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IZA Newsroom

IZA – Institute of Labor Economics

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Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Wem gehören die Roboter?

August 7, 2018 by admin

Die fortschreitende Digitalisierung wird nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen. Für solche Schreckensszenarien gebe es keine empirische Evidenz, und sie widersprächen zudem einfacher ökonomischer Logik, schreibt IZA-Fellow Jens Südekum (Düsseldorf Institute for Competition Economics) in einem aktuellen Beitrag zur Reihe „IZA Standpunkte“. Das wahre Problem der Digitalisierung bestehe vielmehr in einer stärkeren Ungleichheit der Lohn- und Einkommensverteilungen sowie in sinkenden Reallöhnen in der Mitte des Lohnspektrums.

In seinem Beitrag bezieht sich Südekum auf aktuelle Forschung zu den Arbeitsmarkteffekten einer konkreten neuen Technologie: dem Einsatz von Industrierobotern in Deutschland. Bislang wurden die Löhne durch Roboter nur schwach in Mitleidenschaft gezogen. Diese negativen Lohneffekte könnten zwar zunehmen, etwa durch das Voranschreiten künstlicher Intelligenz und anderer digitaler Technologien. Diesem Problem allein mit einer Ausweitung der Einkommensumverteilung über Steuer- und Transfersysteme begegnen zu wollen, dürfte jedoch langfristig zu kurz greifen, meint Südekum.

Bedingungsloses Grundeinkommen ist der falsche Ansatz

Insbesondere sei das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) keine zielführende Lösung, zumal es auf der unzutreffenden Prämisse beruhe, dass das „Ende der Arbeit“ nah sei. Die Wirtschaftspolitik solle sich stattdessen auf die Primärverteilung der Markteinkommen konzentrieren. Das gesellschaftliche Ziel bestehe darin, dass die gesamtwirtschaftlichen Wachstumspotenziale der Digitalisierung möglichst gleichmäßig anfallen.

Die wichtigsten Instrumente zur Erreichung dieses Ziels sind nach Südekums Einschätzung eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik und massive Investitionen in die Wissensinfrastruktur zur Förderung von Produktivitätsdiffusion und beruflicher Weiterbildung sowie adäquater Ausbildung insgesamt. Statt über Robotersteuern sollte vielmehr über Modelle der Mitarbeiterbeteiligung nachgedacht werden. Denn die zentrale Frage der Digitalisierung laute: Wem gehören die Roboter?

Die gleiche Schlussfolgerung hatte zuvor bereits IZA-Fellow Richard Freeman (Harvard University) in einem vielbeachteten Beitrag für das Online-Kompendium IZA World of Labor auf den Punkt gebracht: „Who owns the robots rules the world“.

Filed Under: Opinion, Research

Kann mehr Entwicklungshilfe wirklich die Migration reduzieren?

July 2, 2018 by admin

Politiker in Europa haben ihren nationalen Entwicklungs­hilfeagenturen ein dringendes Mandat erteilt: Konzentriert euch auf die Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort, um die Migrationswelle aus armen Ländern deutlich zu reduzieren.

Diese Bemühungen sind gerade mit Blick auf Afrika von großer Bedeutung, da der Kontinent südlich der Sahara Schätzungen zufolge bis zum Jahr 2050 einen Nettozuwachs von 800 Millionen Arbeitskräften verzeichnen wird.

Damit das Vorhaben Erfolg haben kann, ist zweierlei erforderlich: Erstens müsste es gelingen, die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern der Migranten wesentlich zu verändern. Und zweitens müsste ein solcher Wandel obendrein dazu führen, dass wirklich weniger Menschen auswandern wollen.

Mit anderen Worten: Die Bereitstellung von mehr Entwicklungshilfe an sich reicht also keineswegs aus, um die auf Seiten der Industrieländer politisch gewünschten Ergebnisse auch wirklich zu erzielen.

Diesen ebenso hochaktuellen wie hochbrisanten Fragen sind wir in einem IZA Policy Paper nachgegangen. Unser Hauptbefund ist, dass sich die Hoffnung nicht erfüllen wird, dass mehr Entwicklungshilfe die Auswanderung aus armen Ländern tatsächlich reduziert.

