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IZA – Institute of Labor Economics

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Mark Fallak

Leistungsprämien für Lehrer in Peru haben wenig gebracht

October 18, 2019 by Mark Fallak

Mit der Initiative „Bono Escuela“ wollte die peruanische Regierung mehr Leistungsanreize für Lehrer setzen, von denen auch die Schüler profitieren sollten. Die Idee: Lehrer an Schulen, die innerhalb einer Vergleichsgruppe ähnlicher Schulen bei standardisierten Mathe- und Sprachtests im oberen Fünftel abschnitten, erhielten eine Bonuszahlung in Höhe von mehr als einem Monatsgehalt.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier analysieren Cristina Bellés-Obrero und María Lombardi die Effekte des 2015 eingeführten Programms. Da nur Achtklässler an den bonusrelevanten Zentralprüfungen teilnahmen, konnten die Forscherinnen anhand der internen Notenspiegel sämtlicher Schulen ermitteln, ob sich die Schülerleistungen gegenüber dem vorherigen Jahrgang verbessert hatten. Dabei berücksichtigten sie, ob die Jahrgänge von den jeweils gleichen Lehrern unterrichtet worden waren, um Veränderungen aufgrund unterschiedlicher Benotungspraktiken auszuschließen.

Die Bilanz der Autorinnen fällt ernüchternd aus: Auf die schulischen Leistungen der betreffenden Jahrgänge hatte der neu eingeführte Lehrerbonus keinen statistisch nachweisbaren Einfluss. Weder auf nationaler Ebene noch bei der Einzelbetrachtung innerhalb der Vergleichsgruppen zeigte sich ein positiver Effekt, der über die üblichen Schwankungen zwischen einzelnen Jahrgängen hinausging.

Mögliche Erklärungen

Dass das Programm zu wenig bekannt gewesen sein könnte, schließen die Forscherinnen als Erklärung aus. Für ebenso wenig plausibel halten sie, dass die Anreizwirkung ausblieb, weil das gesamte Kollegium von einzelnen Lehrerleistungen profitierte, oder dass die gezielte Vorbereitung auf die Prüfung zu Lasten anderer benotungsrelevanter Unterrichtsinhalte ging.

Vielmehr liefert die Studie Hinweise darauf, dass es den Lehrern nicht an Anreizen, sondern schlicht an Ideen mangelte, wie sie ihren Unterricht effektiver hätten gestalten können, da sie noch keinerlei Erfahrung mit den neuen Zentralprüfungen hatten. Auch dass die Schüler selbst keinen unmittelbaren Vorteil aus dem Bonusprogramm ziehen konnten, könnte eine Rolle gespielt haben.

Die Autorinnen betonen, dass ihr Befund nicht grundsätzlich gegen Leistungsprämien für Lehrer spreche. Kleinere Modellprojekte in anderen Ländern hätten durchaus vielversprechende Ergebnisse erzielt. Eine landesweite Umsetzung sei jedoch aufgrund der hohen Kosten und der Widerstände von Lehrerverbänden problematisch. Umso sorgfältiger müsse die genaue Ausgestaltung bereits im Vorfeld überprüft werden.

Filed Under: Research Tagged With: pay-for-performance, Peru, schools, student achievement, teacher quality

Flexible Bezahlung für britische Lehrkräfte

October 15, 2019 by Mark Fallak

In den meisten Ländern werden Lehrer nach festen Gehaltstabellen bezahlt. Dadurch lässt sich Planungssicherheit gewährleisten und Diskriminierung weitgehend verhindern. Andererseits mangelt es an finanziellen Anreizen, die Unterrichtsqualität zu steigern. Zudem fällt es manchen Schulen gerade in „Hochlohnregionen“ schwer, gute Lehrer zu finden, ohne an der Gehaltsschraube drehen zu dürfen.

Mit einer einschneidenden Reform hat die britische Regierung im Jahr 2013 nicht nur eine flexiblere Bezahlung ermöglicht, sondern alle staatlichen Schulen sogar verpflichtet, leistungsbezogene Vergütungsmodelle einzuführen. Welche Effekte die neue Politik auf die Lehrergehälter und die Schülerleistungen hatte, untersuchen Simon Burgess, Ellen Greaves und Richard J. Murphy in einem aktuellen IZA-Forschungspapier.

Die Analyse zeigt, dass sich die Gehälter tatsächlich stärker an die lokalen Arbeitsmarktbedingungen angepasst haben und in Regionen mit vielen hochqualifizierten Jobs schneller gestiegen sind. Einige Schulen konnten auf diese Weise ihre Attraktivität steigern und neue Lehrkräfte gewinnen oder besonders fähiges Personal halten. Dadurch verbesserten sich auch die durchschnittlichen Prüfungsleistungen insbesondere der schwächeren Schüler.

