Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Die Gründe sind vielschichtig und werden nicht zuletzt in den Debatten um die Einführung von Frauenquoten kontrovers diskutiert. Ein klassischer, aber besonders umstrittener Erklärungsansatz führt die Schieflage darauf zurück, dass es die typisch männlichen Eigenschaften und Fähigkeiten sind, die eine erfolgreiche Führungskraft ausmachen.
Wie Managerinnen und Manager das selbst sehen, haben Tor Eriksson, Nina Smith und Valdemar Smith in einer aktuellen Studie untersucht, die als IZA Discussion Paper erschienen ist. In einer groß angelegten Feldstudie befragte das Forscherteam der Universität Aarhus rund 3.000 dänische Manager unterschiedlicher Hierarchieebenen.
Zunächst sollten die Befragten angeben, welche Eigenschaften aus ihrer Sicht eine erfolgreiche Führungspersönlichkeit ausmachen. Dabei konnten sie für „männliche“ Eigenschaften (entschlossen, diszipliniert, risikobereit, kompetitiv, selbstbewusst), „weibliche“ Eigenschaften (sozialkompetent, dialogorientiert, hilfsbereit) und neutrale Eigenschaften (ergebnisorientiert, visionär, innovativ) jeweils Werte auf einer Skala von 1 bis 5 ankreuzen. Im zweiten Teil der Befragung sollten die Managerinnen und Manager sich selbst im Hinblick auf die genannten Eigenschaften beurteilen.
Männer halten männliches Auftreten eher für einen Erfolgsfaktor
Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass Männer im Durchschnitt den männlichen Eigenschaften einen größeren Wert beimessen als Frauen. Interessanterweise dreht sich diese „Stereotypisierung“ an der Spitze um: In der Gruppe der Vorstandsvorsitzenden sind es primär die Frauen, die männliche Eigenschaften für wichtiger halten. Zudem fällt auf, dass in Unternehmen, die viel Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance legen, die Geschlechterbilder weniger stark ausgeprägt sind.
Die Autoren beobachten darüber hinaus eine „Selbst-Stereotypisierung“: Frauen in Führungspositionen schreiben sich eher weibliche Attribute zu, während Männer bei sich selbst die typisch männlichen Eigenschaften besonders ausgeprägt finden. Die Ausnahme bildeten auch hier wiederum die Top-Manager: Unabhängig vom Geschlecht sahen sie sich mit sämtlichen Führungsqualitäten überdurchschnittlich gut ausgestattet.
Laut Studie können die Selbsteinschätzungen der Führungskräfte allerdings höchstens zehn Prozent der Geschlechterlücke im Top-Management erklären. Die Autoren vermuten daher, dass ein Großteil der Diskrepanz darauf zurückzuführen ist, dass die überwiegend männlich besetzten Entscheidungsgremien bei Beförderungen und Neueinstellungen zur Stereotypisierung neigen und im Zweifel männlichen Kandidaten den Vorrang geben. Die Befragung liefert dafür starke Indizien, wenn auch keinen klaren Beweis.