Im Normalfall dauert es nämlich – wenn man die durchschnittliche historische BIP-Wachstums­rate zugrunde legt – fast 200 Jahre, bis in einem armen Land der Impuls zur Migration nachlässt. Die Auswanderung geht erst dann systematisch zurück, wenn die betroffenen Länder ein Pro-Kopf-Einkommen von etwa 8.000 bis 10.000 US-Dollar (gemessen auf Kaufkraftbasis) erreicht haben.

Auf den ersten Blick überraschen mag auch die Tatsache, dass Länder mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 5.000 bis 10.000 US-Dollar (auf Kaufkraftbasis) im Durchschnitt eine dreimal höhere Anzahl an Auswanderern verzeichnen als Länder, in denen das Pro-Kopf-Einkommen unter 2.000 US-Dollar liegt. In den ärmsten Ländern fehlt es schlicht an Mitteln und Wegen, um den Migrationswunsch in die Tat umzusetzen.

Mit anderen Worten: Bis zum Erreichen der Einkommensschwelle von 8.000 bis 10.000 US-Dollar nimmt die Migrationsneigung in armen Ländern bei wachsendem Wohlstand sogar tendenziell zu.

Und selbst wenn man sehr optimistisch annimmt, dass sich das jährliche Wirtschaftswachstum durch Entwicklungshilfe um zwei Prozentpunkte steigern ließe (eine Verdreifachung der bisherigen Rate), würde es bis zum Erreichen dieser Einkommens­schwelle noch ein halbes Jahrhundert dauern.

Erschwerend kommt dabei hinzu, dass viele wissenschaftlich belastbare Studien keinen nennenswerten Wachstumseffekt von Entwicklungshilfe feststellen können.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist ebenso unklar, ob finanzielle Hilfe aus dem Ausland Probleme wie die Jugendarbeitslosigkeit, die Konfliktprävention oder die Menschenrechtslage in den Herkunftsländern von Flüchtlingen positiv beeinflussen kann. Bisherige Einzelmaßnahmen konnten hier bestenfalls geringe Erfolge erzielen und lassen sich nicht ohne weiteres im großen Maßstab umsetzen.

Die wichtigste politische Konsequenz dieser Befunde liegt auf der Hand: Westliche Politiker, die derzeit gerne mit öffentlichen Appellen zur Bekämpfung der Fluchtursachen in den Herkunftsländern hervortreten, müssen der Versuchung widerstehen, ihren Wählern gegenüber ein – zumindest implizit – falsches Versprechen zu machen.

Ein Mehr an Entwicklungshilfe bzw. besser gesteuerte Hilfe laufen keineswegs darauf hinaus, die Migration aus Entwicklungsländern einzudämmen. Selbst im Idealfall wird es Generationen brauchen, bis dieser Effekt einsetzt.

All diese Feststellungen bedeuten indes nicht, dass mehr Entwicklungshilfe die Situation in großen Herkunftsländern in Zukunft nicht verbessern kann. Sie machen aber eine Erkenntnis für die politischen Entscheidungsträger unumgänglich: Maßnahmen zur Gestaltung der Migration müssen über eine Eindämmung der Wanderungsströme hinausgehen.

Statt primär deren Ausmaß reduzieren zu wollen, sollten sich Politik und Entwicklungshilfeagenturen vielmehr darauf konzentrieren, den Prozess und die Art der Migration in enger Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern, etwa im Rahmen von Ausbildungspartnerschaften, aktiv zu gestalten. Nur so kann es gelingen, den potenziellen Nutzen für alle Beteiligten zu maximieren.

Filed Under: Opinion Tagged With: Africa, aid, Development, GDP, growth, migration, refugees, root causes, youth unemployment

Debatte über Hartz IV: “Mut zum Experiment”

April 13, 2018 by admin

Hartz IV abschaffen, reformieren, ersetzen? Das Thema beherrscht die aktuelle arbeitsmarkt- und sozialpolitische Debatte in Deutschland. Die verschiedenen Vorschläge, die dazu in Berlin kursieren, bewertet IZA-Forschungsdirektor Holger Bonin im Interview mit der DuMont-Mediengruppe (Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung u.a.).