Angesichts dieser Befunde ziehen die Autoren eine insgesamt positive Bilanz der Reform. Weitere Details und Grafiken zur Studie finden Sie in der englischsprachigen Zusammenfassung.

Filed Under: Research Tagged With: pay dispersion, performance pay, schools, student achievement, teacher pay, wage growth

Aktuelle Forschung liefert Fingerzeige für die Bildungspolitik

October 14, 2019 by Mark Fallak

Bildung gilt als Schlüssel für den Abbau von Ungleichheit, insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen der digitalen Transformation für die Arbeitswelt der Zukunft. Deswegen beschäftigen sich Ökonomen zunehmend mit der Frage, wie sich der Bildungserfolg steigern und dabei Chancengleichheit gewährleisten lässt.

Diese Themen bündelt der IZA-Programmbereich „Economics of Education“, der unter der Leitung von Ian Walker and Ingo Isphording in diesem Jahr seinen vierten internationalen Workshop in Bonn ausrichtete. Mehr als zwei Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten ihre aktuelle Forschung vor und diskutierten die Ergebnisse der Kollegen.

In seinem Keynote-Vortrag ging John N. Friedman auf die Bedeutung der Hochschulbildung für die soziale Mobilität ein und demonstrierte am Beispiel von Steuerdaten das Potenzial von „Big Data“, um detaillierte Erkenntnisse über regionale Unterschiede bei den Bildungs- und Aufstiegschancen der jüngeren Generationen zu gewinnen.

Sándor Sóvágó analysierte die ethnische und soziale Schulsegregation in Amsterdam, die primär auf Unterschiede bei den schulischen Leistungen, aber auch auf unterschiedliche Schulpräferenzen der Schüler und ihrer Eltern zurückzuführen ist. Daher ließe sich durch Quotenregelungen für ethnische Minderheiten zwar die Vielfalt steigern, doch nur auf Kosten der Schüler, denen dann der Zugang zur Schule ihrer Wahl verwehrt würde.

Der von Jan Marcus vorgestellten Untersuchung zufolge bieten selbst moderate Studiengebühren einen hohen Anreiz für Studierende, ihr Lernpensum zu steigern, um das Studium in kürzerer Zeit abzuschließen. Zugleich entscheiden sich jedoch mehr junge Menschen gegen ein Hochschulstudium, wenn dafür Gebühren erhoben werden.

Die vollständige Liste der präsentierten Arbeiten ist dem Workshop-Programm zu entnehmen.

Filed Under: IZA News, Research Tagged With: education

Welche Bewerber die besten Chancen auf einen Harvard-Studienplatz haben

October 10, 2019 by Mark Fallak

Die Vergabepraxis für die begehrten Studienplätze an US-Eliteuniversitäten steht nicht erst seit dem jüngsten Bestechungsskandal in der Kritik. Denn Kinder von Absolventen, Geldgebern und Fakultätsmitgliedern erhalten auch ganz legal Vorrang in den Auswahlverfahren der teuren Privatunis.

Angesichts des verschärften Wettbewerbs um knappe Studienplätze haben daher viele qualifizierte Bewerber ohne persönliche Verbindungen das Nachsehen. Zwar werden auch Leistungssportler bevorzugt aufgenommen, doch je nach Sportart stammen diese ebenfalls häufig aus privilegierten Elternhäusern.

Zahlen erstmals veröffentlicht

Im Rahmen eines Gerichtsprozesses wurden jetzt detaillierte Daten zum Bewerberpool und der Vergabepraxis an der Harvard-Universität publik. In zwei aktuellen IZA-Forschungspapieren werten Peter Arcidiacono, Josh Kinsler und Tyler Ransom diese Daten aus, um Erkenntnisse über das Ausmaß und die Folgen der Vorzugsbehandlung zu gewinnen.

Zunächst zeigt sich, dass die Bewerbungen von Absolventenkindern und Leistungssportlern über einen Zeitraum von 18 Jahren relativ konstant geblieben sind, während die Zahl der Studienplatzbewerber aus anderen Gruppen massiv zugenommen hat (siehe Grafik).

Dennoch entfallen nach wie vor knapp 25 Prozent der neu vergebenen Studienplätze auf die beiden privilegierten Gruppen, die inzwischen mit neunmal höherer Wahrscheinlichkeit (gegenüber viermal höherer Wahrscheinlichkeit im Jahr 2000) aufgenommen werden als andere Bewerber.

Zugleich hat das akademische Niveau der privilegierten Bewerber offenbar abgenommen: Der Anstieg der Immatrikulationsquote von 80 auf 90 Prozent legt nahe, dass die Studienanfänger weniger Alternativangebote anderer Universitäten haben als früher.

