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IZA Newsroom

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Mark Fallak

Mitbestimmung im Aufsichtsrat fördert Investitionen

December 13, 2019 by Mark Fallak

Investitionsentscheidungen hängen von zahlreichen Faktoren wie Absatzerwartungen, Zinsniveau oder steuerlichen Aspekten ab. In einem aktuellen IZA-Forschungspapier weisen Simon Jäger, Benjamin Schoefer und Jörg Heining empirisch nach, dass Firmen mehr investieren, wenn Beschäftigte im Aufsichtsrat mitreden.

Für ihre Analyse nutzen die Forscher eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 1994, seit der die Verpflichtung für Aktiengesellschaften, ein Drittel der Aufsichtsratssitze mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen, nur noch für Unternehmen ab 500 Beschäftigten greift. Ausgenommen waren Unternehmen mit Gründungsdatum vor dem 10. August 1994, für die die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer weiterhin galt.

Um den Effekt der Aufsichtsratsmitbestimmung zu isolieren, verglichen die Ökonomen die Entwicklung von Unternehmen, die kurz vor bzw. nach diesem Stichtag gegründet worden waren.

Die Auswertung verschiedener Unternehmensdatenbanken und von IAB-Daten zeigt zunächst, dass die Mitbestimmungsregelung keinen messbaren Einfluss auf die Betriebsgröße oder die Überlebenswahrscheinlichkeit von Firmen hat, wohl aber den Frauenanteil im Aufsichtsrat tendenziell fördert.

Mehr Investitionen ohne Personalabbau

Der zentrale Befund bezieht sich auf die Investitionsentscheidungen: Der Kapitalstock – also der Bestand an Gebäuden, Maschinen, Patenten oder Marken – schrumpft durch Mitbestimmung nicht etwa, wie von gängigen Theorien vorhergesagt, sondern er wächst im Gegenteil sogar um 30 bis 50 Prozent.

Die Beschäftigung scheint darunter nicht zu leiden: Laut Studie konzentrieren sich mitbestimmte Unternehmen auf kapitalintensive Produktionstechnologien, ohne dabei Jobs abzubauen. Auch kommt es offenbar nicht vermehrt zu Outsourcing. Vielmehr steigt der Anteil der unternehmensinternen Wertschöpfung sogar um 12 bis 13 Prozentpunkte.

Das Qualifikationsniveau erhöht sich insgesamt, während der Anteil ungelernter Arbeitnehmer zurückgeht. Auf das Lohnniveau scheint sich Mitbestimmung ebenso wenig auszuwirken wie auf die Rendite. Die Kreditkosten sinken, was den Autoren zufolge daran liegen könnte, dass Arbeitnehmervertreter sich für weniger riskante Investitionsprojekte einsetzen.

Verbesserter Informationsaustausch baut Vertrauen auf

Den Forschern zufolge lässt sich ein Großteil der gemessenen Effekte mit verbesserten Informationsflüssen in mitbestimmten Unternehmen erklären. Da der Vorstand gesetzlich zur regelmäßigen Berichterstattung an den Aufsichtsrat verpflichtet sei, bleibe die Arbeitnehmerseite über die geschäftliche Entwicklung stets auf dem Laufenden.

Umgekehrt könnten die Arbeitnehmervertreter dem Management die Bedürfnisse der Belegschaft näherbringen. Dadurch könne Vertrauen aufgebaut werden, das zu kooperativen und langfristigen Arbeitsbeziehungen beitrage, was wiederum Investitionen attraktiver mache.

Lesen Sie hier eine ausführlichere Zusammenfassung (englisch).

Filed Under: Research Tagged With: capital, codetermination, corporate boards, investment, labor, unions

Neue Erkenntnisse zur Verbreitung von Werkverträgen

December 11, 2019 by Mark Fallak

Werkverträge und andere Formen des „Outsourcings“ betrieblicher Prozesse sind kein neues Phänomen, geraten jedoch nicht zuletzt durch die wachsende Bedeutung der „Gig Economy“ zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Arbeitsmarktdebatte durch die Erschließung und Auswertung neuer Daten zu fundieren, zählt zu den Kernaufgaben des IZA-Programmbereichs „Arbeitsmarkt-Statistik“, der sich in seinem diesjährigen Workshop dem Schwerpunktthema „Contract Work“ widmete.

