• Skip to primary navigation
  • Skip to content
  • Skip to primary sidebar

IZA Newsroom

IZA – Institute of Labor Economics

  • Home
  • Archiv
  • Presselounge
  • DE
  • EN

Mark Fallak

Kann KI den Peer Review ersetzen?

February 7, 2025 by Mark Fallak

Die Begutachtung eingereichter Studien durch Fachkolleginnen und -kollegen („Peer Review“) ist ein zentraler Bestandteil des wissenschaftlichen Publikationsprozesses in Fachzeitschriften. Dieses Verfahren sorgt nicht nur bei Einreichenden häufig für Frustration, sondern auch bei Begutachtenden, für die es eine unbezahlte und oft aufwändige Zusatzaufgabe darstellt. Zwar wird Peer Review als akademische Pflicht angesehen und kann indirekt durch Prestige oder Netzwerkeffekte von Vorteil sein, doch die fehlende direkte Honorierung macht es zunehmend unattraktiv. Entsprechend wird es immer schwieriger, geeignete Reviewer zu finden, und der Begutachtungsprozess zieht sich oft über viele Monate hin.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier untersuchen Pat Pataranutaporn, Nattavudh Powdthavee, and Pattie Maes untersucht, inwieweit Künstliche Intelligenz (KI) diesen Prozess effizienter machen kann. Die Forschenden führten ein groß angelegtes Experiment mit 9.030 eingereichten Manuskripten durch. Diese Arbeiten basierten auf 30 bereits veröffentlichten wirtschaftswissenschaftlichen Studien – darunter Arbeiten aus führenden Fachzeitschriften, mittelklassige und weniger renommierte Publikationen sowie KI-generierte Texte, die qualitativ an Spitzenforschung heranreichen sollten. Zudem wurde systematisch variiert, welche Autorennamen und institutionellen Zugehörigkeiten den KI-Gutachtern angezeigt wurden.

Die Ergebnisse zeigen, dass KI grundsätzlich in der Lage ist, zwischen wissenschaftlich hochwertigen und weniger hochwertigen Studien zu unterscheiden. Das könnte helfen, die Arbeitslast für menschliche Gutachter zu reduzieren. Doch es zeigen sich auch massive Probleme: Die KI bewertet Arbeiten von bekannten Forschenden, angesehenen Universitäten und männlichen Autoren systematisch besser – selbst wenn die eigentliche Forschungsqualität gleich ist. Zudem fällt es der KI schwer, echte Spitzenforschung von gut gemachten KI-generierten Arbeiten zu unterscheiden.

Die Studie plädiert deshalb für ein hybrides Begutachtungssystem, in dem KI unterstützend eingesetzt wird, die endgültigen Entscheidungen aber bei menschlichen Fachleuten bleiben. Um Verzerrungen zu vermeiden, sollten KI-Modelle mit anonymisierten Daten trainiert und Bewertungskriterien angepasst werden. KI kann also den Begutachtungsprozess durchaus effizienter machen – allerdings nur, wenn sie gezielt integriert wird, ohne Fairness und wissenschaftliche Integrität zu gefährden.

Filed Under: Research Tagged With: AI, artificial intelligence, bias, peer review

Mangelnde Chancengleichheit in der Wirtschaftswissenschaft

February 3, 2025 by Mark Fallak

Frauen und unterrepräsentierte ethnische Minderheiten stehen in der Wirtschaftswissenschaft weiterhin vor erheblichen Herausforderungen. Ein demnächst erscheinendes Handbuch-Kapitel von Karan Singhal und Eva Sierminska, vorab veröffentlicht als IZA-Diskussionspapier, beleuchtet die systemischen Barrieren und deren Auswirkungen auf die Karriereentwicklung. Trotz einiger Fortschritte bleiben diese Gruppen insbesondere in höheren akademischen und beruflichen Positionen stark unterrepräsentiert.

Die Forschung identifiziert zentrale Hindernisse, darunter bewusste und unbewusste Vorurteile sowie kulturelle und institutionelle Praktiken, die Frauen und Minderheiten benachteiligen. Diese Herausforderungen erstrecken sich über Einstellungsprozesse, Karrierenetzwerke, Forschungspartnerschaften, Publikationsmöglichkeiten und den beruflichen Aufstieg – wodurch sich die Benachteiligung im Laufe der Zeit verstärkt.

