernobyl, cognitive skills, contamination, environment, Germany, health, human capital, nuclear energy, nuclear power, radiation

Der „Makel“ der Vermittlung von Jobsuchenden durch Arbeitsagenturen

July 6, 2018 by admin

Eines der wichtigsten Instrumente der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik in vielen Ländern ist die Stellenvermittlung durch die Arbeitsagenturen. Selbst bei einem passgenauen Qualifikationsprofil erfordert eine erfolgreiche Vermittlung jedoch einerseits ernsthafte Bemühungen seitens der Stellenbewerber, andererseits eine unvoreingenommene Prüfung der Bewerbungen durch die Unternehmen.

Ein belgisches Forscherteam hat nun untersucht, ob den Bewerbenden von vornherein ein gewisser Makel anhaftet, wenn sie über die Arbeitsagentur vermittelt wurden. Dazu führten die Ökonomen ein Experiment durch, in dem über 200 Personalverantwortliche jeweils fünf fiktive Stellenbewerber anhand der „Papierform“ bewerten sollten. Dabei variierten sie verschiedene Merkmale der Bewerbenden wie Geschlecht, Qualifikationsniveau, Berufserfahrung und Arbeitslosigkeitsdauer. Zudem ging aus der Bewerbung hervor, ob die Kandidaten sich aus eigener Initiative oder auf Vermittlung der Arbeitsagentur beworben hatten.

Geringere Motivation unterstellt

Die Personaler stuften die Bewerber nach erwarteter Motivation, kognitiven und sozialen Fähigkeiten ein und gaben an, wen sie zu einem Vorstellungsgespräch einladen würden. In allen Belangen schnitten die von der Arbeitsagentur vermittelten Bewerber schlechter ab als vom Lebenslauf her vergleichbare Kandidaten, die sich eigeninitiativ beworben hatten. Ausschlaggebend für die geringere Einladungswahrscheinlichkeit war die als deutlich schwächer eingeschätzte Motivation der vermittelten Bewerber.

Außerdem wurden die Personalentscheider gefragt, welche Bewerber nach ihrer Einschätzung bereits von anderen Arbeitgebern abgelehnt worden waren. Hierbei machte es entgegen der Erwartung der Forscher keinen Unterschied, ob die Bewerber von der Arbeitsagentur vermittelt worden waren oder nicht.

Filed Under: Research Tagged With: active labor market policies, discrimination, employment agencies, experiment, interview, job application, job seekers, motivation, signaling, unemployment, vacancy

Mindestlohn in Deutschland: Folgen für Beschäftigung, Arbeitszeit und Arbeitslosigkeit

July 3, 2018 by admin

In Deutschland wird der Mindestlohn 2019 auf 9,19 Euro erhöht und steigt 2020 auf 9,35 Euro. Fünf Jahre nach Einführung 2015 (8,50 Euro) wird der Mindestlohn dann um 10 Prozent höher ausfallen. Während diese Anhebung von vielen als nicht ausreichend zur Verringerung von Armut und Ungleichheit erachtet wird, befürchten andere Kritiker Negativfolgen in Form von Beschäftigungsabbau, höherer Arbeitslosigkeit und volkswirtschaftlichen Effizienzverlusten.

Experten des IZA und anderer Institutionen haben die Entscheidungsfindung der Mindestlohnkommission durch eine Studie zu den Effekten des Mindestlohns auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit unterstützt. Da die bundesweit zeitgleiche Einführung des Mindestlohns eine Evaluation unter Zuhilfenahme von nicht betroffenen Kontrollgruppen nicht zulässt, verwendet die Untersuchung moderne Methoden der Politikevaluation, um anhand amtlicher Daten auf Regionen- und Betriebsebene sowie Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels Aussagen über Wirkungszusammenhänge zwischen Mindestlohneinführung, Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit zu treffen.

Die Hauptergebnisse der Expertise im Überblick:

  • Signifikante Wirkungen des Mindestlohns auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lassen sich bislang ebenso wenig feststellen wie eine Veränderung der Arbeitslosigkeit.
  • Der im Zeitraum 2015 bis 2016 beobachtete Rückgang der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse („Mini-Jobs“) geht teils kausal auf die Einführung des Mindestlohns zurück, hängt aber in erster Linie mit einer Zurückhaltung der Arbeitgeber bei den Einstellungen statt mit zunehmenden Abgängen zusammen. Zusätzlich wurden geringfügige Beschäftigungsverhältnisse innerhalb der Unternehmen vermehrt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt.
  • Unmittelbar nach Bekanntwerden und Einführung des Mindestlohns hat bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine statistisch signifikante Reduktion der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit (ca. fünf Prozent bzw. 1,5 Stunden im ersten Halbjahr 2015) stattgefunden. Dagegen sind – statistisch nicht signifikant – die tatsächlichen Arbeitszeiten im gleichen Zeitraum nur um ca. 2,5 Prozent bzw. 0,8 Stunden zurückgegangen. Für geringfügig Beschäftigte ist bei vertraglichen wie tatsächlichen Arbeitszeiten nur ein statistisch insignifikanter Negativeffekt eingetreten. Auch über einen längeren Zeitraum (2014-2016) hinweg ergeben die Analysen keine signifikante Reduzierung der Arbeitszeiten.

