„Der mediale Hype um Schlagworte wie künstliche Intelligenz, selbstlernende Maschinen, Disruption und Blockchain weckt Bedrohungsängste, gegen die simple Fakten offenbar nicht mehr ankommen. Während die seit Jahrzehnten fortschreitende Digitalisierung den Menschen angeblich überflüssig macht, stellt die Wirtschaft einen Beschäftigungsrekord nach dem anderen auf, und Unternehmen suchen händeringend nach Fachkräften. Absurder könnte es kaum sein“, meint IZA-Chef Hilmar Schneider, der heute die Abschlussrede der Konferenz „Future of Work in Industry“ im Rahmen der Hannover Messe hält.
Auch der niederländische Ökonom Wim Naudé kommt in einem aktuellen IZA-Forschungspapier zu dem Schluss, dass das Jobvernichtungspotenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) überbewertet wird. Seine Auswertung des internationalen Forschungsstands zum Thema ergab:
- Die Methodik zur Berechnung potenzieller Jobverluste ist stark abhängig von den dafür zu treffenden Annahmen.
- Automatisierung wirkt sich eher auf einzelne Tätigkeitsprofile aus, weniger auf ganze Berufsfelder.
- Die Debatte konzentriert sich einseitig auf die Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit – dabei schafft Automatisierung sogar mehr neue Jobs als sie zerstört.
- KI breitet sich – außerhalb der Welt der Technologie-Giganten – deutlich langsamer aus als häufig dargestellt.
- Auch das Innovationstempo im Bereich KI geht zurück, weil es dazu komplementärer Innovationen und Investitionen bedarf.
Naudé sieht daher keine wissenschaftliche Grundlage für die derzeit kursierenden Untergangsszenarien. Allerdings weist er auch auf diverse Herausforderungen aus ökonomischer und politischer Sicht hin, insbesondere die Notwendigkeit einer geeigneten Regulierung von Daten und Algorithmen, damit KI nicht dem Missbrauch von Marktmacht gegenüber Wettbewerbern, Verbrauchern und Arbeitnehmern Vorschub leistet.