Ein großes Problem besteht darin, dass ein mangelndes „Zugehörigkeitsgefühl“ viele potenzielle Talente davon abhält, eine Karriere in den Wirtschaftswissenschaften einzuschlagen oder fortzuführen. Hinzu kommen ungleicher Zugang zu Mentoring und Ressourcen sowie unfaire Leistungsbewertungen. Der Bericht beleuchtet zudem, wie sich aktuelle Entwicklungen – darunter die COVID-19-Pandemie und die #MeToo-Bewegung – auf diese Herausforderungen ausgewirkt haben.

Dabei geht es nicht nur um Fragen der Fairness und Chancengleichheit, sondern auch um die Weiterentwicklung der Wirtschaftswissenschaft. Eine diversere Forschungsgemeinschaft bringt neue Perspektiven und innovative Ideen hervor, die zu einem besseren Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge beitragen. Die Studie stellt neben wertvollen Datenquellen auch verschiedene Initiativen vor, die ein inklusiveres Umfeld fördern – darunter Mentoring-Programme, Forschungsstipendien und Aufklärungsinitiativen.

Filed Under: Research Tagged With: economics, gender, minorities, promotion, tenure

Betriebliche Weiterbildung: Motor für Zufriedenheit und Produktivität

January 21, 2025 by Mark Fallak

Betriebliche Weiterbildung ist essenziell, um den Herausforderungen des technologischen Wandels und der wirtschaftlichen Transformation zu begegnen. Eine aktuelle Studie des IZA, basierend auf Daten des Linked Personnel Panel (LPP) und durchgeführt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), liefert wertvolle Einblicke in die Wirkung und Verbreitung von Weiterbildung in Deutschland. Insbesondere gestatten es die einzigartigen LPP-Daten, sowohl die betriebliche Perspektive als auch die Perspektive der Beschäftigten im Hinblick auf das Angebot und die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung zu betrachten.

Stärken und Schwächen im Weiterbildungsangebot

Die Studie bestätigt etablierte Erkenntnisse, zeigt aber auch dringenden Handlungsbedarf auf. Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ist die Verbreitung von Weiterbildungsangeboten geringer als in größeren Betrieben. Ältere und geringer qualifizierte Beschäftigte profitieren ebenfalls deutlich seltener von Weiterbildungsangeboten – ein Potenzial, das bislang unzureichend genutzt wird.

Dabei ist betriebliche Weiterbildung ein Schlüsselinstrument bei der Einführung neuer Technologien. So nutzten rund 80 Prozent der Betriebe, die im Jahr 2020 neue Technologien einführten, Weiterbildungs­maßnahmen, um die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden anzupassen. Dennoch fließt lediglich ein Fünftel der Weiterbildungs­budgets in die Vermittlung neuer Technologien.

Zusammenhang mit Produktivität, Zufriedenheit und Mitarbeiterbindung

Explorative Analysen verdeutlichen, dass Weiterbildung stark mit höherer Produktivität korreliert – sowohl auf betrieblicher als auch individueller Ebene. Betriebe mit umfassender Weiterbildungsförderung zahlen im Durchschnitt höhere Löhne, und produktivere Mitarbeitende erhalten häufiger Weiterbildungsangebote, die sie auch öfter wahrnehmen.

Für Beschäftigte zeigen sich zudem kurzfristig positive Effekte einer Weiterbildungsteilnahme auf ihre Arbeitszufriedenheit und ihre Bindung an das Unternehmen. Wirkungen auf ihre Arbeitsmotivation und auf ihre Entlohnung lassen sich jedoch kurzfristig nicht feststellen.

Herausforderung für die Zukunft: Potenziale besser ausschöpfen

Die Ergebnisse betonen die Notwendigkeit, Weiterbildungsangebote breiter zugänglich zu machen. Vor allem ältere und geringer qualifizierte Mitarbeitende sollten stärker einbezogen werden, um ihre Potenziale besser zu nutzen. Gleichzeitig ist der Rückgang des Weiterbildungsangebots zwischen 2012 und 2018 in vielen Betrieben alarmierend – ein Trend, der angesichts des technologischen Wandels und der wirtschaftlichen Transformation umgekehrt werden muss.