Dass die neue Bundesregierung mehr für Langzeitarbeitslose tun will, findet Bonin richtig, denn gerade die gute Lage am Arbeitsmarkt zeige: „Es gibt einen harten Kern an Langzeitarbeitslosen, die auch bei bester Wirtschaftslage keine Chance auf eine reguläre Arbeit haben. Und zwar nicht, weil sie nicht wollen. Viele Menschen, die sehr lange ohne Job sind, haben schwerwiegende Probleme, etwa weil sie krank sind oder weil ihnen elementare Qualifikationen fehlen.“

Den Vorstoß von Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD), über ein solidarisches Grundeinkommen Langzeitarbeitslose auf Mindestlohnniveau in der kommunalen Daseinsfürsorge zu beschäftigen, hält Bonin jedoch für problematisch: „Wer solche Tätigkeiten in Vollzeit bewältigen kann, den sollten und müssen wir in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln – denn da gehört er hin. Für die eigentliche Zielgruppe eines sozialen Arbeitsmarkts, also jene Menschen, die wirklich nicht mehr in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind, ist es dagegen gar nicht so leicht, passende Tätigkeiten zu finden.”

Zielführender sei der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), in einem sozialen Arbeitsmarkt die Lohnkosten für Langzeitarbeitslose zu bezuschussen. Dies berge eine geringere Gefahr, reguläre Jobs zu verdrängen, und biete „bessere Chancen, im ersten Arbeitsmarkt kleben zu bleiben, als wenn man Langzeitarbeitslose auf Dauer in einem öffentlich organisierten Beschäftigungssektor parkt.” Der Arbeitgeberbeitrag sollte jedoch mit der Zeit steigen, um Mitnahmeeffekte zu minimieren und Anreize für Qualifizierung zu setzen. Bei der flexiblen Gestaltung der Lohnkostenzuschüsse empfielt Bonin „etwas Mut zum Experiment”.

Lesen Sie das vollständige Wortlaut-Interview in der Frankfurter Rundschau.

Filed Under: Opinion

Entsenderichtlinie: Mehr Rechtsunsicherheit

November 14, 2017 by admin

Werner Eichhorst

Von Werner Eichhorst (IZA)

Werner EichhorstDie Entsendung von Arbeitnehmern als Ausdruck der Dienstleistungsfreiheit ist seit den 1990er Jahren einer der wichtigsten Konfliktpunkte im Arbeitsrecht auf europäischer Ebene. Bereits damals war umstritten, welche arbeitsrechtlichen Standards auf entsandte Arbeitskräfte, etwa in der Bauwirtschaft, angewendet werden sollten – entweder die des Herkunfts-, die des Aufnahmestaates oder eine Kombination von beiden.

Die Entsendung erhöht den Wettbewerbsdruck auf einheimische Beschäftigte, deren Löhne und Arbeitsbedingungen sowie das Risiko in stark betroffenen Branchen, etwa im Baugewerbe oder der Fleischindustrie, Verdrängungseffekte auszulösen. Auch setzt das Prinzip der Dienstleistungsfreiheit nach diesen Regeln Anreize, Tochtergesellschaften in Ländern mit geringeren Arbeitskosten zu gründen. Insgesamt kann dies die Europaskepsis in den Aufnahmeländern verstärken. Die Entsendung bietet aber auch Chancen für Unternehmen und Arbeitskräfte aus Ländern mit geringeren Arbeitskosten, insbesondere in Mittel- und Osteuropa. Eine stärkere Regulierung entsprechend den Interessen der Aufnahmeländer könnte die Zustimmung zur EU in den Entsendeländern vermindern.

Bedrohung etablierter Lohn- und Sozialstandards

Als Kompromiss zwischen den Regierungen der damaligen Mitgliedstaaten wurde 1996 mit der EU-Entsenderichtlinie vereinbart, dass verbindliche Arbeitsbedingungen des Aufnahmestaates, etwa zu Lohn, Arbeitszeiten und Urlaub, auch für vorübergehend dorthin entsandte Arbeitskräfte angewandt werden sollten. Diese Standards mussten sowohl für Inländer als auch für die Entsandten bzw. deren Arbeitgeber gelten, um eine Diskriminierung von EU-Ausländern zu vermeiden.

In Deutschland galt dies bis zur Einführung des gesetzlichen Mindestlohns nach dem eigens dafür geschaffenen Arbeitnehmerentsendegesetz insbesondere für allgemeinverbindliche Mindestlohn-Tarifverträge, für gesetzliche Höchstarbeitszeiten und den Mindesturlaub. In den Folgejahren entzündeten sich weitere Konflikte an der Um- und Durchsetzung der Entsenderichtlinie und verschiedenen Ausweichreaktionen wie der Beschäftigung von formal selbstständigen Arbeitskräften. Dies wird von Ländern mit hohen Arbeitskosten nach wie vor als eine Bedrohung etablierter Lohn- und Sozialstandards wahrgenommen, da in diesem Fall für die Entsendedauer die Rechtsvorschriften des Herkunftslandes gelten.

