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IZA Newsroom

IZA – Institute of Labor Economics

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Crowdworker können ihr Potenzial nicht ausschöpfen

July 5, 2019 by Dajan Baischew

Auch wenn ihr Anteil an der Erwerbsbevölkerung bislang noch gering ist: Immer mehr Menschen bieten ihre Arbeitskraft über Online-Plattformen an, um entweder lokale Dienstleistungen wie Kurierfahrten zu erbringen oder aber Auftragsarbeiten, die komplett über das Smartphone oder den Computer abzuwickeln sind. Bei diesen „rein“ digitalen Aufgaben variiert die Bandbreite wiederum von kleinteiligen „Microtasks“, die teilweise mit wenigen Mausklicks im Minutentakt zu erledigen sind, bis hin zu komplexen Tätigkeiten, für die meist eine entsprechende Qualifikation erforderlich ist.

Einerseits bietet diese Arbeitsform ein hohes Maß an zeitlicher und räumlicher Flexibilität, andererseits mangelt es den so genannten „Crowdworkern“ häufig an sozialer Absicherung und Verhandlungsmacht gegenüber den Auftraggebern. Vor allem der Bereich der Microtasks gilt als anfällig für prekäre Arbeitsverhältnisse. Allerdings lässt sich Plattformarbeit nur schwer mit regulärer Beschäftigung vergleichen, da sich die Arbeitsinhalte, aber auch die Qualifikationen und Präferenzen der Beschäftigten stark unterscheiden können.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier versuchen Michele Cantarella und Chiara Strozzi daher zu ermitteln, wie sich die Arbeitsbedingungen für Nutzer einschlägiger Online-Plattformen von regulär Beschäftigten mit ansonsten vergleichbaren Merkmalen unterscheiden. Dazu nutzen sie umfangreiche Befragungsdaten aus den USA und Europa (siehe engl. Version für Details zur Methodik).

Die Auswertung deutet darauf hin, dass Crowdworker im Schnitt bei etwas geringerer wöchentlicher Arbeitszeit rund 70% weniger verdienen als „klassische“ Arbeitnehmer. Häufig äußern sie den Wunsch, mehr zu arbeiten und besser entlohnt zu werden. Dennoch geben sie bemerkenswert selten an, einen Wechsel in reguläre Beschäftigung anzustreben.

Nach Einschätzung der Autoren legen die Ergebnisse nahe, dass Plattformarbeit – zumindest im Bereich der Microtasks – dazu führt, dass Menschen weit unter ihrem tatsächlichem Potenzial beschäftigt und entlohnt werden.

Filed Under: Research Tagged With: digitalization, future of work, Internet, online, platform economy, platform work

Der technologische Wandel spaltet den Arbeitsmarkt in Deutschland

June 28, 2019 by Mark Fallak

Digitalisierung und Automatisierung bringen bis zum Jahr 2021 zwar ein moderates Beschäftigungswachstum in Deutschland mit sich, verursachen voraussichtlich aber auch eine steigende Einkommensungleichheit in der Erwerbsbevölkerung. Entgegen der verbreiteten öffentlichen Wahrnehmung schafft der technologische Wandel perspektivisch mehr Arbeitsplätze, als er zerstört.

Von zentraler Bedeutung ist allerdings weniger die Anzahl der betroffenen Jobs, sondern der Strukturwandel am Arbeitsmarkt, der sich mit voranschreitender Digitalisierung und Automatisierung vollzieht. Die Politik kann dem begegnen, indem sie den Unternehmen entsprechende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Beschäftigten erleichtert. Zu diesen Ergebnissen kommt ein gemeinsames Forschungspapier von IZA und ZEW.

Stratgien für Unternehmen in Deutschland

Für die Studie haben Melanie Arntz, Terry Gregory und Ulrich Zierahn verschiedene Szenarien zu den Folgen der Digitalisierung für den deutschen Arbeitsmarkt simuliert. Datengrundlage ist eine repräsentative Befragung unter rund 2.000 Produktions- und Dienstleistungsbetrieben, die im Zeitraum der Jahre 2011 bis 2016 bereits in Spitzentechnologien investiert haben.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Pläne der Unternehmen, auch in Zukunft weiter in digitale und automatisierte Arbeitsprozesse zu investieren, leicht positiv auf die Beschäftigung in Deutschland auswirken. Besagte Investitionen führen demnach im Zeitraum von 2016 bis 2021 zu einem Jobwachstum von insgesamt 1,8 Prozent. Dieses Plus speist sich allerdings nicht aus einer steigenden Nachfrage nach den Produkten der Unternehmen. Vielmehr werden Unternehmen zunächst eher zusätzliche Beschäftigte benötigen, um die neuen Technologien einzuführen.

