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Helle Hautfarbe dominiert Darstellungen von Charakteren in US-Kinderbüchern

September 12, 2023 by Mark Fallak

Wie Kinder ihre Fähigkeiten, Chancen und Rolle in der Gesellschaft wahrnehmen, wird nicht zuletzt durch politische, ethnische und geschlechtsspezifische Botschaften in Bildungsmaterialien geprägt. Ein Forschungsteam um die IZA-Fellows Alex Eble und Anjali Adukia hat nun mithilfe künstlicher Intelligenz untersucht, inwieweit bestimmte Hautfarben, Geschlechter und Altersgruppen in US-Kinderbüchern repräsentiert sind.

Die Untersuchung unterscheidet zwei Kategorien preisgekrönter Kinderbücher: „Mainstream“-Bücher wurden ausschließlich für ihren hohen literarischen oder künstlerischen Wert augezeichnet, „Diversity“-Bücher zusätzlich für die Darstellung unterrepräsentierter Identitätsgruppen. Wie die folgende Grafik veranschaulicht, gingen nur bei den Mainstream-Werken die Bibliotheksausleihen nach der Preisbekanntgabe stark in die Höhe, was dafür spricht, dass Kinder weitaus häufiger mit den Inhalten dieser Bücher in Berührung kommen.

Für die Auswertung der Personendarstellungen in den Büchern entwickelten die Autoren eine spezielle KI-basierte Methode zur Gesichtserkennung, mit der im Gegensatz zu Standardsoftware nicht nur Fotos, sondern auch Illustrationen zuverlässig ausgewertet werden können.

In Kombination mit weiteren Verfahren zur Mustererkennung ergab die Analyse, dass die in der Mainstream-Literatur abgebildeten Gesichter im Schnitt heller dargestellt sind als in den Diversity-Büchern, selbst wenn es sich in beiden Fällen um Charaktere mit dunkler Hautfarbe handelt. Der in der folgenden Grafik als „Perceptual Tint“ dargestellte Wert gibt den wahrgenommenen Teint auf einer Skala von 0-100 (dunkel bis hell) an.

Die Untersuchung zeigt außerdem, dass schwarze und lateinamerikanische Menschen im Verhältnis zu ihrem wachsenden Anteil an der US-Bevölkerung in den untersuchten Büchern unterrepräsentiert, weiße Männer hingegen überrepräsentiert sind.

Der Frauenanteil der in den Geschichten beschriebenen Personen ist zwar von etwa 25 Prozent aller geschlechtsbezogenen Begriffe und Namen in älteren Büchern auf zuletzt fast die Hälfte angestiegen – allerdings nur im Text, nicht bei der Bebilderung. Das Forscherteam schließt daraus, dass in den Kinderbüchern zwar vermehrt auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis geachtet wird, dennoch den weiblichen Figuren nach wie vor eine vergleichsweise geringere Bedeutung zukommt.

Wer kauft welche Bücher?

Wie die Auswertung der Verkaufszahlen nach demografischen Merkmalen belegt, bevorzugen Käuferinnen und Käufer tendenziell Kinderbücher, in denen ihre eigene Identitätsgruppe stärker vertreten ist. Eltern von Söhnen kaufen nach wie vor häufiger Geschichten mit überwiegend männlichen Charakteren. Zudem zeigt sich, dass Bücher aus der Diversity-Kategorie am ehesten in Regionen nachgefragt werden, wo die Zustimmung für ausländerfeindliche und rassistische Aussagen in Meinungsumfragen besonders gering ausfällt.

Die Studie liefert somit fundierte Hinweise darauf, dass politische Einstellungen nicht zuletzt durch die Auswahl bestimmter Kinderbücher an die nächste Generation übertragen werden.

Filed Under: Research Tagged With: education, gender, race

Höherer Mindestlohn bringt Demokraten keine zusätzlichen Wählerstimmen

September 5, 2023 by Mark Fallak

Fragt man die regierenden Sozialdemokraten nach ihrem größten politischen Erfolg, wird häufig die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro genannt. Immerhin verschaffte der SPD-Arbeitsminister damit Millionen von Beschäftigten eine Gehaltserhöhung. Aber steigert diese gute Tat die Chancen der Kanzlerpartei auf Wiederwahl? Eher nicht. Das legt zumindest ein aktuelles IZA-Forschungspapier aus den USA nahe.