Hohe politische Symbolkraft, geringe empirische Bedeutung

Nach der jüngsten, im Wesentlichen auf die Initiative Frankreichs zurückgehenden Vereinbarung der Mitgliedstaaten vom Oktober 2017 sollen jetzt auch geltende Tariflöhne und Zuschläge im Aufnahmeland auf entsandtes Personal angewandt werden. Zusätzlich soll die Entsendung nur noch für zwölf Monate möglich sein, bevor das gesamte Recht des Aufnahmelandes Anwendung findet. Kostendifferenziale bestehen jedoch weiterhin bei den Sozialabgaben, die im Herkunftsland fällig werden. Auch wenn dies noch im Detail konkretisiert werden muss, der wichtige Logistiksektor ausgeklammert bleibt und die neuen Regeln noch unter dem Vorbehalt einer Zustimmung durch das Europäische Parlament stehen, bedeutet dies im Prinzip eine signifikante Verschärfung der bisherigen Regelung.

Grundsätzlich handelt es sich bei der Entsendung um eine rechtlich und politisch schwierige Frage. Verglichen mit der hohen politischen Symbolkraft ist die empirische Bedeutung der Arbeitnehmerentsendung jedoch begrenzt und konzentriert sich auf einige wenige Branchen. Auf europäischer Ebene entfielen 2015 knapp 1% der gesamten Beschäftigung auf entsandte Arbeitnehmer. Welches Recht dort anzuwenden sein soll, lässt sich nicht allein politisch klären – die neuen Regeln müssen auch vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben können. Vor allem aber dürfte mit der neuen Vereinbarung ein erheblicher Informations- und Kontrollaufwand verbunden sein. Daher wäre es sinnvoller, die bereits jetzt geltenden Regeln im Hinblick auf verbindliche Mindeststandards besser zu implementieren und zu kontrollieren.

+++

Dieser Beitrag von Werner Eichhorst erschien in: Wirtschaftsdienst, 2017, 97 (11), 762.

Filed Under: Opinion

Lohnlücke zwischen Männern und Frauen

March 17, 2017 by admin

Anlässlich des heutigen Equal Pay Day, der symbolisch den Tag markiert, bis zu dem Frauen statistisch gesehen „umsonst“ arbeiten, während Männer seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden, wird vermehrt über das Ausmaß der Entgeltlücke und mögliche Maßnahmen zu ihrem Abbau diskutiert. Tatsächlich suggeriert der „Gender Pay Gap“ von zuletzt immer noch 21 Prozent ein beträchtliches Maß an Ungleichbehandlung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Doch Diskriminierung durch Arbeitgeber taugt nur bedingt als Erklärungsansatz.

Denn laut Statistischem Bundesamt lassen sich drei Viertel des unbereinigten Gender Pay Gap auf strukturelle Unterschiede zurückführen: Die wichtigsten Gründe für die Differenzen der durchschnittlichen Bruttostundenverdienste sind Unterschiede in den Branchen und Berufen, in denen Frauen und Männer tätig sind, sowie ungleich verteilte Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und Qualifikation. Darüber hinaus sind Frauen häufiger als Männer in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt.

Auszeiten vom Arbeitsmarkt kommen teuer zu stehen

Aus diesem Grunde stoßen gesetzliche Regelungen zur Lohngleichheit auch an ihre Grenzen, wie IZA-Fellow Solomon W. Polachek in einem Gastbeitrag verdeutlicht. Der Professor der Binghamton University im US-Bundesstaat New York gilt als einer der weltweit anerkanntesten Experten zum Thema. Am Beispiel der USA, wo die Lohnlücke mit 22 Prozent ähnlich ausgeprägt ist wie in Deutschland, erklärt Polachek, wie sich die Lücke je nach Alter und Familienstand unterscheidet. Demnach verdienen vollzeitbeschäftigte junge Single-Frauen in Metropolregionen teils sogar deutlich mehr als ihre männlichen Kollegen.