Keine Massenarbeitslosigkeit in Sicht

Nach Einschätzung der Autoren ist die vielfach prognostizierte Massenarbeitslosigkeit aufgrund des technologischen Wandels daher unwahrscheinlich. Die strukturelle Veränderung auf dem Arbeitsmarkt werde nicht so sehr in der reinen Anzahl der neu entstehenden oder wegfallenden Arbeitsplätze sichtbar, sondern sich vor allem in den einzelnen Arbeitsinhalten der Beschäftigten niederschlagen.

Der Studie zufolge haben Jobs, die ein hohes Maß an interaktiven und analytischen Fähigkeiten voraussetzen, ein geringeres Automatisierungspotenzial als Jobs, die von Routinetätigkeiten geprägt sind. Komplexere Tätigkeiten sind im Durchschnitt besser bezahlt als Routinejobs. Entsprechend stellen die Forscher fest, dass sehr gut (aus)gebildete und entlohnte Arbeitskräfte überproportional von Digitalisierung und Automatisierung profitieren, was die Einkommensungleichheit auf dem deutschen Arbeitsmarkt verschärften dürfte.

Weiterbildung ist entscheidend

Um den kommenden Strukturwandel abzufedern, sollten Unternehmen, Arbeitskräfte und Politik daher verstärkt in Weiterbildung investieren, fordern die Autoren. Zum einen gehe es darum, die Beschäftigten für den Wandel auf dem Arbeitsmarkt fit zu machen, zum anderen müsse sichergestellt werden, dass die Unternehmen auch genügend Fachkräfte finden. Darüber hinaus gelte es zu verhindern, dass kleinere Unternehmen den Anschluss verlieren.

„Die Betriebe in Deutschland befinden sich gegenwärtig in einer Investitionsphase. Bis sich neue technologische Entwicklungen im betrieblichen Alltag durchsetzen und für eine höhere Produktivität sorgen, braucht es eine gewisse Zeit. Der Weg dahin ist natürlich kostenintensiv. Die Politik kann hier mit gezielten Maßnahmen Unterstützung bieten und so den Unternehmen helfen, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben“, fasst Ulrich Zierahn zusammen.

Filed Under: Research Tagged With: automation, digitalization, future of work, machine learning, technological change

Verlängerte Elternzeit kann unerwünschte Nebenwirkungen haben

June 25, 2019 by Mark Fallak

Alle Industrienationen – mit  Ausnahme der USA – gewähren Eltern neugeborener Kinder inzwischen staatlich garantierte, finanziell geförderte Auszeiten vom Job. Die Förderdauer variiert zum Teil stark zwischen den Ländern und beläuft sich im Mittel auf rund 14 Monate.

Für kürzere Auszeiten sind positive Effekte inzwischen vielfach belegt, wobei mit steigender Dauer die langristigen Karriere- und Einkommensnachteile für Frauen zunehmen (die IZA World of Labor liefert einen Überblick über den Forschungsstand).

Unklar ist jedoch, wie sich eine längere bezahlte Elternzeit auf die familiäre Arbeitsteilung und die kindliche Entwicklung auswirkt. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Serena Canaan belegt nun auf Basis umfangreicher Daten aus Frankreich, dass eine Ausweitung des Förderanspruchs eine Reihe negativer Effekte haben kann.

Stark erweiterter Förderanspruch

Die Studie analysiert die Folgen einer Reform in Frankreich, nach der Mütter oder Väter bis zu drei Jahre lang finanzielle Unterstützung vom Staat bekamen, wenn sie nach der Geburt des Kindes ihre Arbeitszeit reduzierten oder ganz aus dem Arbeitsmarkt ausstiegen, was mit einer höheren monatlichen Pauschale „belohnt“ wurde.

Nachdem die Förderung zunächst auf Eltern mit mindestens drei Kindern beschränkt war, galt der Anspruch ab dem 1. Juli 1994 bereits ab dem zweiten Kind. Da diese Neuregelung ohne Vorankündigung in Kraft trat, konnte Canaan die Reformeffekte ermitteln, indem sie Familien verglich, deren zweites Kind kurz vor bzw. nach dem Stichtag geborenen wurde.