Denn betriebliche Weiterbildung wird hierbei in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen. Um ihre Wirkungen besser zu verstehen und evidenzbasierte Maßnahmen zu entwickeln, bleibt weitere Forschung notwendig. Daten wie jene des LPP sind hierfür unverzichtbar.

Filed Under: Research

Ideologie in der Migrationsforschung

January 17, 2025 by Mark Fallak

In der empirischen Forschung ist es keine Seltenheit, dass verschiedene Studien zum selben Thema völlig unterschiedliche Ergebnisse liefern. Ein prominentes Beispiel ist die Diskussion um den Mindestlohn: Während zahlreiche Studien zu dem Schluss kommen, dass ein höherer Mindestlohn Jobs gefährdet, finden andere keine negativen oder sogar positive Beschäftigungseffekte. Ähnlich uneinheitlich sind die Forschungsergebnisse zu der Frage, was Einwanderung für den sozialen Zusammenhalt bedeutet.

Diese Unterschiede entstehen nicht zufällig, sondern hängen oft von den methodischen Entscheidungen ab, die Forschende bei der Analyse treffen. Dazu zählen etwa die Auswahl der Daten, die Definition der zu untersuchenden Variablen und die gewählten statistischen Methoden. Ein weiterer, weniger sichtbarer Faktor ist die persönliche Haltung der Forschenden zur betreffenden Fragestellung. Ideologische Überzeugungen können – durchaus unabsichtlich – die Art und Weise beeinflussen, wie wissenschaftliche Studien gestaltet und interpretiert werden.

Gleiche Daten, unterschiedliche Ergebnisse

Eine aktuelles IZA-Forschungspapier von IZA-Preisträger George J. Borjas und Nate Breznau beleuchtet dieses Phänomen mithilfe eines außergewöhnlichen Experiments: 71 Forschungsteams, bestehend aus insgesamt 158 Forschenden, sollten auf Basis derselben öffentlich verfügbaren Umfragedaten dieselbe Forschungsfrage beantworten: Wie wirkt sich Einwanderung auf die öffentliche Unterstützung für den Sozialstaat aus?

Jedes Team konnte eigenständig entscheiden, wie es die Daten analysiert. Das betraf die Auswahl der untersuchten Stichproben, die Definition der relevanten Variablen und die statistischen Methoden. Insgesamt entwickelten die Teams 1.253 verschiedene Regressionsmodelle zur Analyse der Daten.

Ideologie beeinflusst Qualität der Forschung

An den Ergebnissen zeigt sich, dass die ideologischen Überzeugungen der Forscherteams eine wichtige Rolle spielten. Teams, die nach eigenen Angaben eine positive Haltung zur Einwanderung hatten, kamen häufiger zu dem Schluss, dass Einwanderung die soziale Kohäsion stärkt. Umgekehrt schätzten Teams mit einer skeptischen Haltung die Effekte negativer ein. Die Unterschiede in den Ergebnissen waren hauptsächlich auf methodische Entscheidungen zurückzuführen, wie etwa die Auswahl der analysierten Daten oder die Struktur der verwendeten Modelle.

Interessanterweise erhielten die Modelle von Teams mit extremen Positionen – sei es stark pro- oder anti-Einwanderung – schlechtere Bewertungen in der Begutachtung durch ihre Kollegen. Teams mit moderaten Ansichten erzielten hingegen höhere Qualitätsscores, was darauf hindeutet, dass sie ausgewogenere und methodisch robustere Ansätze wählten.

Herausforderungen für die Wissenschaft

Die Studie wirft auch ein Licht auf grundlegende Herausforderungen in der Forschung. Wissenschaftler stehen oft unter Zeit- und Ressourcendruck, was dazu führen kann, dass sie sich auf Ergebnisse konzentrieren, die mit ihren eigenen Überzeugungen übereinstimmen, statt zunächst alternative Modelle ausführlich zu prüfen. Diese Gefahr besteht nach Einschätzung der Studienautoren insbesondere in politikbezogener Forschung, wo die Wissenschaftler oft eine starke persönliche Motivation haben.