Anders als in Deutschland kann jeder US-Bundesstaat seinen eigenen Mindestlohn festsetzen. Umfragen zufolge erfreuen sich Mindestlohnerhöhungen, ebenso wie in Deutschland, großer Beliebtheit in der Bevölkerung und werden eng mit der Demokratischen Partei in Verbindung gebracht. Der Ökonom Emiliano Huet-Vaughn vom kalifornischen Pomona College hat für seine Studie nun erstmals systematisch untersucht, inwieweit die Demokraten davon an der Wahlurne profitieren.

Dazu wertete er die Ergebnisse von US-Wahlen auf Bundesstaatenebene seit den 1990er Jahren aus. Da den jeweiligen Staaten ihren Mindestlohn zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich stark erhöhten, konnte der Forscher ermitteln, ob sich die Mindestlohnsteigerungen bei der nächsten Wahl niederschlugen. Unter Verwendung diverser statistischer Methoden und ergänzender Erhebungen zu politischen Stimmungen kam er stets zum gleichen Ergebnis: Der höhere Mindestlohn brachte den Demokraten keine zusätzlichen Stimmen.

Auf der Suche nach möglichen Gründen für diese politische „Undankbarkeit“ fand der IZA-Fellow heraus, dass Mindestlohnsteigerungen von der Wahlbevölkerung kaum wahrgenommen oder nicht unmittelbar mit der Politik in Verbindung gebracht werden, zumal die Gehaltsschecks vom Arbeitgeber kommen. Im Gegensatz zu direkten Transfers in Form von staatlichen Leistungen oder Steuererleichterungen können politische Parteien demnach von einer „indirekten“ Umverteilungspolitik über die Mindestlohnschraube weniger profitieren.

Filed Under: Research Tagged With: minimum wage, Salience, voting

Lohnsteigerungen durch mehr Wettbewerb um Arbeitskräfte

August 14, 2023 by Mark Fallak

In US-Franchiseunternehmen war es lange Zeit gängige Praxis, durch vertragliche Abwerbeverbote die Einstellung von Beschäftigten aus anderen Filialen derselben Kette zu untersagen. Dadurch sollte ein Lohnwettbewerb zwischen den Franchisenehmern verhindert werden.

Zwar sind diese sogenannten „no poaching-clauses“ von US-Gerichten bislang noch nicht für illegal erklärt worden. Doch verpflichteten sich auf Druck der Generalstaatsanwaltschaft im Bundesstaat Washington zwischen Mitte 2018 und Anfang 2020 insgesamt 239 Unternehmen, in künftigen Franchise-Verträgen bundesweit auf solche Klauseln zu verzichten. Neben mehreren großen Fastfood-Ketten sind diverse Branchen von der Steuerberatung über Kosmetikketten bis zu Reiseunternehmen vertreten.

Ein Forscherteam um IZA-Netzwerkmitglied Matthew Gibson hat nun anhand von umfangreichen Daten aus Stellenausschreibungen sowie Gehaltsangaben von Arbeitnehmern nachgewiesen, dass die Beschäftigten der betreffenden Unternehmen vom verstärkten Wettbewerb profitierten: Im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen, die keine Unterlassungserklärung unterschrieben hatten, betrug das erzielte Lohnplus im Durchschnitt vier bis 6,6 Prozent.

Die folgenden Abbildungen veranschaulichen diesen Effekt (Details siehe S. 34 der Studie):

Abb. 1C: Analyse der Stellenausschreibungen (Daten von Burning Glass Technologies)
Abb. 1D: Analyse der Gehaltsangaben von Beschäftigten (Daten von Glassdoor)

Die Studie widerlegt somit die in der Forschung verbreitete Annahme, dass im Niedriglohnsektor nahezu perfekter Wettbewerb herrsche. Zudem zeigt die Analyse, dass auch Unternehmen, die nicht unmittelbar von den Regelungen betroffen waren, ihre Löhne anhoben, wenn sie um die gleichen Arbeitskräfte konkurrierten. Die Autoren schließen daraus, dass eine konsequente Stärkung des Wettbewerbs um Arbeitskräfte den Beschäftigten insgesamt zugutekommt.

