Die bestätigten Corona-Neuinfektionen in den USA erreichen täglich neue Höchstwerte. Auch im US-Wahlkampf war der politische Umgang mit der Pandemie ein zentrales Thema. Ob die Corona-Krise Trump letztlich die Wahl gekostet hat, ist jedoch nicht leicht zu beantworten. Auf den ersten Blick sprechen die Zahlen dagegen: Laut einem AP-Bericht wählten 93% der 393 Wahlkreise mit der höchsten COVID-19-Infektionsrate mehrheitlich pro Trump.
Eine aktuelles IZA-Forschungspapier von Leonardo Baccini, Abel Brodeur und Stephen Weymouth liefert nun eine vertiefende Analyse. Die Forscher berücksichtigen mittels verschiedener statistischer Methoden den Umstand, dass sich die politische Einstellung sowohl auf die Wahlentscheidung als auch auf Verhaltensweisen auswirkt, die das Infektionsgeschehen beeinflussen.
Verluste gegenüber 2016
Insgesamt lässt sich auf diese Weise ein negativer Effekt der COVID-19-Fälle auf Trumps Abschneiden im Vergleich zur Präsidentschaftswahl 2016 nachweisen. Konservativen Schätzungen der Autoren zufolge verringerte sich Trumps Stimmenanteil durch zusätzliche 100 Corona-Fälle pro 10.000 Einwohner um 0,13 Prozentpunkte im Vergleich zu anderen Wahlkreisen im gleichen Bundesstaat. Hochgerechnet bedeutet das: Bei fünf Prozent weniger COVID-19-Fällen hätte Trump die Wahl wahrscheinlich gewonnen.
Die detaillierte Auswertung zeigt besonders starke Effekte von COVID-19 in Ballungsräumen, entscheidenden Swing States und Bundesstaaten, die Trump 2016 gewinnen konnte. Auf die Anzahl der in den jeweiligen Wahlkreisen abgegebenen Stimmen hatte die Pandemie hingegen keine messbaren Auswirkungen.
Mögliche Erklärungsansätze
Inwieweit Trumps Corona-Politik an der Wahlurne abgestraft wurde oder sich die politischen Präferenzen angesichts der pandemiebedingten Rezession stärker in Richtung sozialer Sicherung verschoben haben, lässt sich aus den Ergebnissen nicht ablesen. Allerdings scheinen die wirtschaftlichen Krisenfolgen weniger ausschlaggebend gewesen zu sein: Die Forscher finden keine Hinweise darauf, dass Trump in Wahlbezirken mit besonders stark gestiegener Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich schlecht abgeschnitten hätte.