Der vermehrte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) könnte das Problem zusätzlich verschärfen, da die entwickelten Algorithmen und die Auswahl der Trainingsdaten Voreingenommenheiten verstärken könnten. Gleichzeitig bieten KI-Tools aber auch die Möglichkeit, ideologische Verzerrungen zu erkennen und Fehler in der Forschung aufzudecken, was die Objektivität und Glaubwürdigkeit zukünftiger Studien wiederum verbessern könnte.

Filed Under: Research Tagged With: ideological bias, immigration, social cohesion

Männer sind progressiver, als viele denken

December 24, 2024 by Mark Fallak

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Teodora Boneva, Ana Brás-Monteiro, Marta Golin und Christopher Rauh zeigt, dass Männer deutlich häufiger eine gleichberechtigte Arbeitsverteilung im Haushalt unterstützen, als es die allgemeine Wahrnehmung vermuten lässt. Basierend auf Umfragedaten von 24.000 Personen aus sechs Ländern (Deutschland, Italien, Polen, Spanien, Schweden und den USA) offenbart die Studie eine deutliche Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Präferenzen der Männer und den gesellschaftlichen Annahmen darüber.

Fehleinschätzungen und ihre Auswirkungen

Im Durchschnitt unterschätzen die Befragten den Anteil der Männer, die eine gleichberechtigte Aufgabenverteilung bevorzugen, um 26 Prozentpunkte. Besonders auffällig ist dies in Spanien: Während 84 Prozent der Männer eine gleichberechtigte Aufteilung befürworten, glauben nur 48 Prozent der Befragten, dass dies der Fall sei. Frauen neigen stärker als Männer dazu, diese Einstellungen falsch einzuschätzen, was die Wahrnehmungslücke weiter verstärkt.

Information verändert Einstellungen

Die Forschenden führten ein Experiment durch, bei dem die Teilnehmenden über den tatsächlichen Anteil der Männer informiert wurden, die eine gleichberechtigte Aufgabenverteilung befürworten. Diese Intervention veränderte nicht nur die Wahrnehmung der Teilnehmenden, sondern steigerte auch ihre eigene Bereitschaft, zu einer gerechteren Aufteilung im Haushalt beizutragen. Besonders ausgeprägt war dieser Effekt bei Männern, die zuvor die Ansichten anderer unterschätzt hatten.

Hürden auf dem Weg zur Gleichstellung

Trotz dieser positiven Entwicklungen bleiben strukturelle und soziale Barrieren bestehen, die einer faireren Verteilung entgegenstehen. Dazu zählen mangelnde Flexibilität in der Arbeitswelt, eine kulturelle Stigmatisierung von Männern mit Teilzeitstellen sowie unterschiedliche Präferenzen innerhalb von Paarbeziehungen. Die Studie betont, dass diese Hindernisse überwunden werden müssen, um langfristig Fortschritte in Richtung Gleichstellung der Geschlechter zu erzielen.

Filed Under: Research

Kita-Plätze für benachteiligte Familien: Wie sich die Chancen verbessern lassen

December 23, 2024 by Mark Fallak

Bei der Vergabe knapper Kita-Plätze gehen sozioökonomisch benachteiligte Familien überdurchschnittlich oft leer aus. Dabei würden gerade sie am meisten von qualitativ hochwertiger und zeitlich flexibler Kinderbetreuung profitieren. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Olivier De Groote und Minyoung Rho untersucht anhand von Daten einer zentralen Plattform in Belgien, wie sich die Vergabe von Kita-Plätzen effizienter und zugleich möglichst fair gestalten lässt.

In dezentralen Systemen, bei denen sich Eltern direkt bei der jeweiligen Kita bewerben müssen, scheitern benachteiligte Familien häufig an komplexen Bewerbungsprozessen oder verpassen wichtige Anmeldefristen. Verspätete Bewerbungen, die in dieser Gruppe häufiger vorkommen, mindern die Chancen auf einen Betreuungsplatz erheblich.

Hinzu kommen institutionelle Barrieren: Manche Kitas bevorzugen Familien aus der näheren Umgebung, mit stabileren Arbeitszeiten oder höherem Einkommen. Solche Kriterien benachteiligen Eltern aus einkommensschwachen Haushalten, die oft flexiblere Betreuungszeiten benötigen. Zudem leben viele benachteiligte Familien in Stadtteilen mit weniger hochwertigen Betreuungsangeboten oder in Gebieten, wo Plätze besonders knapp sind. Auch allgemeine Kapazitätsengpässe spielen eine Rolle. In einem überlasteten System haben sozioökonomisch stärkere Familien oft bessere Netzwerke, mehr Informationen und die Möglichkeit, strategisch zu handeln.