Filed Under: Research Tagged With: antitrust, employer market power, franchising, oligopsony

Hilft eine „woke“ Unternehmenskultur bei der Personalgewinnung?

August 9, 2023 by Mark Fallak

Nachdem der Oberste Gerichtshof der USA im Juni 2022 das lange bestehende Recht auf Abtreibung auf Bundesebene gekippt hatte, verzeichneten US-Arbeitgeber, die Reisekostenerstattungen für Abtreibungen außerhalb ihres Bundesstaates ankündigten, einen Anstieg des Interesses von Arbeitsuchenden. Gleichzeitig mussten sie jedoch im Schnitt eine Verschlechterung der Mitarbeiterzufriedenheit hinnehmen. Zu diesem Ergebnis gelangt ein aktuelles IZA-Forschungspapier eines Autorenteams des Indeed Hiring Lab, der University of Southern California, der University of Maryland und des IZA.

Ausschlaggebend für die Entscheidung von Unternehmen, sich öffentlich gegen das Abtreibungsverbot zu stellen, waren dabei der Studie zufolge nicht altruistische Motive; vielmehr positionierten sich vor allem solche Betriebe mit öffentlichen Unterstützungszusagen für weibliche Beschäftigte, die mehr Frauen und mehr Anhänger der demokratischen Partei zu ihrer Belegschaft zählten. Die Positionierung und Ankündigung auch finanzieller Unterstützung wurde hier offenbar als öffentliche Demonstration von Unternehmenskultur genutzt – mit ambivalentem Ergebnis.

Höhere Attraktivität bei Jobsuchenden, Einbußen bei Mitarbeiterzufriedenheit

Zwar konnten die Betriebe eine gesteigerte Aufmerksamkeit für ihre Online-Stellenangebote verzeichnen: Gegenüber Unternehmen, die keine Unterstützung ankündigten, fielen die Zugriffszahlen um acht Prozent höher aus. Dabei konzentrierte sich das höhere Interesse auf stark demokratisch geprägte Bundesstaaten und auf typischerweise von Frauen nachgefragte Jobangebote.

Ebenfalls um acht Prozent sank allerdings die in Online-Bewertungen zum Ausdruck gebrachte Zufriedenheit der Beschäftigten mit dem Firmenmanagement – den Grund sieht die Untersuchung in der starken Kritik an der Positionierung des eigenen Betriebs in von Männern dominierten Berufsgruppen. Dass in den negativen Bewertungen der Begriff „woke“ besonders häufig verwendet wird, spricht für eine vermehrte Ablehnung der Unternehmenskultur.

Auffällig ist, dass diejenigen Unternehmen, die ihren weiblichen Beschäftigten gegenüber Unterstützung auch bei Abtreibungswünschen signalisierten, zugleich um vier Prozent höhere Löhne boten. Hier vermuten die Autorinnen und Autoren eine Reaktion auf die im Durchschnitt rückläufige Mitarbeiterzufriedenheit.

Im Rahmen der Untersuchung wurden für ausgewählte Betriebe mit öffentlich bekundeter Unterstützungszusage Daten zu Arbeitsuche, Arbeitszufriedenheit und Lohnniveau des Stellenportals Indeed und des Bewertungsportals Glassdoor ausgewertet. Die Analyse basiert auf 3 Milliarden Klicks von Arbeitsuchenden, 2,5 Millionen Stellenanzeigen mit Lohnangaben und 6,5 Millionen Unternehmensbewertungen.

Kausale Effekte ließen sich identifizieren, indem die Resultate mit denen für ähnliche Betriebe ohne Unterstützungszusage verglichen wurden, deren Stellenangebote im Verlauf derselben Online-Suche von Jobinteressentinnen und -interessenten aufgerufen wurden.

Positive und negative Effekte der Firmenpositionierung einkalkulieren

Verallgemeinert man die Ergebnisse der Analyse, so können Initiativen zur Schärfung der Unternehmenskultur offenbar deutlich positiv auf bestimmte Zielgruppen potenzieller neuer Beschäftigter (und die Identifikation von Teilen der vorhandenen Belegschaft) wirken. Insbesondere bei der Positionierung in aufgeladenen politischen Debatten sind aber auch ungünstige Wirkungen einzukalkulieren, falls die durchschnittliche Mitarbeiterzufriedenheit mangels Rückhalt für die gewählte Position zurückgeht. Denn nicht nur Jobsuchende, sondern auch die schon vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren auf die vom Unternehmen gewählte Form der Außendarstellung.