Filed Under: Research

Diskriminierung von Schwulen und Lesben beim Aufstieg ins Top-Management

June 13, 2018 by admin

Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung zieht sich durch verschiedene Bereiche der Arbeitswelt. Während Lohndiskriminierung und Mobbing wissenschaftlich bereits umfassend untersucht wurden, mangelt es noch an fundierten Erkenntnissen zur Benachteiligung beim Karriereaufstieg. Ein aktuelles IZA Discussion Paper von Cevat Giray Aksoy (EBRD & IZA) und Koautoren untersucht diesen Aspekt erstmals auf Basis umfangreicher britischer Daten von über 600.000 Befragten.

Demnach sind homosexuelle Beschäftigte zwar überdurchschnittlich häufig in beruflichen Positionen mit Personalverantwortung vertreten, allerdings zumeist auf den unteren Führungsebenen. Beim Aufstieg ins Top-Management sind schwule Männer bei gleicher Eignung gegenüber ihren heterosexuellen Kollegen benachteiligt. Gleiches gilt für lesbische Arbeitnehmerinnen, wenn auch in geringerem Maße.

Die Forscher halten Diskriminierung für die plausibelste Erklärung, zumal sie keine Hinweise auf systematische Unterschiede beim Qualifikationsniveau und anderen produktivitätsrelevanten Merkmalen finden, die für geringere Aufstiegschancen ursächlich sein könnten. Gelänge es mehr Angehörigen sexueller Minderheiten, die „gläserne Decke“ zu durchstoßen, würde sich dies nach Einschätzung der Autoren positiv auf die Chancengerechtigkeit für den Führungsnachwuchs auswirken.

Filed Under: Research Tagged With: discrimination, gay, glass ceiling, homosexuality, lesbian, management, UK, workplace authority

Die versteckten Kosten der häuslichen Pflege von Angehörigen

May 30, 2018 by admin

Klamme öffentliche Kassen und fehlende Pflegefachkräfte führen in vielen alternden Gesellschaften dazu, dass immer mehr pflegebedürftige Menschen durch Angehörige betreut werden. In England und Wales beispielsweise sind rund 5,8 Millionen Menschen (etwa jeder zehnte Bürger) in die Pflege von Familienmitgliedern eingebunden. Insbesondere die Rund-um-die-Uhr-Betreuung hat im letzten Jahrzehnt massiv zugenommen – mit immensen Kosten für die Betroffenen.

Zu den direkten monetären Kosten in Form von zusätzlichen Aufwendungen und entgangenem Arbeitseinkommen kommen die psychologischen und emotionalen Kosten der Betreuung, die schwer in Geld zu bemessen sind.

Rebecca McDonald (University of Birmingham) und IZA-Fellow Nattavudh Powdthavee (Warwick Business School) nutzen daher die sogenannte „Wellbeing-Valuation“-Methode, um den „Schattenpreis“ der Pflege zu ermitteln. Mit diesem statistischen Verfahren lässt sich das fiktive zusätzliche Einkommen berechnen, dass notwendig wäre, um den Verlust an Lebensqualität auszugleichen, der durch die Pflege von Angehörigen entsteht.

Um den direkten Effekt der Pflegetätigkeit zu messen, konzentrieren sich die Forscher auf Fälle, bei denen infolge eines Unfalls ein akuter und unerwarteter Pflegebedarf auftrat. Anhand von umfangreichen Befragungsdaten zu Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit errechnen die Autoren, dass die pflegenden Angehörigen im Schnitt rund 115.000 Euro an Zusatzeinkommen pro Jahr benötigen würden, um den Verlust an subjektivem Wohlbefinden auszugleichen, der durch die Pflegesituation entsteht und über die emotionale Belastung durch das Unfallereignis selbst hinausgeht.

Auch wenn es sich bei dieser Summe um einen statistischen Wert handelt, raten die Autoren, die versteckten Kosten nicht zu unterschätzen, wenn es etwa darum geht, durch eine stärkere Einbeziehung der Angehörigen die finanziellen Kosten der Pflege einzudämmen.

Filed Under: Research Tagged With: caregiving, disability, elderly, family, informal care, shadow price, UK, valuation, well-being

Mädchen, Mathe, Männerdomänen: Neue Erkenntnisse zu Geschlechterstereotypen

May 7, 2018 by admin

Obwohl inzwischen die Mehrheit der Abiturienten und Hochschulabsolventen in Deutschland weiblich ist, bleiben Frauen in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), in denen die Jobchancen und Verdienstaussichten besonders hoch sind, nach wie vor unterrepräsentiert. Mit Initiativen wie dem Girls‘ Day oder Komm, mach MINT versuchen Politik und Wirtschaft, mehr Mädchen für Ausbildungsberufe und Studiengänge in diesen Bereichen zu begeistern.

