Knapp ein Drittel der jungen Erwachsenen in OECD-Ländern verlässt das Bildungssystem vorzeitig ohne höheren Schulabschluss. Die damit verbundenen langfristigen Arbeitsmarktnachteile gegenüber Höherqualifizierten dürften sich in Zukunft noch verschärfen. Bildungspolitische Maßnahmen, die das Nachholen eines qualifizierten Abschlusses auf dem zweiten Bildungsweg erleichtern, gewinnen daher an Bedeutung.
Bislang sind die konkreten Beschäftigungs- und Einkommenseffekte von Erwachsenenbildung jedoch kaum wissenschaftlich untersucht. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Patrick Bennett, Richard Blundell und Kjell G. Salvanes widmet sich dieser Frage am Beispiel Norwegens, wo die Regierung zu Beginn der 2000er Jahre zwei Reformen umsetzte: Zunächst wurde ein Recht auf Nachholen des Schulabschlusses auch für Erwachsene ab 25 Jahren eingeführt und später um einen einkommensunabhängigen staatlichen Zuschuss ergänzt.
Die Forscher untersuchten detaillierte Daten zu den Erwerbsverläufen, Einkommen und Fertilitätsentscheidungen der Geburtenjahrgänge 1964-1970. Indem sie den Werdegang Gleichaltriger vor und nach den Reformen verglichen, konnten sie den Effekt des erleichterten Zugangs zum zweiten Bildungsweg messen.
Die Analyse zeigt: Unter denjenigen, die bis zum Alter von 30 Jahren von den Reformen profitierten, stieg die Wahrscheinlichkeit, einen Schulabschluss zu erwerben und ein Hochschulstudium anzuhängen, deutlich an. Bei Älteren war der Effekt geringer ausgeprägt.
Während Männer kaum auf die Reformen reagierten, holten Frauen aufgrund des erleichterten Zugangs und insbesondere der finanziellen Unterstützung häufiger einen Bildungsabschluss nach, steigerten ihre Erwerbstätigkeit, erzielten höhere Einkommen und vertagten ihre Familienplanung. Die Autoren schließen daraus, dass stärkere Anreize für den zweiten Bildungsweg einen wichtigen Beitrag zum Abbau der Einkommensungleichheit zwischen Männern und Frauen leisten können.