Filed Under: Research Tagged With: abortion, culture, gender, job satisfaction, job search, politics

Diskriminierung aufgrund des Vornamens

July 26, 2023 by Mark Fallak

„Tobias wirft Serkan aus dem Rennen“, fasste der SPIEGEL vor einigen Jahren eine IZA-Studie zusammen, die eine Benachteiligung von Bewerbungen mit türkischen Namen gegenüber identischen Lebensläufen mit deutschen Namen nachgewiesen hatte. Untersuchungen aus den USA belegen ähnliche Nachteile für Stellenbewerber, deren Name typischerweise Menschen mit schwarzer Hautfarbe zugeordnet wird.

Was assoziieren wir mit bestimmten Namen?

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Martin Abel und Rulof Burger geht den Gründen für diese Form von ethnischer Diskriminierung nach. In einer repräsentativen Umfrage mit 1.500 Befragten aus allen US-Bundesstaaten ermittelten die Forscher zunächst für 30 verschiedene Vornamen, ob und inwieweit diese mit einer bestimmten ethnischen Gruppe verbunden werden (siehe Abb. 1).

Abb. 1: „Von 10 Personen mit dem Namen (…), wie viele sind (…)?“

Die Befragung ergab außerdem, dass bei „schwarzen“ Vornamen eher davon ausgegangen wird, dass die betreffende Person in Bezug auf Bildungsstand, Produktivität und nicht-kognitive Fähigkeiten (wie Verantwortungsbewusstsein oder Motivation) unterdurchschnittlich abschneidet. Sogar für ein und denselben Vornamen zeigt sich eine deutliche Diskrepanz, je nachdem mit welcher ethnischen Gruppe dieser assoziiert wird.

Ein Abgleich mit realen Arbeitsproduktivitätsdaten aus einem früheren Experiment zeigte, dass die dort gemessene Produktivitätslücke zwischen Probanden mit schwarzen und weißen Namen von rund neun Prozent in der subjektiven Einschätzung der Befragten um fast das Dreifache (25,2 Prozent) überschätzt wird. Dieser Befund deckt sich mit neuerer verhaltensökonomischer Forschung, nach der Menschen zu übertriebenen Vorstellungen von den Unterschieden zwischen einzelnen gesellschaftlichen Gruppen neigen.

In einem weiteren Schritt mussten die Umfrageteilnehmer fiktive Einstellungsentscheidungen treffen und sich dabei jeweils für einen von zwei Namen entscheiden. Als Anreiz für möglichst ernsthafte Überlegungen erhielten sie einen zusätzlichen Geldbetrag für die Auswahl des tatsächlich produktiveren Arbeitnehmers. Im Ergebnis fiel die Einstellungswahrscheinlichkeit für Stellenbewerber mit „schwarzem“ Namen um 30 Prozentpunkte geringer aus.

Hier zeigten sich auffällige Unterschiede je nach sozioökonomischem Hintergrund der Befragten: Besonders ausgeprägt war das diskriminierende Verhalten bei männlichen, älteren, weißen und konservativen Umfrageteilnehmern (siehe Abb. 2), während deren Bildungsstand, ethnische Vielfalt am Wohnort oder berufliche Erfahrung mit Personalentscheidungen kaum eine Rolle spielte.

Abb. 2: Diskriminierungsmuster nach Merkmalen der Umfrageteilnehmer

Arbeitgeber nutzen die Hautfarbe als Entscheidungshilfe

Da Personalverantwortliche oft wenig Zeit haben, um Bewerbungen zu sichten, greifen sie auf sogenannte Urteilsheuristiken oder mentale Abkürzungen zurück, die wiederum auf Stereotypen basieren können. Tatsächlich stellen die Forscher fest, dass die Befragten schneller entscheiden und sich sicherer sind, wenn sie die ihnen präsentierten Vornamen eindeutig unterschiedlichen ethnischen Gruppen zuordnen. Musste die Entscheidung innerhalb von zwei Sekunden, also „instinktiver“ getroffen werden, stieg das Ausmaß der Diskriminierung deutlich an – die Lücke in der Einstellungswahrscheinlichkeit für Schwarze und Weiße vergrößerte sich um weitere 25 Prozent. Laut neuerer Forschung aus der Neuropsychologie entscheiden Menschen unter Zeitdruck eher auf Basis leicht abrufbarer Stereotype.