Plattformarbeit oft als Nebenverdienst

Zu den insgesamt 16 Präsentationen zählte eine von Andrew Garin vorgestellte Studie, die auf Basis von US-Steuerdaten eine Zunahme der Plattformarbeit um zwei Prozentpunkte (gemessen am Anteil aller Steuerpflichtigen) zwischen 2000 und 2016 ermittelt, wobei die Hälfte des Anstiegs auf die Jahre seit 2013 entfällt. Die überwiegende Mehrheit der in diesem Bereich Beschäftigten ist jedoch nicht als selbstständig gemeldet, sondern bessert mit „Gigs“ ein bestehendes Lohneinkommen auf.

Junge Unternehmen nutzen häufiger Werkverträge

Kyung Min Lee präsentierte Ergebnisse einer jährlichen Arbeitgebererhebung in den USA, nach der 30% der Unternehmen von Werkverträgen Gebrauch machen. Der Anteil am betrieblichen Arbeitsvolumen, gemessen in Vollzeitäquivalenten, beträgt im Durchschnitt 14%. Werkverträge kommen häufig in neu gegründeten Unternehmen zum Einsatz, vor allem in der Produkt- und Technologieentwicklung, seltener im Personalwesen oder für Managementaufgaben.

Arbeitnehmerrechte gefährdet

In seinem Keynote-Vortrag ging David Weil (Brandeis University), Autor von The Fissured Workplace, auf die Gefahren eines „zersplitternden“ Arbeitsmarkts ein. Viele Arbeitnehmerrechte, die für das klassische Normalarbeitsverhältnis konzipiert worden seien, würden durch den zunehmenden Einsatz von Subunternehmern und selbstständigen Auftragnehmern ausgehebelt.

Weitere Präsentationen sind dem Workshop-Programm zu entnehmen.

Filed Under: IZA News Tagged With: contract work, labor statistics

Besteuerung von Milliardären in den USA

December 2, 2019 by Mark Fallak

Potenzielle Steuerflucht ist ein klassisches Argument gegen eine höhere Besteuerung von Superreichen. Neue Erkenntnisse dazu liefern Enrico Moretti und Daniel J. Wilson in einem aktuellen IZA-Forschungspapier. Die Ökonomen untersuchen, inwieweit eine höhere Nachlasssteuer die 400 reichsten Amerikaner zum Umzug in einen anderen Bundesstaat bewegt – und was das für die Steuereinnahmen bedeutet.

In den USA gibt es bei der Besteuerung von Einkommen und Vermögen teils große Unterschiede auf Ebene der Bundesstaaten. Das gilt auch für die Nachlasssteuer („estate tax“), die vor der Aufteilung der Erbmasse auf die Erben fällig wird. Die Forscher nutzten für ihre Studie den Umstand, dass im Jahr 2001 eine bundesweit einheitliche Regelung abgeschafft wurde und die tatsächliche Steuerlast auf den Nachlass seither vom Wohnsitz abhängt.

Die Analyse auf Basis von Forbes-Daten der Jahre 1981 bis 2017 zeigt, dass etwa jeder dritte Superreiche aufgrund der Reform in einen anderen Bundesstaat umzog. Die Autoren attestieren Milliardären daher eine „hohe geografische Sensibilität“ gegenüber den Steuersätzen. Auffällig ist, dass die Wahrscheinlichkeit, den Wohnsitz in einen Staat ohne Nachlasssteuer zu verlegen, mit höherem Alter zunimmt.

Nachlasssteuer rechnet sich

Für viele Bundesstaaten ist die Nachlasssteuer eine einträgliche Einnahmequelle: Innerhalb von drei Jahren nach dem Tod eines Milliardärs spült die Steuer im Schnitt rund 165 Millionen Dollar in die Staatskasse. Andererseits gehen damit entgangene Einnahmen aus der Einkommensteuer einher, wenn Superreiche dem Bundesstaat im Laufe ihres Lebens den Rücken kehren.