Zurück zur traditionellen Rollenverteilung

Die Analyse zeigt, dass ein Großteil der Mütter den maximalen Förderbetrag wählten und ganz zu Hause blieben. Die Wahrscheinlichkeit, aus dem Arbeitsmarkt auszusteigen, erhöhte sich durch die Reform um 16 Prozentpunkte.

Väter nahmen hingegen nur selten die neue Elternzeit in Anspruch, sondern weiteten stattdessen ihre tatsächlich geleistete Arbeitszeit um durchschnittlich 2,5 Wochenstunden aus. Das Einkommen veränderte sich dabei nicht, was dafür spricht, dass die Väter aus Karrieregründen oder wegen geringerer familiärer Verpflichtungen freiwillig mehr arbeiteten.

Insgesamt wurden die Zuständigkeiten für Haus- bzw. Erwerbsarbeit wieder klarer zwischen Mutter und Vater aufgeteilt. Die Studie liefert Anhaltspunkte dafür, dass dies der Paarbeziehung nicht unbedingt förderlich war. Zwar gab es keinen spürbaren Anstieg der Scheidungsrate, doch die Wahrscheinlichkeit, dass zusammenlebende Elternpaare innerhalb der nächsten vier Jahre heirateten, nahm um 10 Prozentpunkte ab.

Zudem bremste die Reform die Entwicklung der Kinder, gemessen an deren durchschnittlichen sprachlichen Fähigkeiten im Vorschulalter. Laut Canaan könnte dieser Effekt auf die geringere soziale Interaktion der überwiegend häuslich betreuten Kinder oder auf familiäre Spannungen aufgrund der veränderten Rollenverteilung zurückzuführen sein. Denkbar sei aber auch, dass aufgrund der Einkommenseinbußen weniger finanzielle Ressourcen in die kindliche Entwicklung investiert würden.

Wachsende Ungleichheit

Da die frühkindliche Förderung maßgeblich zu mehr Chancengleichheit beitrage, habe sich die soziale Spaltung infolge der Reform tendenziell verschärft, zumal von längerer Elternzeit primär Akademikerkinder profitieren. Auch den Abbau der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt habe die Reform eher behindert als gefördert. Die Forschungsergebnisse legen daher nahe, dass eine Ausweitung der Elternzeit den eigentlichen politischen Zielen zuwiderläuft.

Die Autorin betont, dass sich ihr Befund nicht notwendigerweise auf andere Länder übertragen lasse, da es neben der Länge der Elternzeit auch auf die genaue Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen ankomme. Generell bestehe jedoch bei einer übermäßigen Verlängerung der Förderdauer die Gefahr, dass damit das Gegenteil des erhofften Effekts erreicht werde.

Filed Under: Research Tagged With: family, gender gap, household, maternity, parental leave, paternity, well-being

Flexible Väterzeit fördert die Gesundheit von Müttern

June 17, 2019 by Dajan Baischew

Wenn berufstätige Väter in den ersten Monaten nach der Geburt des Kindes einen Anspruch darauf haben, je nach Bedarf kurzfristig zu Hause zu bleiben, verbessert sich das körperliche und seelische Wohlbefinden der Mütter spürbar, so das Ergebnis eines aktuellen IZA-Forschungspapiers der Stanford-Ökonominnen Petra Persson und Maya Rossin-Slater.

Die Studie untersucht die Auswirkungen einer Elternzeitreform in Schweden. Vor der Gesetzesänderung im Jahr 2012 konnten Eltern – bis auf die ersten zehn Tage nach der Geburt – nur getrennt voneinander eine bezahlte berufliche Auszeit nehmen. Die Neuregelung ermöglicht Vätern innerhalb des ersten Jahres bis zu 30 freie Tage zeitgleich mit der Mutter.

Weniger Komplikationen im Wochenbett

Um den Reformeffekt zu messen, verglichen die Forscherinnen Familien, deren Kinder in den Quartalen kurz vor bzw. nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung geboren wurden.

Die Auswertung zeigt: Nach der Reform sank die Wahrscheinlichkeit, dass Mütter in den ersten sechs Monaten nach der Entbindung wegen typischer Geburtsfolgen wie zum Beispiel Brustentzündungen ärztliche Hilfe benötigen, um 14 Prozent. Behandlungen mit Antibiotika gingen ebenfalls um 11 Prozent zurück.