Der größte Unterschied bei der Diskriminierungsneigung zeigt sich bei Befragten, die Quotenregelungen für benachteiligte Minderheiten („Affirmative Action“) befürworten bzw. ablehnen (siehe Abb. 2, oben rechts). Im Gegensatz zu den Gegnern von Affirmative Action reduziert sich bei deren Befürwortern das diskriminierende Verhalten, wenn der Zeitdruck entfällt, also die Entscheidung reflektierter und weniger instinktiv getroffen wird.

Inwieweit der langfristige wirtschaftliche Erfolg eines Menschen vom Vornamen abhängt, ist bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Eine aktuelle Studie aus den USA deutet darauf hin, dass der Einfluss von Namen abnimmt, je mehr Informationen über den Menschen verfügbar sind. Andere Forschungsergebnisse lassen hingegen vermuten, dass Vorurteile die Bereitschaft hemmen, überhaupt mehr über die jeweilige Person erfahren zu wollen – also sie beispielsweise zum Vorstellungsgespräch oder zur Wohnungsbesichtigung einzuladen. Wie das neue IZA-Forschungspapier zeigt, behindern Vorurteile zudem die Fähigkeit, aus eigenen Erfahrungen zu lernen.

Filed Under: Research Tagged With: hiring discrimination, name associations, race discrimination

Was sagen Tattoos und Piercings über Stellenbewerbende aus?

July 19, 2023 by Mark Fallak

Menschen, die als attraktiver wahrgenommen werden, haben nachweislich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die umfangreiche Forschung zu diesem Thema konzentriert sich allerdings primär auf Aspekte wie Schönheit oder Übergewicht, die nicht ohne Weiteres zu ändern sind. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier beleuchtet nun die Bedeutung eines selbst gewählten äußerlichen Merkmals: Körperschmuck in Form von Tattoos oder Piercings.

Die Studie von Stijn Baert, Philippe Sterkens und Jolien Herregods untersucht mithilfe einer Befragung von Personalverantwortlichen aus den USA, wie sich sichtbarer Körperschmuck auf die Einstellungschancen auswirkt und welche Eigenschaften damit verbunden werden. Dazu mussten die Befragten fiktive Bewerbungen von Personen bewerten, deren KI-generierte Fotos teils mit kleinen oder großen Tattoos und Piercings versehen waren. Zum Vergleich mit einem anderen äußeren Merkmal wurden die Fotos auch so variiert, dass die Personen übergewichtig wirkten, siehe Beispielbilder:

Die Recruiter mussten die Chance auf ein Vorstellungsgespräch ebenso bewerten wie die vermutete Persönlichkeit und Produktivität der abgebildeten Personen. Dabei zeigte sich, dass Bewerber mit Tattoos oder Piercings als weniger angenehm in der Zusammenarbeit empfunden werden, und zwar sowohl von den Personalverantwortlichen selbst als auch – nach deren Einschätzung – von Kolleginnen und Kunden.

Insgesamt wurden Menschen mit Körperschmuck als extrovertierter und aufgeschlossener für neue Erfahrungen wahrgenommen, allerdings wurde ihnen ein geringeres Maß an Ehrlichkeit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit attestiert – männlichen Bewerbern mit Tattoos zudem eine geringere emotionale Stabilität.

Unterm Strich ergab sich daraus eine geringere Einstellungswahrscheinlichkeit für Männer, nicht aber für Frauen mit Körperschmuck. Im Vergleich zu übergewichtigen Bewerbern hatten diejenigen mit Körperschmuck etwas bessere Einstellungschancen – bei den Persönlichkeitsmerkmalen wurden sie vorteilhafter beurteilt, bei der Bereitschaft anderer zur Zusammenarbeit ähnlich, allerdings bei den Produktivitätsfaktoren etwas schlechter.

