Der demografische Wandel sorgt in vielen Ländern für Reformdruck bei der Alterssicherung. Pläne zur Erhöhung des effektiven Renteneintrittsalters stoßen jedoch oft auf politischen Widerstand. Körperlich hart arbeitenden Menschen, so ein zentrales Gegenargument, sei eine längere Lebensarbeitszeit nicht zumutbar. Dass aber auch ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, zeigt ein IZA-Forschungspapier von Andreas Kuhn, Stefan Staubli, Jean-Philippe Wuellrich und Josef Zweimüller.
Die Ökonomen werteten Daten eines Vorruhestandsprogramms aus, das von 1988 bis 1993 in Österreich den Strukturwandel abfedern sollte. Industriearbeiter konnten sich ohne große Einkommensverluste drei Jahre früher zur Ruhe setzen als ihre Kollegen in anderen Regionen, in denen das Programm nicht galt. Diese Besonderheit erlaubte es den Forschern, Ursache und Wirkung beim Zusammenhang von Renteneintritt und Gesundheit sauber zu trennen. Das ist normalerweise kaum möglich, zumal schwer zu erkennen ist, ob jemand nicht deshalb in den Vorruhestand geht, weil er krank ist.
Untere Einkommensgruppen am stärksten betroffen
Die Studienergebnisse zeigen, dass sich für Männer mit jedem Jahr des vorzeitigen Renteneintritts die Wahrscheinlichkeit, vor dem 73. Lebensjahr zu sterben, um 6,8 Prozent erhöht. Besonders betroffen waren geringer Qualifizierte aus den unteren Einkommensgruppen.
Die Forscher gehen davon aus, dass das höhere Sterblichkeitsrisiko in erster Linie auf ruhestandsbedingte Änderungen des Lebensstils zurückzuführen ist. Dazu zählen etwa geringere Gesundheitsinvestitionen, weniger körperliche und geistige Aktivität sowie ein veränderter Tagesablauf, der ungesunden Verhaltensweisen Vorschub leiste.
Frauen leiden weniger unter Ruhestand
Dies könnte auch erklären, warum bei Frauen, die von der Vorruhestandsregelung Gebrauch machten, keine negativen Folgen für die Gesundheit festzustellen war. Denkbar sei, so die Forscher, dass Frauen besser mit einschneidenden Veränderungen im Alltag zurechtkämen. Zudem pflegten Frauen im Ruhestand allgemein einen gesünderen Lebensstil als Männer und litten womöglich weniger unter dem sozialen Statusverlust, der mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben verbunden sei.
Die Autoren weisen darauf hin, dass sich ihre Befunde nicht notwendigerweise auf die gesamte Erwerbsbevölkerung übertragen lassen. In jedem Fall aber sprächen sie dafür, dass geeignete Strategien zur Verlängerung der durchschnittlichen Arbeitszeit nicht nur die Rentenkassen entlasten und den Fachkräftemangel lindern würden, sondern auch den Beschäftigten selbst zugutekämen.