Unterm Strich bleibt dennoch ein Plus: Nach den Berechnungen der Autoren würden fast alle Bundesstaaten, die derzeit keine Nachlasssteuer erheben, von der Einführung profitieren. Einzige Ausnahme ist Kalifornien, wo der Spitzensatz bei der Einkommensteuer so hoch liegt, dass die Abwanderung von Superreichen einen größeren Verlust bedeuten würde.

Die Autoren betonen allerdings, dass sich ihre Schätzungen nur auf die direkten Steuereinnahmen beziehen. Inwieweit es durch Abwanderungsbewegungen der Milliardäre auch zur Verlagerung von Unternehmen, Investitionen oder Spenden für wohltätige Zwecke kommt, lässt sich aus den Daten nicht ablesen.

Filed Under: Research Tagged With: billionaires, cost-benefit analysis, estate tax, income tax, mobility, revenue, taxation, wealth

Wie Erdbeben die Einstellungen zu Umverteilung beeinflussen

November 27, 2019 by Mark Fallak

Die Einstellungen der Menschen zu Umverteilungsfragen hängen davon ab, worin sie die Ursachen sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit sehen. Wer individuellen Erfolg primär als Resultat eigener Anstrengungen sieht, wird Umverteilung eher skeptisch beurteilen. Wer hingegen davon ausgeht, dass glückliche äußere Umstände maßgeblich für persönlichen Wohlstand sind, dürfte Umverteilungsmaßnahmen eher befürworten.

Natürliches „Experiment“

Dass sich die Einstellungen zur Umverteilung durch „externe Schocks“ verändern können, belegen die italienischen Ökonomen Giovanni Gualtieri, Marcella Nicolini und Fabio Sabatini in einem aktuellen IZA-Forschungspapier am Beispiel einer Erdbebenserie in Mittelitalien. Einem ersten starken Beben in der Abruzzen-Stadt L’Aquila am 6. April 2009 folgten Dutzende von Nachbeben, von denen sieben eine ähnlich zerstörerische Wirkung hatten wie das erste.

Die Autoren analysierten Umfragedaten zu individuellen Meinungen und Überzeugungen zwei Jahre nach den Beben. Anhand von detaillierten Daten zur sogenannten Spitzenbodenbeschleunigung (PGA, Peak ground acceleration) konnten sie ermitteln, in welchem Ausmaß die jeweiligen Befragten den Erdbeben ausgesetzt waren.

Dabei fanden die Forscher einen direkten Zusammenhang zwischen der Intensität der registrierten Erschütterungen und der Überzeugung, dass Ungleichheiten in der Gesellschaft durch staatliche Umverteilung ausgeglichen werden sollten. Zu einer signifikanten Veränderung der sozialen Präferenzen kam es zwar erst nach mehrfachen „Schock-Erfahrungen“ dieser Art, doch die Größenordnung des Effekts ist durchaus bemerkenswert: Statistisch entspricht er etwa dem Einfluss der politischen Orientierung auf die Umverteilungspräferenzen.

Erheblicher Effekt

Den Autoren zufolge könne ein besseres Verständnis der Motive für Umverteilungsforderungen dazu beitragen, dem Erstarken des Populismus wirksamer zu begegnen. Nach ihrer Einschätzung sprechen die Ergebnisse der Studie dafür, dass Forderungen nach mehr Umverteilung nicht nur durch Eigennutz, sondern durch ernsthafte Zweifel an gesellschaftlicher Fairness getrieben sind.

Filed Under: Research Tagged With: inequality, Italy, natural experiment, redistribution

Verhaltensökonomische Ansätze zur Bekämpfung von Schlafmangel

November 20, 2019 by Mark Fallak

Chronischer Schlafmangel ist in der modernen Informationsgesellschaft zur Volkskrankheit geworden, mit potenziell weitreichenden Folgen für Gesundheit, Bildung und Arbeitsmarkt. Zwar existieren zahlreiche ökonomische Studien zu den Effekten von Schlafmangel etwa auf die kognitive Leistungsfähigkeit oder die Arbeitsproduktivität. Welche Verhaltensmechanismen die Schlafgewohnheiten beeinflussen, ist bislang jedoch kaum erforscht.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Mallory Avery, Osea Giuntella und Peiran Jiao liefert neue Erkenntnisse der experimentellen Wirtschaftsforschung zu den Persönlichkeitsmerkmalen, die Schlafmangel befördern, und zu möglichen Instrumenten, mit denen sich Abhilfe schaffen lässt.