Die Autoren raten daher Menschen mit Körperschmuck (oder Übergewicht), positive Persönlichkeitsmerkmale bei der Bewerbung besonders zu betonen. Beispielsweise sei es ratsam, im Anschreiben Beispiele für ein besonders hohes Maß an Gewissenhaftigkeit zu liefern, da diese Eigenschaft von Arbeitgebern besonders geschätzt werde. So lasse sich einer möglichen Stigmatisierung aufgrund des Aussehens entgegenwirken.

Filed Under: Research Tagged With: body art, discrimination, hiring, obesity, personality, stigma

Warum der Aufstieg aus der Armut in den USA besonders schwer ist

June 28, 2023 by Mark Fallak

Kinder, die in Armut aufwachsen, bleiben häufig auch als Erwachsene arm. Die Wahrscheinlichkeit unterscheidet sich jedoch deutlich zwischen den reichen Industrienationen, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Zachary Parolin, Rafael Pintro Schmitt, Gøsta Esping-Andersen und Peter Fallesen veranschaulicht.

Die Forscher vergleichen die USA, Großbritannien, Australien, Deutschland und Dänemark: Das Risiko einer Verfestigung der Armut über Generationen hinweg ist in den USA viermal größer als in Deutschland oder Dänemark und mindestens doppelt so hoch wie in Australien oder dem Vereinigten Königreich. Wie die Grafik zeigt, bedeutet durchgängige Armut im Kindesalter eine um 42 Prozentpunkte erhöhte Wahrscheinlichkeit, auch im jungen Erwachsenenalter von 25 bis 35 Jahren Armut zu erleiden.

Anm.: Die schwarzen Balken zeigen den Gesamtwert für die intergenerationale Persistenz von Armut (IGPov) an, der sich aus den separat aufgeführten Komponenten zusammensetzt. Details siehe Studie.

Die Autoren schlüsseln den Gesamtwert in verschiedene Komponenten auf. Bemerkenswert aus deutscher Sicht: Der Analyse zufolge spielt der familiäre Hintergrund (dunkelgrauer Balken), also etwa Bildungsstand und Erwerbstätigkeit der Eltern, hierzulande eine vergleichsweise geringe Rolle. Allerdings bezieht sich die Studie allein auf die Persistenz von Armut, nicht den sozialen Aufstieg insgesamt.

Unter den „Mediationseffekten“ (hellgrau) sind verschiedene Faktoren zusammengefasst, die erst nach der Kindheit zum Tragen kommen und zum Teil mit dem sozioökonomischen Hintergrund zusammenhängen, beispielsweise Bildungszugang, Arbeitsmarkterfolg sowie die familiäre Situation im Erwachsenenalter.

Der blaue Balken zeigt an, in welchem Maße steuerliche Begünstigung oder sozialstaatliche Transferleistungen das Armutsrisiko senken helfen. Orange eingezeichnet ist schließlich der Restwert, der sich aus verschiedenen unbeobachtbaren oder schwer zu messenden Faktoren ergibt.

Ein Grund dafür, dass dieser Wert in den USA besonders hoch ausfällt, könnte nach Einschätzung der Forscher in der großen sozialen Ungleichheit beim Vermögen (das im Gegensatz zum Einkommen nicht systematisch erfasst wird) sowie beim Zugang zu Gesundheitsleistungen liegen. Ethnische Diskriminierung oder der Einfluss des Wohnumfeldes spielen der Studie zufolge keine maßgebliche Rolle.

Die aus Sicht der Autoren entscheidende Erkenntnis ist, dass staatliche Leistungen in den USA kaum einen Beitrag dazu leisten, der Persistenz von Armut entgegenzuwirken. Hätten die USA einen Sozialstaat nach britischem Vorbild, würde sich die Chance auf einen Aufstieg aus der Armut heraus um rund ein Drittel verbessern.

Filed Under: Research Tagged With: poverty, social mobility

Waldbrände mit weitreichenden Folgen für den Arbeitsmarkt

June 16, 2023 by Mark Fallak

New York im Smog – die Bilder der rauchverhüllten US-Metropole nach den jüngsten Waldbränden im kanadischen Quebec veranschaulichen auf dramatische Weise, was ein IZA-Forschungspapier aus dem vergangenen Jahr mit wissenschaftlichen Daten und Fakten untermauert hat: Die massive Luftverschmutzung durch Waldbrände belastet selbst weit von den Brandherden entfernte Regionen.

