In Deutschland wird der Mindestlohn 2019 auf 9,19 Euro erhöht und steigt 2020 auf 9,35 Euro. Fünf Jahre nach Einführung 2015 (8,50 Euro) wird der Mindestlohn dann um 10 Prozent höher ausfallen. Während diese Anhebung von vielen als nicht ausreichend zur Verringerung von Armut und Ungleichheit erachtet wird, befürchten andere Kritiker Negativfolgen in Form von Beschäftigungsabbau, höherer Arbeitslosigkeit und volkswirtschaftlichen Effizienzverlusten.
Experten des IZA und anderer Institutionen haben die Entscheidungsfindung der Mindestlohnkommission durch eine Studie zu den Effekten des Mindestlohns auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit unterstützt. Da die bundesweit zeitgleiche Einführung des Mindestlohns eine Evaluation unter Zuhilfenahme von nicht betroffenen Kontrollgruppen nicht zulässt, verwendet die Untersuchung moderne Methoden der Politikevaluation, um anhand amtlicher Daten auf Regionen- und Betriebsebene sowie Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels Aussagen über Wirkungszusammenhänge zwischen Mindestlohneinführung, Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit zu treffen.
Die Hauptergebnisse der Expertise im Überblick:
- Signifikante Wirkungen des Mindestlohns auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lassen sich bislang ebenso wenig feststellen wie eine Veränderung der Arbeitslosigkeit.
- Der im Zeitraum 2015 bis 2016 beobachtete Rückgang der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse („Mini-Jobs“) geht teils kausal auf die Einführung des Mindestlohns zurück, hängt aber in erster Linie mit einer Zurückhaltung der Arbeitgeber bei den Einstellungen statt mit zunehmenden Abgängen zusammen. Zusätzlich wurden geringfügige Beschäftigungsverhältnisse innerhalb der Unternehmen vermehrt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt.
- Unmittelbar nach Bekanntwerden und Einführung des Mindestlohns hat bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine statistisch signifikante Reduktion der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit (ca. fünf Prozent bzw. 1,5 Stunden im ersten Halbjahr 2015) stattgefunden. Dagegen sind – statistisch nicht signifikant – die tatsächlichen Arbeitszeiten im gleichen Zeitraum nur um ca. 2,5 Prozent bzw. 0,8 Stunden zurückgegangen. Für geringfügig Beschäftigte ist bei vertraglichen wie tatsächlichen Arbeitszeiten nur ein statistisch insignifikanter Negativeffekt eingetreten. Auch über einen längeren Zeitraum (2014-2016) hinweg ergeben die Analysen keine signifikante Reduzierung der Arbeitszeiten.