Für ihr Feldexperiment rekrutierten die Forscher 319 Versuchsteilnehmer an den Universitäten Oxford und Pittsburgh. Die Probanden erhielten Fitnesstracker zur Aufzeichnung von Schlafphasen, körperlicher Aktivität und Herzfrequenz über einen Zeitraum von acht Wochen. Zudem mussten sie Tagebuch über ihre Aktivitäten führen.

Selbstgesteckte Ziele

Die Teilnehmer sollten ihr eigenes Schlafverhalten einschätzen und konnten sich ein persönliches Wochenziel setzen, um Dauer und Regelmäßigkeit ihres Schlafs zu verbessern. Erhielten sie für das Erreichen ihres selbstgesteckten Ziels eine monetäre Belohnung, kamen sie mit 19% höherer Wahrscheinlichkeit auf die empfohlene Schlafdauer von sieben bis neun Stunden. Die Wahrscheinlichkeit, weniger als sechs Stunden zu schlafen, reduzierte sich um 23%. Dieser Effekt lag selbst mehrere Wochen nach Auslaufen der Anreize noch bei 16%.

Zudem schliefen die Probanden regelmäßiger. Die Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich auch die körperliche Gesundheit und die universitären Leistungen der Teilnehmer verbesserten.

Weniger Bildschirmzeit

Den Tagebucheinträgen zufolge ging das höhere Schlafpensum nicht auf Kosten von Lernpensum, Arbeitszeit, Körperpflege, Sport oder Sozialleben. Vielmehr reduzierte sich in erster Linie die am Fernseher, Computer oder Smartphone verbrachte Freizeit. Bei den Versuchsteilnehmern mit finanziellen Anreizen ging die Bildschirmzeit nach 20 Uhr, die als schädlich für die Schlafqualität gilt, um 48% zurück.

Aus Befragungen zu den Zeit- und Risikopräferenzen konnten die Forscher ermitteln, welche Formen der „kognitiven Verzerrung“ die Schlafgewohnheiten beeinflussen. Zum einen neigen Menschen mit einem Hang zur Selbstüberschätzung dazu, ihr Schlafverhalten zu optimistisch einzuschätzen und sich zu hohe Ziele zu stecken.

Darüber hinaus sorgt der sogenannte „Present Bias“ – die stärkere Fokussierung auf die Gegenwart als auf die Zukunft – dafür, dass gute Vorsätze nicht eingehalten werden. Gerade Menschen mit diesen Merkmalen helfen Anreize zur verbindlichen Selbstverpflichtung, ihre Schlafgewohnheiten zu verbessern, schlussfolgern die Autoren.

Lesen Sie eine ausführlichere Zusammenfassung in englischer Sprache.

Filed Under: Research Tagged With: behavior, commitment, field experiment, habits, overconfidence, self-control, sleep

Luftbelastung durch Straßenverkehr beeinträchtigt den schulischen Erfolg

November 15, 2019 by Mark Fallak

In den USA besuchen mehr als 6,4 Millionen Kinder und Jugendliche eine Schule, die weniger als 250 Meter von einer stark befahrenen Straße entfernt liegt. Aufgrund der geringeren Grundstückspreise werden auch neue Schulgebäude häufig in unmittelbarer Highway-Nähe errichtet. Zwar sind die Auswirkungen der Luftqualität auf die kognitive Leistungsfähigkeit inzwischen durch zahlreiche Studien belegt, doch mangelt es noch an belastbaren Erkenntnissen zu den Langzeitfolgen von Autoabgasen auf den Bildungserfolg.