In den USA verursachen Waldbrände rund 20 Prozent der gesamten Feinstaubemissionen. Die gesundheitlichen Folgen lassen sich an der Zunahme von Atenwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer erhöhten Sterblichkeit ablesen. Doch Luftverschmutzung kann auch das Arbeitsangebot und die Produktivität verringern, und zwar nicht nur durch krankheitsbedingte Fehltage, sondern auch durch reduzierte Arbeitszeiten, die Verlagerung von Tätigkeiten in Innenräume oder aufwändige Maßnahmen zur Luftreinhaltung.

Eine Frage der Kausalität

Die Herausforderung für die arbeitsökonomische Forschung besteht darin, Kausalität nachzuweisen – also die Luftverschmutzung als ursächlich zu identifizieren und andere mögliche Einflussfaktoren auszuschließen. Beispielsweise kann die Errichtung einer neuen Fabrik Arbeitsplätze schaffen, aber auch die Luftqualität verschlechtern. Ein einfacher Vergleich von Beschäftigung und Luftverschmutzung vor und nach dem Bau der Fabrik würde daher die negativen Arbeitsmarktwirkungen der Luftverschmutzung unterschätzen.

Die IZA-Studie von Mark Borgschulte, David Molitor und Eric Zou nutzt daher das klar eingrenzbare und von wirtschaftlichen Faktoren unabhängige Auftreten von Waldbrand-Rauch, um den kausalen Effekt auf Einkommen und Beschäftigung zu berechnen. Die Analyse betrachtet die Jahre 2007 bis 2019 und stützt sich auf drei verschiedene Datenquellen: hochauflösende Satellitendaten zu Rauchwolken infolge von Waldbränden, Messdaten zur lokalen Luftqualität sowie Arbeitsmarktdaten für alle Landkreise in den kontinentalen USA.

Einkommenseinbußen von um zwei Prozent

Auf diese Weise ermitteln die Forscher statistisch und wirtschaftlich signifikante Rückgänge von Arbeitseinkommen und Beschäftigung aufgrund der Luftverschmutzung. Die Berechnungen zeigen, dass jeder zusätzliche Tag mit Rauchbelastung das Pro-Kopf-Einkommen um etwa 0,10 Prozent reduziert. Multipliziert mit der durchschnittlichen Anzahl von „Rauchtagen“ pro Jahr ergeben sich gesamtwirtschaftliche Einkommenseinbußen um etwa 2 Prozent (rund 125 Milliarden US-Dollar, bezogen auf den Dollarwert von 2018). Rund 13 Prozent des Einkommenseffekts lassen sich durch einen Rückgang der Beschäftigung erklären. Ältere Beschäftigte sind von den negativen Auswirkungen besonders betroffen.

Besonders bemerkenswert: Die gemessene Variation der Feinstaubbelastung bewegte sich noch unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Die Autoren plädieren dafür, Arbeitsmarktfolgen stärker als bisher bei der Umweltgesetzgebung zur berücksichtigen.

Umweltaspekte und insbesondere die Folgen des Klimawandels spielen in der Arbeitsmarktforschung des weltweiten IZA-Netzwerks eine zunehmende Rolle. So hatte eine frühere IZA-Studie aus Kalifornien nachgewiesen, dass steigende Temperaturen zu mehr Arbeitsunfällen führen.

Filed Under: Research Tagged With: air pollution, climate change, labor income, wildfires

Führt der Mindestlohn zur Verlagerung von Beschäftigung in produktivere Betriebe?

June 12, 2023 by Mark Fallak

Entgegen verbreiteter Befürchtungen hat die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland zum 1. Januar 2015 nicht zu größeren Beschäftigungsverlusten geführt. Zu den möglichen Erklärungen neben der günstigen konjunkturellen Lage zählen, dass die höheren Lohnkosten von den Unternehmen in Form geringerer Gewinne oder von den Verbrauchern in Form höherer Preise getragen wurden. Denkbar ist aber auch, dass die höheren Stundenlöhne durch eine gesteigerte Produktivität aufgefangen wurden.