Vorteile einer zentralen Platzvergabe

Die Studie zeigt, dass zentralisierte Vergabeverfahren helfen, diese Hürden abzubauen. Sie verbessern vor allem die Erfolgsaussichten für späte Anmeldungen. Gezielte Fördermaßnahmen wie Quotenregelungen zeigen ebenfalls Wirkung, allerdings auf Kosten der privilegierteren Familien, die dann leer ausgehen oder sich von vornherein nach teureren, privaten Angeboten umschauen – was die soziale Segregation in den Kitas tendenziell verschärft.

Kostenlosen Kita-Plätzen erteilen die Forschenden eine Absage – sie seien letztlich ein Subventionsprogramm für besserverdienende Familien. Sozial ausgewogener wäre eine stärkere Staffelung der Beitragssätze nach Einkommen, doch für einkommensschwache Familien wäre der Effekt begrenzt, da sie bereits jetzt keine oder allenfalls geringe Beiträge bezahlen. Wenig überraschend daher das Fazit der Studie: Der effektivste, fairste und zugleich teuerste Ansatz wäre ein allgemeiner Ausbau hochwertiger Betreuungsangebote.

Filed Under: Research Tagged With: affirmative action, childcare, segregation

Die Minijob-Falle: Wie Mütter den Anschluss im Arbeitsmarkt verlieren

December 22, 2024 by Mark Fallak

Minijobs erscheinen vielen Müttern nach der Geburt eines Kindes als attraktive Option für den beruflichen Wiedereinstieg. Die Arbeit erfordert oft nur wenige Stunden pro Woche, und dank staatlicher Förderung entfallen Steuern und Sozialabgaben. Das bedeutet: Brutto gleich Netto. Doch was auf den ersten Blick praktisch klingt, hat langfristige Schattenseiten.

Rund 15 Prozent der Frauen in Deutschland, die vor der Geburt ihres ersten Kindes Vollzeit gearbeitet haben, entscheiden sich nach der Babypause für einen Minijob. Anders als reguläre Teilzeit- oder Vollzeitstellen bieten Minijobs allerdings oft weniger anspruchsvolle Tätigkeiten und kaum Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung. Dadurch wird die im Minijob gesammelte Arbeitserfahrung später oft als weniger wertvoll angesehen.

Langfristige Folgen für Mütter

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Matthias Collischon, Kamila Cygan-Rehm und Regina T. Riphahn zeigt, wie stark sich Minijobs negativ auf die berufliche Zukunft von Müttern auswirken. Zehn Jahre nach der Geburt ihres ersten Kindes sind Mütter, die zunächst in einen Minijob zurückgekehrt sind, fast 10 Prozentpunkte seltener in einer regulären (unsubventionierten) Beschäftigung als Mütter, die direkt wieder in reguläre Jobs eingestiegen sind.

Auch beim Einkommen hinterlassen Minijobs Spuren: Mütter, die nach der Geburt im Minijob arbeiten, verdienen langfristig deutlich weniger. Die sogenannte „Child Penalty“ – der Einkommensverlust, der durch Kinder entsteht – ist für Minijob-Mütter mindestens 10 Prozentpunkte höher als für Mütter, die in reguläre Arbeit zurückkehren.

Wenn die vermeintliche Brücke zur Sackgasse wird

Das Minijob-Programm gehört zu den größten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Deutschland. Es wurde eingeführt, um Arbeitslosen den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Doch für viele Frauen, die nach der Geburt eines Kindes ihre Arbeitszeit reduzieren, wird der Minijob zur Falle: Statt als Brücke zu regulärer Beschäftigung zu dienen, halten Minijobs sie in gering bezahlten, wenig qualifizierten Tätigkeiten gefangen.

Die langfristigen Folgen sind gravierend: Geringere Einkommen bedeuten weniger Rentenansprüche und verschärfen das Risiko von Altersarmut. Mütter sollten daher frühzeitig Alternativen zu Minijobs in Betracht ziehen und die langfristigen Auswirkungen auf Einkommen und Karrierechancen bedenken.