Ethnische Vielfalt gebremst

Darüber hinaus belegen die Autoren, dass die ethnische Vielfalt an der Harvard-Universität heute größer wäre, wenn der relative Vorteil der bevorzugten Bewerbergruppen nicht im Zeitverlauf zugenommen hätte.

Bei den Studienanfängern mit weißer Hautfarbe betrug der Anteil privilegierter Bewerber zuletzt 43 Prozent, während er bei den Kommilitonen anderer Ethnien unter 16 Prozent lag. Absolventenkinder machen dabei den Großteil aus, gefolgt von Leistungssportlern und Familienangehörigen von Geldgebern. Kinder von Fakultätsmitgliedern fallen hingegen kaum ins Gewicht.

Nach den Berechnungen der Forscher wären fast drei Viertel der privilegierten weißen Studienanfänger ohne die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen nicht aufgenommen worden.

Zwar sehen die Autoren auch Vorteile im „ganzheitlichen“ Ansatz des Harvard-Auswahlverfahrens, bei dem neben Schulnoten, Lehrerempfehlungen und sportlichen Leistungen auch Persönlichkeit und freiwilliges Engagement berücksichtigt und im persönlichen Gespräch überprüft werden. Diese Praxis habe insgesamt dazu beigetragen, die ethnische Vielfalt der Gesellschaft besser widerzuspiegeln als ein rein leistungsorientiertes Auswahlverfahren.

Allerdings hänge die Chancengleichheit innerhalb der ethnischen Gruppen stark davon ab, auf welche Kriterien die Universität neben der akademischen Befähigung besonderen Wert lege.

Eine ausführlichere Zusammenfassung mit weiteren Grafiken finden Sie hier in englischer Sprache.

Filed Under: Research Tagged With: education, elite, inequality, privilege, students, university

Diskriminierung gegenüber weiblichen Vorgesetzten

October 9, 2019 by Mark Fallak

Beim Bildungsniveau haben Frauen ihre männlichen Altersgenossen in vielen Ländern längst abgehängt. Auch bei den Führungskompetenzen haben sie Erhebungen zufolge inzwischen die Nase vorn. Trotzdem bleiben Frauen nicht nur in Spitzenpositionen, sondern auch im mittleren Management großer Unternehmen massiv unterrepräsentiert.

Die vielfältigen Erklärungsansätze reichen von Job- und Karrierepräferenzen über das Wettbewerbsverhalten von Frauen bis hin zu potenzieller Benachteiligung bei Beförderungsentscheidungen. In einem aktuellen IZA-Forschungspapier geht Martin Abel einer weiteren möglichen Ursache nach: Geschlechterdiskriminierung durch Untergebene.

Der Ökonom am Middlebury College im US-Staat Vermont bot über eine Online-Plattform reale Arbeitsaufträge eines fiktiven Unternehmens an. Den auf diese Weise gewonnenen 2.700 Arbeitskräften teilte er per Zufallsprinzip (ebenfalls fiktive) männliche oder weibliche Vorgesetzte zu, die den Beschäftigten im Verlauf ihrer Tätigkeit schriftliches Feedback zur Qualität der geleisteten Arbeit gaben.

Stärkere Reaktion auf weibliche Kritik

Bei negativer Kritik an der Arbeitsleistung ging die Jobzufriedenheit der Betroffenen erwartungsgemäß zurück. Allerdings fiel dieser Rückgang um 70 Prozent höher aus, wenn die Kritik von einer weiblichen Vorgesetzten kam. Im Vergleich zu gleichlautender Kritik durch männliche Vorgesetzte verdoppelte sich außerdem der Anteil der Beschäftigten, die nach eigenen Angaben an einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Unternehmen nicht mehr interessiert waren. Diese diskriminierende Haltung gegenüber Chefinnen war bei männlichen und weiblichen Arbeitskräften gleichermaßen ausgeprägt.

Nach Einschätzung des Forschers kann derartiges Verhalten von Untergebenen die Führungsambitionen von Frauen konterkarieren. Denn allzu ablehnende Reaktionen auf berechtigte Kritik könnte weibliche Vorgesetzte dazu bewegen, einen weniger effektiven Führungsstil zu pflegen, der ihrem weiteren Aufstieg im Wege steht, oder sie verzichten möglicherweise freiwillig auf zusätzliche Personalverantwortung.

