Frauen sind in Studienfächern aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) traditionell unterrepräsentiert. Die Gründe dafür werden nicht nur unter Bildungsökonomen heiß diskutiert. Denn MINT-Berufe sind besonders gut bezahlt und zukunftsträchtig. Ein höherer Anteil weiblicher Absolventen in diesen Fächern würde also helfen, die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern weiter zu schließen.
Im Rahmen des wöchentlichen IZA-Forschungsseminars präsentierte Peter Arcidiacono (Duke University) seine Erkenntnisse zum Einfluss studienfachspezifischer Charakteristika auf die Entscheidung von Frauen für ein MINT-Fach. Im Anschluss an seinen Vortrag sprachen wir mit dem Experten für Hochschulbildung.
Was sind die Hauptgründe für die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Wahl des Studienfachs?
Arcidiacono: Zunächst einmal ist es eine Frage der persönlichen Vorlieben – nicht nur für die jeweiligen Studieninhalte, sondern auch für das allgemeine Karriereziel. Gerade bei MINT-Berufen gestaltet sich eine Rückkehr in den Job nach einer familienbedingten Auszeit oft schwierig, was das Berufsfeld für Frauen vergleichsweise unattraktiv macht. Hinzu kommt der „komparative Vorteil“: Frauen schneiden in fast allen akademischen Bereichen gleich gut ab wie Männer, sind ihnen aber insbesondere beim Lesen überlegen. Dieser Vorteil kommt bei MINT-Fächern weniger zum Tragen als etwa in den Geisteswissenschaften.
Welche Anreize kann die Politik für Universitäten setzen, damit sie MINT-Fächer für Frauen attraktiver gestalten?
Arcidiacono: Die Möglichkeiten sind begrenzt. Denn letztlich würde man damit ja den universitätsinternen Wettbewerb verzerren. Auch andere Fakultäten wollen schließlich ihre Hörsäle füllen und dabei für männliche und weibliche Studierende gleichermaßen attraktiv sein. Denkbar wären aber beispielsweise mehr fachgebundene Stipendien.
Was können die MINT-Fakultäten und Professoren selbst tun?
Arcidiacono: Benotungspraxis und Lernpensum sind von Fach zu Fach sehr verschieden. In MINT-Fächern wird relativ stark „ausgesiebt“, indem streng benotet und zugleich ein hoher Arbeitsaufwand verlangt wird. Letzteres schreckt Frauen weniger ab – im Gegenteil: sie sind beim Lernen im Schnitt fleißiger als Männer. Hier könnte man ansetzen, indem man die Gewichtung von der Benotung auf das Lernpensum verschiebt. Dadurch könnten die MINT-Fächer für Frauen zumindest teilweise an Attraktivität gewinnen.