Filed Under: Research Tagged With: child penalty, maternal employment, Minijob, subsidized employment

Job-Bewerbungen erleichtern: Einfache Maßnahmen mit großer Wirkung

December 21, 2024 by Mark Fallak

Psychologische Hürden wie Angst vor Ablehnung oder die Überwindung, den ersten Schritt zu machen, können entscheidend dafür sein, ob sich Menschen auf Jobs bewerben – selbst wenn der Bewerbungsprozess an sich einfach und schnell ist. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Kate Vyborny, Robert Garlick, Nivedhitha Subramanian und Erica Field untersucht eine vielversprechende Möglichkeit, solche Hürden abzubauen. Die Studie nutzte eine innovative Jobplattform in Pakistan und zeigt, wie kleine Änderungen im Bewerbungsprozess das Verhalten von Jobsuchenden erheblich verbessern können.

Der Kontext der Studie

Die Forschenden rekrutierten Jobsuchende durch eine repräsentative Umfrage in über 50.000 Haushalten in Lahore. Die Teilnehmenden befanden sich in sehr unterschiedlichen Beschäftigungs- und Suchsituationen – von angestellt und aktiv suchend bis hin zu nicht erwerbstätig und inaktiv. Jeden Monat erhielten die Jobsuchenden eine SMS mit Informationen zu neuen Stellenangeboten, die zu ihren Qualifikationen und Präferenzen passten. Verbunden war damit die Einladung, das Callcenter der Plattform anzurufen, um sich zu bewerben.

Die Intervention: Ein einfacher Anruf

Ein zufällig ausgewählter Teil der Jobsuchenden erhielt nach der SMS zusätzlich einen Follow-up-Anruf. Darin wurden lediglich die Informationen aus der SMS wiederholt und erneut dazu eingeladen, sich sofort zu bewerben. Dadurch wurde der Bewerbungsprozess für diese Gruppe von einem aktiven zu einem passiveren Vorgang, ohne dass zusätzliche Details genannt wurden oder die Jobsuchenden in irgendeiner Weise zur Bewerbung gedrängt wurden.

Überraschende Ergebnisse

Die Wirkung dieses einfachen Anrufs war enorm: Die Bewerbungsrate stieg um 600 Prozent. In der Kontrollgruppe (ohne zusätzlichen Anruf) bewarben sich Jobsuchende nur auf 0,2 Prozent der Stellenangebote, die ihnen vorgeschlagen wurden. In der Gruppe, die einen Anruf erhielt, stieg diese Quote auf 1,5 Prozent. (Die insgesamt niedrigen Bewerbungsquoten liegen darin begründet, dass die Plattform bewusst ein sehr breites Spektrum an Stellen vorschlägt.)

Besonders bemerkenswert ist, dass die zusätzlichen Bewerbungen genauso erfolgreich waren wie diejenigen der Kontrollgruppe. In beiden Gruppen führten etwa sechs Prozent der Bewerbungen zu Vorstellungsgesprächen – auch für Stellen mit besseren Gehältern, mehr Sozialleistungen und kürzeren Pendelzeiten. Ob diese Einladungen letztlich zu Jobangeboten führten, konnte die Plattform jedoch nicht verfolgen.

Psychologische Barrieren als Hauptursache

Dass in vielen Fällen erst der Anruf den Ausschlag gab, obwohl der Aufwand für eine Bewerbung über die Plattform äußerst gering ist, erklären die Forschenden mit einer Reduzierung der sogenannten Aufmerksamkeitskosten: Jobsuchende mussten nicht mehr eigenständig Textnachrichten checken und Zeit einplanen, um über eine Bewerbung zu entscheiden. Außerdem lässt sich so verhindern, dass Bewerbende Fristen verstreichen lassen, und auch die Angst vor Ablehnung könnte bei „spontanen“ Bewerbungen geringer sein.

Alternative Erklärungen konnten die Forschenden ausschließen: Kosten- und Zeitaufwand waren ohnehin gering, und Maßnahmen zur weiteren Reduzierung hatten keine vergleichbare Wirkung. Zudem brachte die Intervention keine Verhaltensänderungen in anderen Aspekten – die Jobsuchenden bewarben sich nicht auf andere Jobtypen, aktualisierten ihre Lebensläufe nicht häufiger und änderten auch nicht ihre Bewertung der Plattform. Das Fazit der Studie: Schon ein kleiner Anstoß kann helfen, wenn es darum geht, den ersten Schritt zur Stellenbewerbung zu machen.