Ehe und Kinder führen hingegen zu einem drastischen Anwachsen der Lohnlücke. Laut Polachek zählen unterbrochene Erwerbsbiografien aufgrund familienbedingter Auszeiten zu den Hauptgründen für Lohnnachteile, da sich die entgangene Arbeitserfahrung negativ auf Produktivität und Verdienstchancen auswirke. Bessere Kinderbetreuungsangebote und steuerliche Anreize für eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen seien geeignet, die Geschlechterlücke bei der Lebensarbeitszeit – und damit auch bei den Löhnen – zu reduzieren, so Polachek. Lohngleichheitsgesetze seien vergleichsweise wenig effektiv.

Lesen Sie auch den Übersichtsartikel von Solomon Polachek bei IZA World of Labor:
Equal pay legislation and the gender wage gap

Kurze Wege und flexible Zeiten statt hoher Löhne

Mit der gleichen Thematik beschäftigt sich ein Artikel von Boris Hirsch (Leuphana Universität Lüneburg und IZA). Er verweist auf aktuelle Studien, nach denen ein Teil der Lohnlücke damit zu erklären ist, dass Arbeitgeber ihre stärkere Verhandlungsposition gegenüber Frauen ausnutzen. Denn aufgrund familiärer Verpflichtungen, so Hirsch, legten Frauen tendenziell mehr Wert auf kurze Arbeitswege und flexible Arbeitszeiten als auf hohe Löhne. Der Experte sieht daher ebenfalls mehr Potenzial in der Förderung von Kinderbetreuung und flexiblen Arbeitszeitmodellen als in gesetzlichen Regelungen zur Lohngleichheit.

Weniger offensives Auftreten in Vertrags- und Gehaltsverhandlungen

Ein weiterer gängiger Erklärungsansatz für die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen sind Geschlechterunterschiede beim Wettbewerbsverhalten. Laut Mario Lackner (Johannes Kepler Universität Linz) legen zahlreiche Labor- und Feldexperimente nahe, dass Frauen zurückhaltender beim Einfordern von Lohnerhöhungen sind und sich seltener um Stellen mit flexiblen, verhandelbaren Gehältern bewerben.

Sein Artikel weist zudem darauf hin, dass sich Unterschiede in der Durchsetzungsfähigkeit bereits in der frühen Kindheit entwickeln und einen prägenden Einfluss auf die spätere berufliche Laufbahn haben. Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbsverhaltens müssten daher bereits früh im Bildungssystem ansetzen. Allerdings gibt Lackner zu bedenken, dass der Einfluss auf die Lohnungleichheit wissenschaftlich umstritten sei. Fraglich sei auch, ob ein Anpassen der Frauen an das Konkurrenzdenken und die bei Männern häufig zu beobachtende Selbstüberschätzung überhaupt erstrebenswert sei.

Lesen Sie mehr auf der Themenseite von IZA World of Labor:

  • What is the gender divide?

Filed Under: Opinion, Research Tagged With: competitiveness, equal pay, female leadership, gender, gender differences, gender gap, gender inequality, gender pay gap, gender wage gap, labor market, labor market policy, leadership, wages, women

Nehmen Maschinen uns die Jobs weg?

November 8, 2016 by admin

Im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung werden immer mehr Arbeitsvorgänge von Computern und Robotern erledigt. Wird menschliche Arbeit dadurch auf Dauer überflüssig? Solche düsteren Visionen waren ein Schwerpunkt der ARD-Themenwoche „Zukunft der Arbeit“, in deren Rahmen IZA-Chef Hilmar Schneider unter anderem bei der Deutschen Welle zu Gast war. Im Wirtschaftsmagazin „Made in Germany“ erklärte er, was von Schreckensszenarien zu halten sei, die jede zweite Stelle durch Automatisierung bedroht sehen.

Schon seit Ende des 18. Jahrhunderts mit Beginn der industriellen Revolution wird die Automatisierung als Jobkiller dargestellt. Zu Unrecht, erklärt Schneider: „Ob das nun die Dampfmaschine ist, ob das die Elektrifizierung ist, immer hat technischer Fortschritt dazu geführt, dass wir Arbeit leichter machen können, dass wir mehr machen können.“ Die Arbeit sei nie weniger geworden, sondern anders, so der IZA-Chef.