Vor allem in den ersten drei Monaten zeigte sich außerdem ein positiver Effekt auf das psychische Wohl der Mütter: Die Wahrscheinlichkeit, Medikamente gegen Angstzustände zu benötigen, reduzierte sich um rund ein Viertel.

Mehr Flexibilität für Familien

Dabei hatten die Väter das Maximum von 30 sogenannten „Doppel-Tagen“ selten ausgeschöpft, sondern im Schnitt nur wenige Tage bezahlten Urlaub zusätzlich genommen. Die Autorinnen schließen daraus, dass es weniger auf die Dauer der Väterzeit ankomme als auf die Flexibilität.

„Entscheidend ist, dass Familien die Möglichkeit haben, spontan zu entscheiden, wann der Vater zu Hause bleiben soll. Wenn sich beispielsweise bei der Mutter erste Krankheitssymptome andeuten, kann der Vater ein, zwei Tage frei nehmen, damit die Partnerin sich schonen kann“, erklärt Persson. Auf diese Weise ließen sich schwerwiegendere Komplikationen offenbar in vielen Fällen verhindern.

Filed Under: Research Tagged With: child care, maternal health, mental health, paid maternity leave, paternity leave, physical health, spillover effects, workplace flexibility

Männliche Überflieger in der Klasse bremsen weibliche Bildungskarrieren

June 14, 2019 by Dajan Baischew

Geschlechterunterschiede sind von Ökonomen in vielerlei Hinsicht erforscht, wenn es beispielsweise um Wettbewerbsverhalten, Risikoneigung , Teamleistung oder Karrierewege geht. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Angela Cools, Raquel Fernández und Eleonora Patacchini ergänzt den Wissensstand um einen weiteren Aspekt – die geschlechtsspezifischen Effekte von Leistungsunterschieden innerhalb einer Gruppe.

Am Beispiel von Schulklassen in den USA untersucht die Studie die Auswirkungen des Anteils männlicher bzw. weiblicher Leistungsträger („High-Achievers“) auf den späteren Werdegang der Mitschülerinnen und Mitschüler. Dazu analysierten die Forscherinnen repräsentative Daten der Langzeitstudie „Add Health“ zu über 10.000 Schülern aus rund 120 High Schools in den USA.

Um Ursache und Wirkung sauber zu trennen, identifizierten sie die leistungsstarken Schüler nicht anhand deren Zeugnisnoten, da diese bereits durch die Interaktion mit Mitschülern beeinflusst sein könnten. Stattdessen zogen sie das Bildungsniveau der Eltern heran, das mit dem schulischen Leistungspotenzial der Kinder nachweislich stark korreliert.

Auswirkungen auf Bildungsabschluss und Erwerbstätigkeit

Die Auswertung zeigt: Sind Mädchen von vergleichsweise vielen männlichen Leistungsträgern umgeben, erzielen sie tendenziell schlechtere Noten in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern. Zudem verringert sich ihre Wahrscheinlichkeit, später einen Hochschulabschluss zu erlangen, während sie im Schnitt früher Kinder bekommen und seltener erwerbstätig sind.

Umgekehrt verhält es sich, wenn die Klasse besonders viele leistungsstarke Mädchen hat: Deren Mitschülerinnen profitieren in Form von größerem Bildungs- und Arbeitsmarkterfolg. Besonders ausgeprägt sind die Effekte bei Schülerinnen in der unteren Hälfte des Leistungsspektrums und an „besseren“ Schulen.

Auf Jungen hatte der Anteil männlicher oder weiblicher Leistungsträger in der Klasse hingegen keinerlei Einfluss.

Mangelndes Selbstbewusstsein?

Den verfügbaren Daten zufolge lassen sich die Befunde primär darauf zurückführen, dass Mädchen weniger Selbstbewusstsein und Ehrgeiz an den Tag legen, wenn sie von vielen leistungsstarken männlichen Schülern umgeben sind. Außerdem neigen sie eher zu riskanten Verhaltensweisen wie Drogenkonsum und Teenager-Schwangerschaften.

Ob sich diese Effekte durch die unmittelbare Interaktion mit den Mitschülern ergeben, lässt die Studie offen. Denkbar seien auch indirekte Einflüsse durch das Verhalten von Lehrern und Eltern.