Die empirische Herausforderung besteht darin, einen kausalen Zusammenhang zwischen schlechter Luft und schlechten Noten nachzuweisen, indem andere Einflussfaktoren wie beispielsweise die sozioökonomischen Unterschiede im Einzugsgebiet der jeweiligen Schulen herausgerechnet werden.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Jennifer Heissel, Claudia Persico und David Simon nutzt daher einen innovativen methodischen Ansatz: Die Forscher verfolgten die Entwicklung von Schülern in Florida beim Wechsel auf eine vom Schulbezirk festgelegte weiterführende Schule. Für jede Schule ermittelten die Autoren nicht nur die Entfernung zur nächsten Hauptverkehrsstraße (siehe Skizze rechts), sondern auch die vorherrschende Windrichtung, um Unterschiede in der Luftbelastung benachbarter Schulen je nach geografischer Lage zum Highway zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse zeigen: Wechselten Schüler auf eine Schule mit einer aufgrund der Windrichtung höheren Schadstoffbelastung (siehe Grafik unten, „to downwind“), verschlechterten sich ihre Prüfungsleistungen in Relation zu Schülern, die auf eine geringer belastete Schule wechselten („to upwind“). Zudem zeigten sie eher Verhaltensauffälligkeiten (gemessen an der Zahl der Verweise) und fehlten häufiger.

Die Autoren plädieren daher dafür, bei der Standortwahl für neue Schulen die potenzielle Schadstoffbelastung der Luft stärker als bisher zu berücksichtigen. Außerdem weisen sie darauf hin, dass das Mikroklima selbst innerhalb des gleichen Stadtgebiets die Ungleichheit beim Bildungserfolg verschärfen könne.

Filed Under: Research Tagged With: absences, academic performance, education, pollution, school, test scores

Auswirkungen des Kopftuchverbots an französischen Schulen

November 14, 2019 by Mark Fallak

Die Grenzen individueller Freiheit werden in vielen säkularen Gesellschaften kontrovers diskutiert, wenn es um das Tragen religiöser Symbole im öffentlichen Raum geht. In Frankreich, wo das Prinzip des Laizismus traditionell eine besonders strikte Trennung von Staat und Religion vorsieht, können öffentliche Schulen seit 1994 auf Betreiben des damaligen Bildungsministers ihren Schülerinnen das Tragen muslimischer Kopftücher verbieten. Seit 2004 ist ein generelles Verbot „deutlich sichtbarer religiöser Zeichen in Schulen“ zudem gesetzlich verankert.

Kritiker befürchteten, dass muslimische Mädchen sich dadurch genötigt sehen könnten, der Schule ganz fernzubleiben oder sie vorzeitig zu verlassen, was den Bemühungen um mehr Integration und Chancengleichheit zuwiderlaufen würde. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Eric Maurin und Nicolas Navarrete spricht jedoch dafür, dass das Verbot vielmehr eine „befreiende“ Wirkung hatte, die den Bildungserfolg muslimischer Schülerinnen steigerte.

Da muslimische Kopftücher meist ab Beginn der Pubertät getragen werden, betraf das Verbot von 1994 in erster Linie die Geburtenjahrgänge nach 1980. Die Forscher werteten daher die Schulabschlussquoten muslimischer und nicht-muslimischer Schülerinnen und Schüler der betreffenden Jahrgänge aus (siehe Grafik), wobei sie Wohnort und andere mögliche Einflussfaktoren berücksichtigten.

Die Analyse zeigt, dass die Lücke zwischen muslimischen und nicht-muslimischen Mädchen beim Baccalauréat-Abschluss (vergleichbar mit dem Abitur) im relevanten Zeitraum deutlich geschrumpft ist, während bei Jungen keine parallele Entwicklung erkennbar ist. Daraus schließen die Autoren, dass das Kopftuchverbot einen direkten Beitrag zu mehr Chancengleichheit im Bildungssystem geleistet hat.

Allerdings stellen die Forscher auch fest, dass die spätere Verschärfung der gesetzlichen Regelungen keine zusätzlichen positiven Effekte entfaltet hat. Zudem betonen sie, dass sich die Ergebnisse nicht notwendigerweise auf andere Staaten übertragen lassen.

