Kinder machen viel Freude, doch sie sind für ihre Eltern auch eine erhebliche finanzielle Belastung. Staatliche Programme gleichen nur einen Teil dieser Kosten aus. Subjektiv empfinden die meisten Eltern den zusätzlichen finanziellen Druck jedoch als überraschend gering. Stressfaktor Nummer eins ist vielmehr die zeitliche Belastung, die mit der Kinderbetreuung verbunden ist. Das ist das Ergebnis eines aktuellen IZA-Diskussionspapiers von Hielke Buddelmeyer, Dan Hamermesh und Mark Wooden.
Die Ökonomen werten Befragungsdaten des deutschen Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des australischen HILDA-Datensatzes für die Jahre 2001 bis 2012 aus. „Obwohl wir für Deutschland und Australien sehr unterschiedliche Daten heranziehen, sind die Ergebnisse in beiden Ländern erstaunlich deckungsgleich“, sagt IZA-Preisträger Hamermesh.
Demnach empfinden Eltern den zeitlichen Stress im Vergleich zur finanziellen Belastung als weit gravierender. Diese Wahrnehmung geben insbesondere Mütter zu Protokoll, denen in den ersten Lebensjahren des Kindes zumeist die Hauptlast der Betreuung und der Vereinbarung von Familie und Beruf zufällt. Aber auch die Mehrzahl der Väter sieht sich der Untersuchung zufolge stärker zeitlich als finanziell unter Druck.
Dies kann als Teilerfolg verbreiteter finanzieller Förderprogramme für Familien interpretiert werden, verdeutlicht aber erst recht den hohen Stellenwert einer auf die Bedürfnisse der Familien zugeschnittenen außerhäuslichen Kinderbetreuung und flexibler Arbeitszeitmodelle, mit denen eine zeitliche Entlastung erreicht werden kann. Denn mit mehr Geld ist es nicht getan: Die Studie ermittelt einen extrem hohen Wert, den eine monetäre Unterstützung erreichen müsste, um den Zeitstress im subjektiven Empfinden auszugleichen.
Neben der Familienpolitik sieht Hamermesh aber auch die Eltern selbst in der Pflicht: „Im internationalen Vergleich steht Deutschland bei der Familienförderung schon ausgesprochen gut da. Von einer ausgedehnten, bezahlten Auszeit vom Job können Eltern in anderen Teilen der Welt nur träumen. Allerdings mangelt es in vielen Familien nach wie vor an einer ausgewogenen Aufgabenverteilung bei der Kinderbetreuung.“
Die Forscher untersuchen nicht allein Daten zu jungen Eltern, sondern ermitteln auch, dass Eltern, deren Kinder bereits volljährig sind und einen eigenen Haushalt gegründet haben, noch eine zeitliche und finanzielle Belastung verspüren. Das empfundene Stressniveau geht zwar zurück, erreicht aber nicht den Wert vor der Geburt der Kinder, sondern bleibt im Vergleich zu kinderlosen Paaren deutlich höher – auch wenn das empfundene Familienglück und die damit einhergehende Lebenszufriedenheit das subjektive Stressempfinden in aller Regel wieder ausgleichen.