Laut einem aktuellen IZA Policy Paper von Stijn Baert (Universität Gent) hat die Pandemie auf den europäischen Arbeitsmärkten im Corona-Jahr 2020 keine größeren Schäden hinterlassen. Die Arbeitslosigkeit unter den 25- bis 64-Jährigen stieg EU-weit um 0,2 Prozentpunkte von 4,8 auf 5,0 Prozent. Zum Vergleich: Infolge der Finanzkrise hatte es zwischen 2009 und 2010 einen Anstieg um 1,3 Prozentpunkte gegeben.
Dennoch zeigen sich auffällige Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Ländern. So nahm die Arbeitslosigkeit in den baltischen Staaten um jeweils mehr als 1,5 Prozentpunkte zu. Einen Anstieg von mehr als einem Prozentpunkt verzeichneten sonst nur Rumänien und Schweden. Das vermeintliche Vorzeigeland Schweden rutscht dadurch in puncto Arbeitsmarkt-Performance auf Platz 23 von 27 ab.
Arbeitslosigkeit vs. Nichterwerbstätigkeit
Ein ausbleibender Anstieg der Arbeitslosenquote könnte auch bedeuten, dass mehr Menschen angesichts schlechter Jobchancen ganz aus dem Arbeitsmarkt aussteigen. Die Studie betrachtet daher ebenfalls Veränderungen bei der Nichterwerbstätigkeit. Doch auch hier zeigt sich, bezogen auf die gesamte EU-27, eine relativ geringe Zunahme von 20,0 auf 20,3 Prozent. Überdurchschnittlich hoch fiel der Anstieg in Südeuropa aus, insbesondere in Italien (1,5 Prozentpunkte) und Spanien (1,1 Prozentpunkte).
Deutschlands Position weitgehend stabil
Im europäischen Vergleich unauffällig hat sich die Lage in Deutschland entwickelt. In der Gruppe der 25- bis 64-Jährigen stieg die Arbeitslosigkeit gegenüber 2019 um 0,5 Prozentpunkte von 2,4 auf 2,9 Prozent, während sich die Quote der Nichterwerbstätigen nur um 0,1 Prozentpunkte von 15,6 Prozent auf 15,7 Prozent erhöhte. In beiden Kategorien ergibt sich daraus ein fünfter bzw. sechster Platz im EU-weiten Ranking. Besonders bemerkenswert: In Polen gingen trotz Krise sowohl Arbeitslosigkeit als auch Inaktivität zurück, wie die folgende Grafik zeigt.
Für Entwarnung sei es dennoch zu früh, mein Stijn Baert. In früheren Krisen habe die Arbeitslosenquote ihren Höhepunkt erst etwa ein Jahr nach der konjunkturellen Talsohle erreicht. Nach dem Auslaufen von Kurzarbeitregelungen und anderen staatlichen Hilfsmaßnahmen könne es durchaus zu einem weiteren Anstieg von Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit kommen.
Vieles dürfte nach Einschätzung des belgischen Ökonomen vom Umgang der Regierungen mit den in der Corona-Krise angehäuften Staatschulden abhängen: Harte Sparmaßnahmen könnten dem Arbeitsmarkt einen zusätzlichen Schlag versetzen, während gezielte Investitionen wiederum stimulierend wirken könnten.