In jeden Fall sprechen die Ergebnisse nach Einschätzung der Autorinnen dafür, dass schwächere Schülerinnen in einem männlich dominierten Umfeld besondere Förderung erfahren sollten – sei es durch Maßnahmen zur Stärkung des Selbstbewusstseins oder durch intensiveren Kontakt zu leistungsstarken Mädchen.

Filed Under: Research Tagged With: achievement, education, gender, high school, peer effects

Soziale Mobilität durch Bildung

June 12, 2019 by Dajan Baischew

Mangelnde Chancengleichheit in der Bildung gilt als Hauptgrund für die Zementierung der sozialen Ungleichheit in vielen westlichen Gesellschaften. Kindern aus Problemvierteln gelingt es nur selten, den Teufelskreis aus Armut, Kriminalität, geringer Bildung und Arbeitslosigkeit zu durchbrechen. Zwar existiert eine Vielzahl von steuer- oder spendenfinanzierten Förderprogrammen, die benachteiligten Jugendlichen den sozialen Aufstieg erleichtern sollen, doch deren Kosteneffektivität ist oft nicht wissenschaftlich fundiert belegt.

Bisherige Studien konzentrieren sich zudem meist auf unmittelbare Erfolge, etwa die Verringerung der Schulabbrecherquote. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Adam M. Lavecchia, Philip Oreopoulos und Robert S. Brown liefert nun erstmals eine umfassende Auswertung der Langzeiteffekte eines Förderprogramms für kanadische Jugendliche und gelangt zu einem bemerkenswert positiven Ergebnis.

Vier-Säulen-Fördermodell

Die untersuchte Initiative Pathways to Education startete 2001 in Regent Park, einem der ärmsten Stadtteile der kanadischen Metropole Toronto. Die Förderstrategie des Programms basiert auf vier Säulen: individuelle Beratung, finanzielle Unterstützung, pädagogische Betreuung und soziale Interaktion. Beispielsweise erhielten die Programmteilnehmer kostenlose Schülertickets, Lehrmaterialen und Studienbeihilfen, wenn sie sich verpflichteten, Nachhilfeangebote und Gruppenstunden wahrzunehmen.

Das Programm war zunächst auf Neunt- bis Zwölftklässler aus einem sozialen Wohnungsbauprojekt begrenzt, von denen bis zu 90% freiwillig teilnahmen. Die Forscher konnten daher die Langzeiteffekte des Förderprogramms zuverlässig messen, indem sie anhand von Daten der Schul- und Steuerbehörden den Werdegang der Programmteilnehmer mit Gleichaltrigen verglichen, deren Sozialwohnungen außerhalb des Einzugsgebiets lagen.

Höhere Beschäftigung und höheres Jahreseinkommen

Die Auswertung zeigt, dass die „Pathways“-Absolventen nicht nur häufiger einen Hochschulabschluss erreichten, sondern im Alter von 28 Jahren auch ein um 19% höheres Jahreseinkommen und eine 15% höhere Beschäftigungsquote verzeichneten als Jugendliche mit vergleichbarem sozioökonomischem Hintergrund, die nicht am Programm teilgenommen hatten. Zudem reduzierte das Förderprogramm die Abhängigkeit von Sozialhilfe um ein Drittel.

Nach Einschätzung der Autoren sprechen die Befunde dafür, dass die Fördermittel in Höhe von mehreren Tausend Dollar pro Teilnehmer sinnvoll investiert sind. Nicht eindeutig belegen lässt sich jedoch die Effektivität jeder einzelnen Komponente des Programms. Anders ausgedrückt: Falls eine flächendeckende Einführung an den hohen Kosten scheitern sollte, bleibt unklar, welche Bestandteile am ehesten verzichtbar wären, ohne den Erfolg des Programms zu gefährden.

Filed Under: Research Tagged With: disadvantaged, lifetime outcomes, poverty, social assistance, student support program, youth

Setzen wir auf die „richtige“ Technologie?

June 7, 2019 by Mark Fallak

Bei allem Hype um die Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz (KI) mit Blick auf die Zukunft von Arbeit, Gesellschaft und Wirtschaft wird oft eine entscheidende Frage vergessen: Investieren wir in die Art von Technologie, die das größte Potenzial hat, Produktivität zu steigern und Wohlstand zu mehren? Antworten darauf liefern Daron Acemoglu (MIT & IZA) und Pascual Restrepo (Boston University), zwei der führenden Ökonomen auf diesem Gebiet, in einem aktuellen IZA-Forschungspapier.