Filed Under: Research Tagged With: job search, platform, search frictions

Langzeitfolgen von Störungen im Unterricht

December 20, 2024 by Mark Fallak

Klassenzimmer sind mehr als nur Orte des Lernens – sie sind soziale Mikrokosmen, in denen die Zukunft von Schülerinnen und Schülern gestaltet wird. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Sofoklis Goulas, Silvia Griselda, Rigissa Megalokonomou und Yves Zenou zeigt jedoch auch die Schattenseiten dieses Miteinanders: Klassenkameraden, die häufig den Unterricht stören, können nicht nur das Lernen hemmen, sondern langfristig die Bildungs- und Karrierewege aller Beteiligten negativ beeinflussen.

Die Studie basiert auf Daten aus griechischen Sekundarschulen, in denen Schülerinnen und Schüler alphabetisch – entsprechend ihren Nachnamen – den Klassen zugeteilt wurden. Dieses Zufallsprinzip ermöglichte es, die Auswirkungen von Störungen losgelöst von Selektionseffekten und anderen Einflussfaktoren zu analysieren. Die individuelle Neigung, den Unterricht zu stören, wurde anhand von verhängten Ordnungsmaßnahmen wie Suspendierungen und Verweisen im Vorjahr gemessen.

Langfristige Effekte auf Bildungserfolg und Karriere

Die Ergebnisse sind alarmierend: Schülerinnen und Schüler, die nach der Grundschule in störungsanfällige Klassen versetzt wurden, schnitten in Tests schlechter ab und mussten häufiger eine Jahrgangsstufe wiederholen. Dabei sind nicht nur die Störer selbst betroffen, sondern der Lernerfolg der gesamten Klasse wird kollektiv ausgebremst.

Doch der Schaden endet nicht mit der Schulzeit. Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit vielen Unterrichtsstörungen wählen später seltener anspruchsvolle Studienfächer wie MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) oder andere wettbewerbsintensive Studiengänge mit guten beruflichen Perspektiven. Besonders anfällig sind Kinder aus einkommensschwachen Familien, wodurch bestehende Bildungsungleichheiten zusätzlich verschärft werden.

Experiment zeigt die Mechanismen

Um die Wirkungsmechanismen besser zu verstehen, führten die Forschenden ein Experiment mit über 600 Schülerinnen und Schülern durch. Dabei bewerteten die Teilnehmenden verschiedene Szenarien, in denen das Ausmaß der Störungen im Unterricht variierte. Den Ergebnissen zufolge wirken sich Störungen negativ auf Motivation, Lerneifer und Studienambitionen aus. Besonders stark zeigt sich dieser Effekt, wenn die Betroffenen unmittelbar neben störenden Mitschülern sitzen.

Die Forschenden appellieren daher an Schulen, Lehrkräfte und die Bildungspolitik, die Langzeitfolgen von Unterrichtsstörungen ernst zu nehmen. Mit gezielten Maßnahmen sollte für geordnetere und unterstützende Lernumgebungen gesorgt werden, um Chancengleichheit und Bildungserfolg für alle zu sichern.

Filed Under: Research Tagged With: classroom, disruption, graduation, peers, STEM, suspension

Räumliche Nähe zu Hochschulen beeinflusst Studienerfolg und Bildungsabschlüsse

December 19, 2024 by Mark Fallak

Die wirtschaftlichen Vorteile eines Hochschulabschlusses sind in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegen. Allerdings bestehen weiterhin deutliche Unterschiede in den Bildungsabschlüssen zwischen verschiedenen ethnischen und sozioökonomischen Gruppen – und diese haben sich in einigen Fällen sogar verschärft.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Riley Acton, Kalena E. Cortes, Lois Miller und Camila Morales beleuchtet einen entscheidenden, aber oft übersehenen Faktor: den geografischen Zugang zu Bildungseinrichtungen. Die Ergebnisse zeigen, wie die Nähe zu Hochschulen die Bildungsentscheidungen und Abschlüsse junger Menschen in den USA beeinflusst – mit negativen Folgen für unterrepräsentierte Gruppen.