Aber welche Faktoren beeinflussen eigentlich, für welches Fach sich Mädchen entscheiden und ob sie darin erfolgreich sind? Drei IZA Discussion Papers untersuchen die Effekte von Leistungsdruck, Klassenzusammensetzung und kulturellen Unterschieden auf die Bildungsentscheidungen von Mädchen. Ein viertes Discussion Paper beschäftigt sich umgekehrt mit der Frage, inwieweit Töchter bei ihren Vätern einen Wandel der Rollenbilder bewirken.

Lassen sich Frauen von schlechten Noten leichter entmutigen?

Ein Erklärungsansatz für die Geschlechterunterschiede bei der Wahl des Studienfachs besteht darin, dass Frauen sensibler auf schlechte Noten reagieren und deshalb anspruchsvolle Studiengänge meiden oder früher abbrechen, um in „leichtere“ Studiengänge zu wechseln. IZA-Fellow Adriana D. Kugler stellt diesen Ansatz gemeinsam mit Catherine H. Tinsley und Olga Ukhaneva auf den Prüfstand. Für ihre Studie analysierten die drei Ökonominnen an der Georgetown University umfangreiche Daten einer großen US-Privatuniversität über den Zeitraum 2009 bis 2016.

In der Gesamtschau aller Studienfächer widerlegen die Ergebnisse den Erklärungsansatz: Die Wahrscheinlichkeit, aufgrund von schlechten Noten den Studiengang zu wechseln, ist bei Frauen und Männern gleich hoch. Ein Blick auf die männerdominierten MINT-Fächer zeigt jedoch, dass Frauen hier tatsächlich sensibler reagierten und ihr Studium als Reaktion auf schlechte Ergebnisse häufiger abbrachen als Männer. Daraus schließen die Autorinnen, dass der Notenfrust erst in Kombination mit einem männlich dominierten Studienumfeld zu einer höheren Sensibilität bei Frauen führt.

Je weniger männliche Mitschüler, desto mehr Mädchen wählen MINT-Fächer

Solche Peer-Effekte spielen bereits in der Schule eine wichtige Rolle, wie IZA-Fellow Pål Schøne in seiner gemeinsam mit Kristine von Simson und Marte Strøm verfassten Studie zeigt. Das Forscherteam des norwegischen Instituts für Sozialforschung untersuchte den Einfluss der Geschlechterzusammensetzung in Klassen der Unter- und Mittelstufe auf die Kurswahl und die schulischen Leistungen in der Oberstufe.

Demnach entscheiden sich Mädchen häufiger für MINT-Fächer, je weniger männliche Mitschüler sie haben. „Weniger männliche Konkurrenz“ scheidet als Erklärung jedoch aus, wie die Autoren anhand von Umfrageergebnissen feststellen. Vielmehr legen die Erkenntnisse nahe, dass ein insgesamt verbessertes Lernumfeld (gemessen etwa an Pünktlichkeit, Mitarbeit und allgemeinem Wohlbefinden) dazu beiträgt, dass mehr Mädchen MINT-Fächer wählen und darin auch verhältnismäßig gut abschneiden.

Wie prägend ist das in der Familie vermittelte Rollenbild?

Viele Kinder werden schon in jungen Jahren mit verschiedenen Geschlechterstereotypen konfrontiert, entweder allgemeiner Natur (z.B. „Frauen brauchen keine Karriere zu machen“) oder auf Interessen und Fähigkeiten bezogen (z.B. „Technik ist nichts für Mädchen“). Inwieweit sich diese durch die Familie vermittelten Rollenbilder auf die Fächerwahl und das Abschneiden in MINT-Disziplinen auswirken, untersuchen Natalia Nollenberger (IE University) und Núria Rodríguez-Planas (CUNY, Queens College & IZA) in ihrer Studie.

Dazu nutzten sie PISA-Daten von rund 12.000 Zuwanderern der zweiten Generation in neun europäischen Ländern. Auf Basis des Global Gender Gap Index beurteilten sie, wie es um die Gleichberechtigung von Frauen in den insgesamt 35 Herkunftsländern bestellt ist. So konnten sie zeigen, dass Mädchen häufiger MINT-Fächer belegen und darin besser abschneiden, je weiter in den jeweiligen Herkunftsländern ihrer Eltern die Gleichstellung der Geschlechter vorangeschritten ist. Ausschlaggebend scheinen hier weniger bildungsspezifische Geschlechternormen zu sein als vielmehr die allgemeine politische und ökonomische Gleichberechtigung von Frauen.

Wie Töchter die Einstellungen ihrer Väter verändern

Unter Vätern von Töchtern sind die traditionellen Geschlechterbilder weniger stark verbreitet als unter Vätern, die ausschließlich Söhne haben, so das Ergebnis einer Studie von IZA-Fellow Joan Costa-Font mit Mireia Borrell-Porta und Julia Philipp. Das Forscherteam der London School of Economics fand heraus, dass Väter mit einer um fünf Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit der Aussage „Männer verdienen das Geld und Frauen machen den Haushalt“ widersprechen, wenn sie Töchter im schulpflichtigen Alter haben.

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