Zudem müsse man in Netto- und nicht in Bruttozahlen rechnen, sonst entstehe ein schiefes Bild: „Die Geschichte zeigt, es ist immer etwas weggefallen und es ist immer etwas dazugekommen. Es ist nur leider ganz schwierig vorherzusehen, was das ist, das auf uns zukommt.“ Klar sei jedoch, dass es immer Bereiche geben werde, in denen der Mensch der Maschine überlegen sei: „Wir müssen uns überlegen: Was können wir als Menschen besonders gut? Was können Computer nicht, und was werden sie wahrscheinlich auch in hundert Jahren noch nicht können?“ Dazu zählten vor allem menschliche Eigenschaften wie Kreativität und soziale Intelligenz. Wo dies eine Rolle spiele, ergäben sich schon jetzt neue Chancen.

Sehen Sie die vollständige Sendung:

IZA-Experte Werner Eichhorst bekräftigte diese Einschätzung gegenüber dem SWR: „Historisch gesehen hat es trotz aller Innovationswellen und Technologieschübe nie eine massive Erhöhung der Arbeitslosigkeit aufgrund von technischen Entwicklungen gegeben. Und ich glaube auch nicht, dass wir das für die nächsten Jahre und Jahrzehnte befürchten müssen.“

Mehr in der Multimediageschichte: Zukunft der Arbeit – was ist unsere Arbeit wert?

Filed Under: Opinion, Research, Videos Tagged With: automation, digitalization, future work, machines, robots, technology

Gute Einwanderer, schlechte Einwanderer? Interview mit Harvard-Ökonom George Borjas

July 25, 2016 by admin

Der drastische und unerwartete Anstieg der Flüchtlingszahlen im Jahr 2015 hat die anhaltende Diskussion über die Einführung eines Einwanderungsgesetzes in den Hintergrund treten lassen. In der aktuellen Lage halten viele Beobachter ein solches Gesetz für unangebracht. Dabei könnte gerade jetzt, wo die Flüchtlingszahlen wieder zurückgehen, der richtige Zeitpunkt sein, um die Diskussion um ein deutsches Einwanderungsgesetz wieder aufzunehmen, nicht zuletzt um den Rechtspopulisten in dieser Frage nicht das Feld zu überlassen.

Obwohl die Bundesrepublik schon seit den frühen Sechzigerjahren ein beliebtes Einwanderungsland ist, wurde erst 2004 der erste Vorstoß für deutsches Einwanderungsgesetz gestartet. Auch wenn alle bisherigen Versuche gescheitert sind, halten IZA-Experten eine Reform des deutschen Einwanderungsrechts, insbesondere mit Blick auf die Einrichtung qualitativer und quantitativer Auswahlkriterien, nach wie vor für dringend geboten.

George Borjas

George Borjas (Harvard University), einer der international führenden Migrationsökonomen und Programmdirektor des IZA-Forschungsbereiches „Labor Mobility“, spricht im IZA-Newsroom-Interview über Migrationspolitik und seine Sicht auf die aktuelle Debatte.

IZA: Professor Borjas, in der Migrationsfrage ist nicht nur die öffentliche Diskussion stark polarisiert. Auch unter Ökonomen gibt ist sehr unterschiedliche Perspektiven auf die Vor- und Nachteile der global zunehmenden Arbeitsmobilität. Was ist Ihre Sicht der Dinge?

George Borjas: Das ist eine gute Frage, die nicht ganz einfach zu beantworten ist. Bei internationaler Arbeitsmobilität denke ich in erster Linie an ökonomische Modelle. Das heißt, ich habe einen bestimmten methodischen Ansatz im Kopf, der mich bei der Lösungsfindung leitet. Natürlich gehe ich auch eigener empirischer Forschung nach, aber üblicherweise sehe ich die Daten immer in einem wirtschaftlichen Bezugsrahmen.

Sozialwissenschaftler und selbst manche Ökonomen betrachten Einwanderung als ein Politikfeld, was es natürlich auch ist, aber dieser Ausgangspunkt bestimmt die Art und Weise, wie wir Fragen stellen und Daten interpretieren. Das Problem an dieser auf Politik fokussierten Herangehensweise ist, dass sich dadurch unsere politischen Präferenzen auf unsere Arbeit und unsere Forschungsergebnisse auswirken können.

Deutschland diskutiert über eine Reform des Einwanderungsgesetzes. Wie kann Migrationspolitik uns dabei helfen, von den positiven Effekten der Zuwanderung zu profitieren?

Die wirtschaftswissenschaftliche Fachliteratur zum Thema Einwanderung zeigt vor allem eines: Rein ökonomisch betrachtet profitiert das aufnehmende Land von gut ausgebildeten Zuwanderern stärker als von schlecht ausgebildeten.