Was sind „Community Colleges“ – und warum sind sie wichtig?

In den USA spielen sogenannte Community Colleges eine zentrale Rolle im Bildungssystem. Diese öffentlichen Hochschulen bieten zwei Jahre dauernde Associate Degrees (vergleichbar mit einem Fachhochschulabschluss) sowie Kurse an, die auf einen späteren Wechsel an eine Universität vorbereiten. Im Gegensatz zu Universitäten, die oft größere finanzielle und zeitliche Verpflichtungen erfordern, sind Community Colleges kostengünstiger, flexibler und oft näher am Wohnort der Studierenden gelegen. Sie dienen insbesondere einkommensschwachen und ethnischen Minderheiten als Einstieg in die Hochschulbildung und ermöglichen es vielen, später einen Bachelor-Abschluss an einer Universität zu erlangen.

Bildungswüsten: Wo Hochschulen fehlen

Die Studie untersuchte, wie sich das Leben in sogenannten „Community College Deserts“ – Gebieten ohne ein Community College in 30 Minuten Fahrdistanz – auf die Studienentscheidungen auswirkt. Mit Daten von texanischen Schulabsolvent:innen aus den Jahren 2013 bis 2017 zeigt die Analyse, dass junge Menschen in diesen Bildungswüsten erhebliche Nachteile haben. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von sechs Jahren nach dem Schulabschluss einen Associate Degree zu erwerben, sinkt für sie um 2,7 Prozentpunkte. Dieser Rückgang ist auf niedrigere Einschreibungsquoten und eine geringere Anzahl an während des Studiums erworbenen Kreditpunkten zurückzuführen.

Wer leidet am meisten unter fehlendem Zugang?

Die Auswirkungen eines begrenzten Zugangs zu Community Colleges sind stark von der ethnischen und sozioökonomischen Zugehörigkeit der Studierenden abhängig. Wohlhabendere weiße Studierende und solche asiatischer Herkunft kompensieren den Mangel an Community Colleges oft durch die direkte Einschreibung an Universitäten. Für sie bleibt Hochschulabschlussquote insgesamt stabil.

Einkommensschwache, schwarze und hispanische Studierende hingegen verzichten oft vollständig auf ein Studium, wenn kein Community College in der Nähe verfügbar ist. Dies führt dazu, dass sie sowohl seltener Associate Degrees als auch Bachelor-Abschlüsse erreichen. Community Colleges fungieren hier als entscheidender Zugangspunkt, der ohne Alternativen zu erheblichen Bildungsdefiziten führen kann.

Insgesamt sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende aus unterrepräsentierten Minderheiten (Black, Hispanic, Native American) einen Hochschulabschluss erlangen, um 3,3 Prozentpunkte, wenn sie in einer Community College Desert leben. Für einkommensschwache Studierende beträgt dieser Rückgang 2,6 Prozentpunkte. Dieser negative Effekt lässt sich bis zu acht Jahre nach Schulabschluss nachweisen.

Community Colleges als Motor für Chancengleichheit

Die Ergebnisse unterstreichen die „demokratisierende“ Rolle der Community Colleges im amerikanischen Bildungssystem. Sie bieten einkommensschwachen und ethnischen Minderheiten oft den einzigen Zugang zu höherer Bildung und dienen als Brücke zu einem späteren Bachelor-Abschluss.

Um bestehende Bildungsungleichheiten zu verringern, empfiehlt die Studie, den geografischen Zugang zu Community Colleges zu verbessern. Dies könnte durch den Ausbau von Standorten in wirtschaftlich und ethnisch diverseren Regionen geschehen. Ebenso könnten gezielte politische Maßnahmen, wie kostenlose Transportmöglichkeiten oder finanzielle Unterstützung für den Wohnortwechsel, dazu beitragen, den Zugang zu Hochschulbildung zu erleichtern.

Filed Under: Research Tagged With: college enrollment, education, inequality

  • Vorige Seite
  • Page 1
  • Page 2
  • Page 3
  • Page 4
  • Page 5
  • …
  • Page 30
  • Nächste Seite

Primary Sidebar

© 2013–2025 Deutsche Post STIFTUNGImpressum | DatenschutzerklärungIZA