So kam eine der prominentesten Mindestlohn-Studien der letzten Jahre zu dem Schluss, dass der Mindestlohn die „allokative Effizienz“ erhöht habe: Beschäftigte wechselten demnach in größere, besser entlohnende und produktivere Unternehmen. Die betriebliche Produktivität wurde hier jedoch nicht gemessen, sondern anhand von Kriterien wie Branche, Unternehmensgröße und Lohnniveau geschätzt.

Auf Basis von konkreten Produktivitätsdaten aus der Verdienststrukturerhebung gelangt ein aktuelles IZA-Diskussionpapier der am IWH forschenden Mirja Hälbig, Matthias Mertens und Steffen Müller zu einem etwas anderen Ergebnis. Zwar bestätigt die Studie frühere Ergebnisse zu Löhnen und Beschäftigung und attestiert ebenfalls eine höhere gesamtwirtschaftliche Produktivität aufgrund des Mindestlohns. Allerdings sei diese nicht etwa auf den Wechsel von Beschäftigten zu produktiveren Unternehmen zurückzuführen, sondern vielmehr auf deutliche Produktivitätssteigerungen innerhalb der vom Mindestlohn betroffenen Unternehmen.

[weitere Details zu Methodik und Ergebnissen hier in englischer Sprache]

Filed Under: Research Tagged With: factor reallocation, firm productivity, Germany, minimum wage, output prices

Forschungsförderung als Karrierebooster?

May 15, 2023 by Mark Fallak

Es ist zwar kein Nobelpreis, aber auch die Zusage für ein Forschungsstipendium des European Research Council (ERC) löst an Universitäten und Forschungsinstituten großen Jubel aus. Denn die begehrten ERC-Grants spülen nicht nur bis zu 3,5 Millionen Euro in die Forschungskasse, sondern bringen auch jede Menge Prestige innerhalb der betreffenden Wissenschaftsdisziplin mit sich.

Aber beflügelt diese Auszeichnung auch langfristig die Produktivität der geförderten Forschenden? Dieser Frage sind  Corinna Ghirelli, Enkelejda Havari, Elena Meroni und Stefano Verzillo in einem aktuellen IZA-Forschungspapier nachgegangen.  Konkret wollten die Autorinnen wissen: Steigern ERC-Grants den Publikationsoutput? Und erhöhen sie die Erfolgschancen beim Einwerben weiterer Fördergelder?

Um einen kausalen Effekt nachweisen zu können, macht sich die Studie das ERC-Vergabeprinzip zunutze: Die Förderanträge werden von einem wissenschaftlichen Gremium bewertet und je nach Qualität in eine Rangliste eingeordnet, die dann von oben abgearbeitet wird, bis der Fördertopf leer ist. Das letzte geförderte Forschungsprojekt ist also qualitativ vergleichbar mit dem ersten, das nicht mehr zum Zuge kommt. Sollte der ERC-Grant also einen Produktivitätseffekt entfalten, müsste sich die Produktivität der Forschenden knapp über bzw. unter dieser Förderschwelle in den Folgejahren deutlich voneinander unterscheiden.

Wer hat, dem wird gegeben

Gemessen an wissenschaftlichen Veröffentlichungen laut Publikationsdatenbank Scopus im Zeitraum von neun Jahren nach der Förderzusage finden die Autorinnen keinen positiven Produktivitätseffekt – mit Ausnahme des Fachbereichs Physik. Allerdings erhöht sich insgesamt die Wahrscheinlichkeit, bei der Einwerbung weiterer EU-Fördergelder erfolgreich zu sein. Dieses Phänomen wird in der Wissenschaft auch als Matthäus-Effekt bezeichnet (nach dem Prinzip „Wer hat, dem wird gegeben“).

In der Gesamtbetrachtung zeigt sich zwar bei den ERC-geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine höhere Veröffentlichungsquote in den führenden Fachzeitschriften, doch geht dieser Effekt fast ausschließlich auf die Topplatzierten im Vergaberanking zurück (siehe engl. Zusammenfassung für weitere Details zu Methodik und Ergebnissen).

Da die ERC-Grants also offenbar rund um die Förderschwelle kaum Einfluss auf die Produktivität der Forschenden haben, stellen die Studienautorinnen die rein ranglistenbasierte Vergabepraxis in Frage und halten es für überlegenswert, das System zumindest teilweise auf ein Losverfahren umzustellen.

Filed Under: Research Tagged With: ERC, EU funds, research grants, scientific productivity

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