Fragt man die regierenden Sozialdemokraten nach ihrem größten politischen Erfolg, wird häufig die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro genannt. Immerhin verschaffte der SPD-Arbeitsminister damit Millionen von Beschäftigten eine Gehaltserhöhung. Aber steigert diese gute Tat die Chancen der Kanzlerpartei auf Wiederwahl? Eher nicht. Das legt zumindest ein aktuelles IZA-Forschungspapier aus den USA nahe.
Anders als in Deutschland kann jeder US-Bundesstaat seinen eigenen Mindestlohn festsetzen. Umfragen zufolge erfreuen sich Mindestlohnerhöhungen, ebenso wie in Deutschland, großer Beliebtheit in der Bevölkerung und werden eng mit der Demokratischen Partei in Verbindung gebracht. Der Ökonom Emiliano Huet-Vaughn vom kalifornischen Pomona College hat für seine Studie nun erstmals systematisch untersucht, inwieweit die Demokraten davon an der Wahlurne profitieren.
Dazu wertete er die Ergebnisse von US-Wahlen auf Bundesstaatenebene seit den 1990er Jahren aus. Da den jeweiligen Staaten ihren Mindestlohn zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich stark erhöhten, konnte der Forscher ermitteln, ob sich die Mindestlohnsteigerungen bei der nächsten Wahl niederschlugen. Unter Verwendung diverser statistischer Methoden und ergänzender Erhebungen zu politischen Stimmungen kam er stets zum gleichen Ergebnis: Der höhere Mindestlohn brachte den Demokraten keine zusätzlichen Stimmen.
Auf der Suche nach möglichen Gründen für diese politische „Undankbarkeit“ fand der IZA-Fellow heraus, dass Mindestlohnsteigerungen von der Wahlbevölkerung kaum wahrgenommen oder nicht unmittelbar mit der Politik in Verbindung gebracht werden, zumal die Gehaltsschecks vom Arbeitgeber kommen. Im Gegensatz zu direkten Transfers in Form von staatlichen Leistungen oder Steuererleichterungen können politische Parteien demnach von einer „indirekten“ Umverteilungspolitik über die Mindestlohnschraube weniger profitieren.