Technologiefolgen für die Beschäftigung

Die klassischen ökonomischen Modelle gehen davon aus, dass technologischer Fortschritt eine höhere Produktivität pro Arbeitskraft ermöglicht, was zu wachsender Arbeitsnachfrage und somit zu steigenden Löhnen und Beschäftigung führt.

Laut Acemoglu und Restrepo sieht die Sache in der Realität jedoch etwas anders aus: Viele neue Technologien zur Automatisierung zielen nicht explizit auf Produktivitätssteigerungen ab, sondern dienen primär dazu, menschliche Arbeitskraft in leicht automatisierbaren Bereichen durch günstigere Maschinen zu ersetzen. Folglich sinkt der Mehrwert der Arbeit, da das Lohn- und Beschäftigungswachstum nicht mit dem Produktivitätswachstum Schritt hält.

Insofern verschlechtert sich der relative Stellenwert des Faktors Arbeit zunehmend, wenn immer mehr „mittelprächtige“ Technologien auf den Markt geworfen werden. Darunter verstehen die Autoren Innovationen in der Automatisierung, die gerade gut genug sind, dass sich deren Einsatz lohnt, aber kaum produktiver als die ersetzten Arbeitskräfte. Menschliche Arbeit wird also verdrängt, ohne dass neue Arbeitsnachfrage an anderer Stelle entsteht.

Automatisierung und neue Tätigkeiten

In einem weiteren IZA-Forschungspapier verdeutlichen Acemoglu und Restrepo diesen Zusammenhang am Beispiel der USA: Dort lässt sich das gebremste Beschäftigungswachstum der letzten drei Jahrzehnte damit erklären, dass menschliche Arbeit vor allem in der industriellen Fertigung zunehmend verdrängt wurde, während sich das Produktivitätswachstum verlangsamte und in geringerem Maße neue Tätigkeitsfelder entstanden.

Entsteht immer mehr „schlechte“ KI?

Die meisten Ökonomen setzen nach wie vor viel Vertrauen in die Effizienz von Marktmechanismen bei der Ressourcenallokation. Laut Acemoglu und Restrepo ist jedoch weitgehend unumstritten, dass der Markt eher ungeeignet ist, wenn es um die Förderung von Innovationen geht. Ein Grund dafür sind Externalitäten: Von Innovationen profitieren nicht nur deren Urheber, sondern auch andere Marktteilnehmer.

Außerdem ist dem Markt egal, ob technologischer Fortschritt die Menschen glücklicher macht, Ungleichheit abbaut oder anderen gesellschaftlichen Nutzen stiftet. Erschwerend kommt hinzu, dass die steuerliche Begünstigung von Kapital und Investitionen gegenüber dem Faktor Arbeit in den USA und anderen westlichen Ländern das Ersetzen von Menschen durch Maschinen vergleichsweise profitabel macht.

Zwar finden Acemoglu und Restrepo keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass „schlechte“ Formen von Künstlicher Intelligenz bereits auf dem Vormarsch wären. Allerdings sehen sie den Markt für Innovationen auch nicht in der Lage, eine effiziente Balance zwischen den verschiedenen Ausprägungen von KI auf Dauer zu gewährleisten. Politik und Unternehmen stünden daher in der Verantwortung, aktiv Innovationen zu fördern, die neue Tätigkeitsfelder eröffnen und somit zusätzliche Arbeitsnachfrage schaffen, statt menschliche Arbeit nur durch Maschinen zu ersetzen.

Filed Under: Opinion, Research Tagged With: automation, digitalization, future of work, production, technology

Automatisierbarkeit im globalen Vergleich

June 4, 2019 by Mark Fallak

Die Frage, welche Jobs durch den Einsatz von Robotern oder künstlicher Intelligenz bedroht sind, steht im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte über die Zukunft der Arbeit. Bei der Bewertung des Automatisierungsrisikos bestimmter Berufe wird jedoch häufig übersehen, dass die spezifischen Tätigkeitsmerkmale innerhalb der Berufsgruppen, aber auch international stark variieren.