Filed Under: Research Tagged With: education, freedom, Islam, public schools, religion, veil

Ökonomische Ursachen und Folgen von Massenschießereien in den USA

November 6, 2019 by Mark Fallak

In den Jahren 2000 bis 2015 gab es in den USA rund 175 Massenschießereien mit insgesamt über 900 Toten und Tausenden Verletzten. Als „Mass Shootings“ gelten nicht nur Amokläufe, sondern alle Schusswaffendelikte (ohne Gang-Kriminalität), bei denen mindestens vier Menschen außer dem Täter ums Leben kamen. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Abel Brodeur und Hasin Yousaf liefert nun erstmals eine umfassende Analyse der sozioökonomischen Hintergründe der Täter sowie der wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Städte und Gemeinden.

Der Studie zufolge hatten die Täter überdurchschnittlich häufig keinen Schulabschluss; 40 Prozent von ihnen waren zum Tatzeitpunkt in finanziellen Schwierigkeiten und 45 Prozent ohne Job. Die wirtschaftliche Lage spiele daher eine nicht zu unterschätzende Rolle, auch wenn psychische Störungen oder soziale Ausgrenzung oft ausschlaggebend für die Taten seien, so die Autoren. Nach ihrer Einschätzung könnten gezieltere Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration gerade solcher Risikogruppen hilfreich sein.

Effekte auf die lokalen Arbeitsmärkte

Unter den Folgen der Mass Shootings leiden nicht nur die Opfer und ihre Angehörigen, sondern häufig die gesamte Stadt oder Gemeinde. Das können die Autoren an konkreten Zahlen festmachen: Auf den lokalen Arbeitsmärkten gingen Beschäftigung und Einkommen infolge der Taten um zwei Prozent zurück; die Häuserpreise sanken um 2,5 Prozent. Um zu belegen, dass es sich dabei um einen kausalen Zusammenhang und nicht um eine bloße Korrelation handelt, verglichen die Forscher die betroffenen Gebiete mit ähnlichen Landkreisen, in denen versuchte Massenschießereien scheiterten.

Die Studie liefert Anhaltspunkte dafür, dass eine Zunahme psychischer Erkrankungen aufgrund der Taten zu vermehrten Fehlzeiten und Produktivitätsrückgängen beigetragen haben könnten. Zudem blickten die Menschen in den betroffenen Gegenden im Schnitt pessimistischer in die Zukunft. Die Effekte hielten noch mehrere Jahre nach den Taten an. Darüber hinaus zeigen die Forscher, dass eine breite mediale Berichterstattung über die Taten die negativen Folgen für die lokalen Arbeitsmärkte verstärkt.

Filed Under: Research Tagged With: crime, distress, education, unemployment

Warum die Polizei in Deutschland zu Recht hohes Vertrauen genießt

November 5, 2019 by Mark Fallak

In Deutschland vertrauen etwa 82 Prozent der Bürger der Polizei – das sind 11 Prozentpunkte mehr als in anderen europäischen Ländern. Aber sind Polizisten tatsächlich vertrauenswürdiger als der Bevölkerungsdurchschnitt? Dieser Frage geht ein IZA-Forschungspapier der Frankfurter Wirtschaftsprofessoren Guido Friebel und Michael Kosfeld gemeinsam mit Gerd Thielmann von der Deutschen Hochschule der Polizei nach. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift American Economic Journal: Microeconomics erschienen.

Beschäftigte im öffentlichen Dienst tragen eine hohe Verantwortung gegenüber den Bürgern. Doch nicht immer lassen sich die persönlichen Interessen der Amtsträger mit denen des Staats und der Bürger vollständig in Einklang bringen. Deshalb ist der Missbrauch von Autorität in vielen Ländern ein Problem, das dem Image der Polizei schadet.

Da sich Vertrauenswürdigkeit nur bedingt in der Ausbildung vermitteln lässt, kommt es entscheidend darauf an, dass sich von vornherein Bewerber mit der „richtigen“ Motivation für den Polizeidienst bewerben – also Personen mit Persönlichkeitsmerkmalen, die mit Vertrauen assoziiert werden.