In den Industrienationen können die Hochqualifizierten bestehende Ressourcen wesentlich besser ergänzen und ihr Wissen in andere Wirtschaftsbereiche übertragen, was letztlich die gesamte Wirtschaft produktiver macht. Außerdem zahlen sie tendenziell mehr Steuern und empfangen weniger Sozialleistungen.

Die Frage ist also nicht, ob gut qualifizierte Einwanderer mehr wirtschaftliche Vorteile bringen als geringqualifizierte. Die Frage ist vielmehr, ob die Einwanderungspolitik primär von ökonomischen Zielen geleitet sein sollte.

Im Oktober erscheint Ihr neues Buch mit dem Titel „We Wanted Workers: Unraveling the Immigration Narrative“. Was kann der deutsche Leser von Ihrem Buch lernen?

Der Titel meines Buches basiert auf einem Zitat des Schweizer Schriftstellers Max Frisch. Mit Blick auf die Einwanderung der Gastarbeiter nach Deutschland und in andere europäische Länder in den 1950er- und 1960er-Jahren prägte er den berühmten Satz: „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen.“

Wie ich in meinem Buch darlege, können wir von dieser Einsicht lernen, dass die „ökonomistische“ Perspektive auf internationale Migration – die Migranten als eine Art Armee von Arbeitsrobotern betrachtet – fehlgeleitet ist. Zuwanderer sind Menschen, die sich auf das aufnehmende Land in vielfältiger Weise auswirken. Und die wirtschaftliche Bedeutung der gesellschaftlichen Auswirkungen könnte wesentlich größer sein als die Vorteile, die sich allein aus der Arbeitsmarktbeteiligung der Zuwanderer ergeben.

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Filed Under: Opinion Tagged With: Germany, immigration policy, labor market, migration, refugee crisis

The overeducated Italian doctors

July 22, 2016 by admin

Filed Under: Opinion Tagged With: doctors, Italy, overeducation, PhD, wages

Gegen den Akademisierungswahn

July 15, 2016 by admin

Hilmar Schneider

Die steigende Zahl von Studiengängen führt nicht zu besseren Jobchancen. Nötig sei ein stärker nachfrageorientiertes System der beruflichen Bildung, fordert IZA-Chef Hilmar Schneider in einem Gastbeitrag für die Wirtschaftswoche.

Während das duale Ausbildungssystem relativ passgenau den im Markt benötigten Qualifikationsbedarf abdecke, sei die Expansion und zunehmende Spezialisierung der akademischen Ausbildung weitgehend angebotsgetrieben, kritisiert der Arbeitsmarktexperte.

Für den Zertifizierungsprozess neuer Studiengänge sei „leider unerheblich“, ob es für den Abschluss überhaupt eine Nachfrage am Arbeitsmarkt gebe. So fänden sich an deutschen Hochschulen inzwischen „illustre“ Bachelorabschlüsse in Alternativem Tourismus, Angewandten Kindheitswissenschaften oder Baustellenmanagement. „Es darf bezweifelt werden, dass eine derartige Horizontverengung den Einstieg ins Berufsleben erleichtert“, so Schneider.

Schneiders Vorschlag: „Es müsste nach Hochschule und Studiengang offen zugänglich gemacht werden, was aus den Absolventen später geworden ist.“ Auf diese Weise entstünde Markttransparenz, die einen heilsamen Qualitätswettbewerb der Hochschulen in Gang setzen und junge Menschen vor Fehlentscheidungen bewahren könne.

Filed Under: Opinion

Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz

April 11, 2016 by admin

Die Zahl der neu in Deutschland eintreffenden Flüchtlinge geht derzeit stark zurück. Damit können zwei zentrale Aufgaben in den Fokus der Politik rücken – neben der Integration anerkannter Flüchtlinge ist dies vor allem die Neuorganisation der Zuwanderungspolitik unter ökonomischen Vorzeichen.

Warum Deutschland dringend ein Einwanderungsgesetz braucht, das Fachkräfte anzieht, aber auch die Asylverfahren entlasten könnte, erläutern die IZA-Migrationsexperten Holger Hinte und Ulf Rinne in einem soeben erschienenen Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau.

Detailliertere Überlegungen enthält ein aktueller Beitrag der Autoren in den Perspektiven der Wirtschaftspolitik.

Bildquelle: pixabay

Filed Under: Opinion

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