Generell gilt: Je größer der Anteil von kognitiven oder manuellen Routinetätigkeiten, desto leichter lassen sich die jeweiligen Jobs durch Maschinen ersetzen oder ins Ausland verlagern. Im Laufe der Zeit ist daher der Routineanteil in vielen Berufen zurückgegangen. Allerdings sind die Tätigkeitsprofile einzelner Berufe nicht – wie in der Forschung oft angenommen – international vergleichbar.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier bemessen Piotr Lewandowski, Albert Park, Wojciech Hardy und Yang Du die großen Unterschiede innerhalb von Berufsgruppen und zwischen den Volkswirtschaften anhand umfangreicher Datensätze aus 42 Industrie- und Entwicklungsländern.

Geringere Routineintensität in Industrieländern

In Ländern mit intensiverem Technologieeinsatz, höherem Qualifikationsniveau und breiterer Beteiligung an globalen Wertschöpfungsketten haben demnach vor allem die hochqualifizierten Berufe einen deutlich höheren Anteil an komplexen Aufgaben, die besondere analytische und soziale Kompetenzen erfordern.

Das bedeutet umgekehrt: Fach- und Führungskräfte oder Techniker in Entwicklungsländern üben deutlich mehr Routinetätigkeiten aus als Angehörige der gleichen Berufsgruppe etwa in den USA, Deutschland oder Skandinavien.

Anders verhält es sich bei den Berufen mit geringen oder mittleren Qualifikationsanforderungen. Auch hier sind die Länderunterschiede erheblich, hängen jedoch nicht systematisch mit dem Entwicklungsstand der Volkswirtschaft zusammen.

Ursachen und Konsequenzen der Länderunterschiede

Die Autoren führen ihre Befunde auf drei Faktoren zurück: Technologie, Globalisierung und Qualifikation. Die unterschiedliche Verbreitung von Computern und anderen Technologien hat der Analyse zufolge vor allem zu den Länderunterschieden in der Routineintensität hochqualifizierter Berufe beigetragen, in denen Informations- und Kommunikationstechnologien bei komplexen Tätigkeiten unterstützend eingesetzt werden.

Die Globalisierung, insbesondere die Spezialisierung innerhalb der globalen Wertschöpfungskette, fördert die Unterschiede bei den geringqualifizierten, leicht in Ausland verlagerbaren Berufen. Denn durch „Offshoring“ können sich die jeweiligen Länder auf ihre Wettbewerbsvorteile konzentrieren. Somit spezialisieren sich ärmere Länder tendenziell auf Tätigkeiten mit hohem Routineanteil.

Das durchschnittliche Qualifikationsniveau spielt vor allem in Entwicklungsländern eine wichtige Rolle, zumal davon nicht nur der Anteil an hochqualifizierten Jobs an der Gesamtbeschäftigung abhängt, sondern auch die Ausprägung der Tätigkeitsprofile in den jeweiligen Berufsgruppen.

Diese Aspekte sollten nach Einschätzung der Autoren sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik stärker als bisher berücksichtigt werden, um länderspezifische Antworten auf die Herausforderungen von Digitalisierung und Automatisierung zu entwickeln.

Filed Under: Research Tagged With: automation, digitalization, future of work, globalization, occupations, routine intensity, skills, task content, technology

Nachhaltige Migrationspolitik: Ursachen, Kosten und Nutzen von Zuwanderung

May 31, 2019 by Dajan Baischew

Bereits zum 16. Mal trafen sich international renommierte Ökonomen zum IZA Annual Migration Meeting, um neue Forschungserkenntnisse zu Migrationsfragen zu diskutieren. Die diesjährige Veranstaltung fand in Irland statt, einem Land mit besonders intensiver Migrationsgeschichte. Ausrichter war das Geary-Institut am University College Dublin.

In seiner Keynote-Rede zum Thema „Nachhaltige Migration“ wies der Oxford-Professor Sir Paul Collier, einer der bekanntesten Entwicklungsökonomen, auf häufig unterschätzte Kosten von Einwanderung hin. Diese entstünden beispielsweise dadurch, dass Unternehmen zu wenig in die Aus- und Weiterbildung einheimischer Arbeitskräfte investieren. Auch könne die bevorzugte Ansiedlung hochqualifizierter Zuwanderer in Großstädten zur Verdrängung Einheimischer durch steigende Preise führen und die soziale Kluft zwischen Stadt und Land verschärfen.

Ungeachtet der vielfach belegten Vorteile von Migration gelte es diese potenziellen Nachteile nicht aus den Augen zu verlieren, so Collier. Eine nachhaltige Migrationspolitik müsse zum Ziel haben, die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Kosten der Migration für die Herkunfts- und Zielländer zu minimieren.