Experimente zu Vertrauen, Belohnung und Bestrafung

Um herauszufinden, ob eine solche „Selbstselektion“ tatsächlich stattfindet, führten die Forscher Verhaltensexperimente mit Polizeibewerbern durch, in denen es um Vertrauen, Kooperation sowie Belohnung und Bestrafung ging. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Probanden – im Vergleich zu gleichaltrigen Abiturienten, die sich nicht beworben hatten – vertrauenswürdiger verhielten. Auch investierten sie mehr Ressourcen, um Kooperation zu belohnen und Vertrauensmissbrauch zu bestrafen. Darüber hinaus waren die Polizeibewerber im Schnitt risikotoleranter und agierten proaktiver.

Demnach scheint es der Polizei in Deutschland tendenziell zu gelingen, Bewerber mit den erwünschten Charakteristika zu gewinnen. Nach Einschätzung der Autoren könnte auch die zunehmende Akademisierung des Polizeidienstes dazu beigetragen haben, dass die deutsche Polizei ein im internationalen Vergleich hohes Vertrauen genießt. In den an der Studie beteiligten Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz ist ein dreijähriges Bachelor-Studium inzwischen fester Bestandteil der Polizeiausbildung.

Filed Under: Research Tagged With: behavior, cooperation, experiment, norm enforcement, policy, punishment, Trust

Wie (nicht-)kognitive Fähigkeiten den Arbeitsmarkterfolg beeinflussen

November 1, 2019 by Mark Fallak

Die Bedeutung von Humankapital – dazu zählen kognitive ebenso wie nicht-kognitive Fähigkeiten – für den Arbeitsmarkterfolg ist inzwischen umfassend erforscht. Relativ wenig ist jedoch darüber bekannt, wie sich politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen auf die Entwicklung von Fähigkeiten und Präferenzen auswirken. Arbeitsmarktforscher aus aller Welt trafen sich daher zum 3. IZA/HSE-Workshop in St. Petersburg, um Erkenntnisse aus den Umbrüchen in den ehemaligen Planwirtschaften Osteuropas und aus anderen Schwellenländern zu diskutieren.

So nutzten Anna Kochanova (Cardiff University) und Maryam Nagsh Nejad (University of Technology, Sydney & IZA) den Zusammenbruch der Sowjetunion als „natürliches Experiment“ und verglichen die Big-Five-Persönlichkeitsmerkmale von in der Wendezeit geborenen Kindern aus Armenien, Georgien und der Ukraine mit älteren Landsleuten sowie mit Gleichaltrigen aus anderen Schwellenländern. Dabei zeigte sich, dass Menschen, die nie unter einem kommunistischen Regime gelebt haben, im Schnitt extrovertierter, offener und verträglicher sind – was potenziell deren Arbeitsmarkterfolg fördert und damit auch der Gesamtwirtschaft zugutekommt.

Eine weitere Studie beschäftigte sich mit der traditionellen Bevorzugung von Söhnen, die in vielen Gesellschaftsstrukturen gerade in Entwicklungsländern verankert ist. Inwieweit darunter die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten von Mädchen leiden, ermittelten Cara Ebert (RWI Essen) und Sebastian Vollmer (Universität Göttingen) mithilfe eines innovativen methodischen Ansatzes am Beispiel von Indien. Die Benachteiligung von Mädchen fällt demnach umso größer aus, je später die Kinder geboren sind und je weniger Söhne die Familie hat.

In seiner Keynote-Rede zum Thema „Digitalisierung und Zukunft der Arbeit“ warnte IZA-Chef Hilmar Schneider vor den aktuell zirkulierenden Untergangsszenarien: Die meisten Studien, die der Digitalisierung ein hohes Jobvernichtungspotenzial attestierten, klammerten die parallel dazu erfolgende Schaffung neuer Arbeitsplätze, Branchen und Geschäftsmodelle völlig aus, so Schneider. Die Digitalisierung biete den Menschen in vielen Bereichen die Chance, repetitive und unangenehme Tätigkeiten den Maschinen zu überlassen und sich auf menschliche Fähigkeiten zu konzentrieren, mit denen Computer oder Roboter nicht konkurrieren können.

Weitere präsentierte Arbeiten sind dem Programm zu entnehmen.

Filed Under: IZA News Tagged With: emerging economies, preferences, skills, transition

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