Die Sozialisierung der Eltern spielt für die Entwicklung ihrer Kinder eine erhebliche Rolle. Auch politische Präferenzen werden oft von den Eltern an die Kinder übertragen. Doch gilt dies auch für rechtsextreme und tendenziell ausländerfeindliche Ansichten?
Ein aktuelles IZA-Diskussionspapier von Alexandra Avdeenko (Universität Mannheim) und Thomas Siedler (Universität Hamburg und IZA) ist dieser Frage nachgegangen. Die Studie untersucht den Zusammenhang von rechtsextremen Parteipräferenzen und Einstellungen zur Zuwanderung zwischen Eltern und deren erwachsenen Kindern in Deutschland.
Bei den Ansichten zum Thema Zuwanderung findet die Studie in der Tat einen starken Zusammenhang zwischen den Generationen. Darüber hinaus werden rechtsextreme Parteipräferenzen der Eltern an ihre Söhne weitergeben, nicht jedoch an die Töchter.
Grundlage der Untersuchung waren Interviewdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) des DIW Berlin. Für die Untersuchung wurden die Daten seit 1990 genutzt, die jährlich erhoben werden und es den Forschern ermöglichten, die Einstellungen der Eltern mit denen ihrer Kinder über einen langen Zeitraum zu vergleichen.
Um sicherzustellen, dass die Beeinflussung von den Eltern ausgeht und nicht etwa die erwachsenen Kinder ihre Eltern beeinflussen, wurden die Einstellungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen. Ebenso wurden sozio-ökonomische und lokale Einflussfaktoren berücksichtigt.
Der Studie zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit, dass junge Erwachsene einer rechtsextremen Partei zuneigen, im Durchschnitt um sechs Prozentpunkte höher, wenn ihre Eltern es während der Kindheit der Nachkommen ebenfalls taten. Betrachtet man Töchter separat, so ist bei ihnen kein Zusammenhang mit den Präferenzen der Eltern feststellbar. Bei Söhnen jedoch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit sogar um rund 13 Prozentpunkte.
Besorgnis über Zuwanderung auch unter Töchtern
Gleichauf liegen beide Geschlechter, wenn es um die Übertragung von Sorgen über Immigration nach Deutschland geht: Bei Söhnen und Töchtern erhöht sich die Besorgnis um 27 Prozentpunkte (60 Prozent), wenn deren Eltern ebenfalls zuwanderungsskeptisch eingestellt waren.
Bei Analysen auf der Basis von Bevölkerungsbefragungen ist zu berücksichtigen, dass die Teilnehmer falsche Angaben machen können und ihre wahren Ansichten verschleiern. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um extreme Positionen handelt. Um diesem Problem zu begegnen, haben Avdeenko und Siedler die Angaben zu rechtsextremen Parteipräferenzen mit den Wahlergebnissen dieser Parteien bei Bundestagswahlen auf Kreisebene verglichen. Es zeigte sich, dass die Angaben aus den Interviews mit den Wahlergebnissen von NPD, DVU und Republikanern stark übereinstimmen.
Die Forscher berücksichtigen eine Reihe an beobachtbaren Einflussfaktoren, etwa Einkommen, Bildungsstand und Arbeitslosigkeit der Eltern, aber auch die Stärke der rechtsextremen Parteien im jeweiligen Wahlkreis, in dem das Kind aufgewachsen ist. Allerdings heben die Ökonomen hervor, dass sie keine kausalen Effekte feststellen, sondern lediglich „intergenerationale Korrelationen“. Andere Faktoren, die sich anhand der Daten nicht bewerten lassen, könnten das Weiterreichen der Einstellungen ebenfalls beeinflussen.
Auch ein anderes Phänomen bleibt unerklärt: Geschlechterunterschiede bei der intergenerationalen Weitergabe von parteipolitischen Präferenzen waren nur im rechtsextremen Bereich zu beobachten. Bei anderen Parteien sind ähnliche Unterschiede zwischen der Beeinflussbarkeit von Töchtern und Söhnen nicht festzustellen.