Wirtschaftliche Implikationen der globalen Flüchtlingsströme 

Ein zentrales Thema des Workshops waren die wirtschaftlichen Auswirkungen der Flüchtlingsströme. Am Beispiel türkischer Regionen mit hohem Anteil syrischer Flüchtlinge konnte Onur Altindag zeigen, dass die lokale Wirtschaft durch Produktivitätssteigerungen und Unternehmensneugründungen stimuliert wurde. 

Panu Poutvaara wies auf Basis neuer Daten zu den Flüchtlingsströmen der Jahre 2015-2016 nach, dass es vor allem die besser qualifizierten Arbeitskräfte sind, die ihre Heimatländer in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa verlassen. 

Kehren Kriegsflüchtlinge in ihre Heimatländer zurück, profitiert die dortige Wirtschaft vom neu gewonnenen Knowhow. Der Studie von Dany Bahar zufolge stiegen Wachstum und Exportleistung in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens insbesondere in Branchen mit einem hohen Anteil an Beschäftigten, die während der Balkankriege nach Deutschland geflohen waren und bei ihrer Rückkehr nützliche Kenntnisse und Fähigkeiten mitbrachten.

Breites Themenspektrum

Weitere Forschungserkenntnisse bezogen sich auf die Arbeitsmarkteffekte hochqualifizierter Zuwanderung, die Rolle der sogenannten Sanctuary Cities in den USA bei der Strafverfolgung, den Einfluss des rechtlichen und institutionellen Rahmens im Zielland auf die Auswanderungsentscheidung, die wirtschaftliche und soziale Integration von Einwanderern der zweiten Generation sowie die Vorteile der Zweisprachigkeit von Lehrern für den Spracherwerb von Einwandererkindern.

Sämtliche vorgestellten Studien finden Sie im Workshop-Programm.

Filed Under: IZA News, Research Tagged With: illegal migration, immigration polices, labor market, migration, refugee

Brückentage verleiten Beschäftigte offenbar nicht zum Blaumachen

May 27, 2019 by Dajan Baischew

Verhalten sich Arbeitnehmer – im Ökonomenjargon ausgedrückt – „freizeitnutzenoptimierend“, indem sie sich durch Krankmeldung an Brückentagen ein extralanges Wochenende ermöglichen? Oder schleppen sie sich vor und nach Feiertagen womöglich sogar eher krank zur Arbeit, um bei Vorgesetzten und Kollegen nicht in den Verdacht des Blaumachens zu geraten?

Studien aus Schweden zeigen, dass sich vor allem junge männliche Beschäftigte an Tagen mit sportlichen Großereignissen und um den eigenen Geburtstag herum überdurchschnittlich oft krankmelden. Ob das auch für Brückentage gilt, untersuchen die österreichischen Ökonomen René Böheim und Thomas Leoni in einer aktuellen Studie, die kürzlich als IZA Discussion Paper erschienen ist. Dazu werteten sie umfangreiche Sozial- und Krankenversicherungsdaten von abhängig Beschäftigten in Oberösterreich aus.

Über den Zeitraum 2006-2016, in den insgesamt 45 Brückentage fielen, analysierten die Forscher die in über 67.000 Unternehmen angefallenen Krankheitstage und die jeweiligen Gründe für die Krankschreibungen. Die Auswertung zeigt: An Brückentagen melden sich Beschäftigte unabhängig von Geschlecht, Alter und Unternehmensgröße seltener krank als an regulären Montagen oder Freitagen (siehe Abbildung).

Abbildung 1: Krankmeldungen an Brückentagen im Vergleich zu regulären Montagen oder Freitagen. „Subjektive Diagnosen“ beziehen sich auf schwer nachweisbare Symptome wie z.B. Kopfschmerzen.

Strategisches Verhalten im Sinne der Vermeidung allzu auffälliger Krankmeldungen können die Forscher allerdings nicht erkennen, denn bei den attestierten Krankheitsgründen zeigen sich keine systematischen Unterschiede. Der Studie zufolge dürften die geringeren krankheitsbedingten Fehlzeiten an Brückentagen eher darauf zurückzuführen sein, dass Beschäftigte häufiger Urlaub nehmen oder vom Arbeitgeber einen zusätzlichen freien Tag gewährt bekommen.

Filed Under: Research Tagged With: absenteeism, employee, employer, sick leave, vacation, workers

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