Geschlechtsspezifische Rollenerwartungen

Doch wie kommt es überhaupt zu den Überreaktionen auf weibliche Kritik? Die Studie liefert dazu eine Reihe von Hinweisen. Zunächst zeigt sich, dass Chefinnen keineswegs ignoriert werden. Im Gegenteil: Die Beschäftigten nehmen sich im Schnitt sogar etwas mehr Zeit, um das Feedback weiblicher Vorgesetzter zu verarbeiten. Auch implizite Vorurteile spielen offenbar keine nennenswerte Rolle. Zwar assoziieren die Beschäftigten tendenziell eher Männer mit Karriere und Frauen mit Familie, doch das diskriminierende Verhalten gegenüber weiblichen Vorgesetzten ist davon weitgehend unabhängig.

Vielmehr deuten die Ergebnisse darauf hin, dass geschlechtsspezifische Erwartungen an den Führungsstil ausschlaggebend sind. Während Lob dreimal häufiger mit weiblichen Vorgesetzten in Verbindung gebracht wird, wird Kritik doppelt so oft männlichen Chefs zugeschrieben. Wenn kritische Chefinnen also diesen Rollenerwartungen nicht gerecht werden, kann das die beobachteten negativen Reaktionen auslösen.

Potenzielle Maßnahmen

Um Abhilfe zu schaffen, bieten manche Unternehmen mittlerweile „Feedback-Coachings“ an, in denen Mitarbeiter lernen, Kritik nicht persönlich zu nehmen, sondern sich auf den Inhalt zu konzentrieren. Auch verschiedene Maßnahmen, die das Bewusstsein für diskriminierendes Verhalten schärfen, haben sich bisheriger Forschung zufolge als zielführend erwiesen. Dennoch bleibt Geschlechterdiskriminierung gerade in hochqualifizierten Berufen ein ernstzunehmendes Problem, etwa unter Medizinern oder Ökonomen.

Zwar betont Abel, dass sich seine in der „Plattformökonomie“ gewonnenen Erkenntnisse nicht zwingend auf klassischere Arbeitsumgebungen übertragen lassen. Allerdings seien sie nicht zuletzt deswegen besonders aufschlussreich, weil die modernen Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens insbesondere Frauen zugutekommen könnten, zugleich jedoch wenig Schutz gegen Diskriminierung böten.

Filed Under: Research Tagged With: discrimination, female leadership, gender bias, gig economy, job satisfaction, workplace

Online-Stellenbörsen bieten viel Potenzial – für den Arbeitsmarkt und die Forschung

October 8, 2019 by Mark Fallak

Internetdaten für die sozialwissenschaftliche Forschung nutzbar zu machen, zählt zu den Hauptaufgaben des Forschungsdatenzentrums IDSC am IZA. Marktaktivitäten aller Art – vom Austausch von Waren, Dienstleistungen und Informationen bis hin zum Heiratsmarkt – finden inzwischen online statt.

Auch der Arbeitsmarkt wird durch Online-Börsen effizienter, weil sich Angebot und Nachfrage passgenauer zueinander bringen lassen. Zugleich entstehen dadurch endlose Datenströme, die der Wissenschaft helfen können, das Verhalten von Marktteilnehmern besser zu verstehen und Prozesse zu optimieren.

Im Rahmen des zweiten IZA-Workshops zum Thema „Matching Jobs and Workers Online“, der in diesem Jahr vom Kooperationspartner CAIS in Bochum ausgerichtet wurde, stellen internationale Experten einige dieser neuen Erkenntnisse vor.

So liefern Online-Daten aus Stellenbörsen beispielsweise Hinweise auf die veränderten Qualifikationsanforderungen in einzelnen Berufen, wodurch sich erklären lässt, warum die Arbeitslosigkeit auch bei wachsendem Angebot an offenen Stellen nicht notwendigerweise zurückgeht.

Lesen Sie eine ausführlichere Zusammenfassung in englischer Sprache.

Filed Under: IZA News, Research Tagged With: internet data, labor demand, labor supply, matching, online job boards

Feinstaub in der Raumluft beeinträchtigt kognitive Leistungen

October 4, 2019 by Mark Fallak

Bereits eine geringere Verschlechterung der Luftqualität in Innenräumen wirkt sich signifikant auf die intellektuelle Leistungsfähigkeit aus. Diesen Zusammenhang belegt ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Steffen Künn, Juan Palacio und Nico Pestel anhand von umfangreichen Daten aus Schachturnieren.

Die Ökonomen analysierten über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt rund 30.000 Züge von 121 Schachspielern in 596 Partien. Um die Qualität der von den Spielern getroffenen Entscheidungen objektiv bewerten zu können, verglichen sie die tatächlich ausgeführten Züge mit den Lösungen, die ein Schachcomputer errechnet hatte. Mit Raumluftsensoren maßen sie die Schadstoffbelastung an den einzelnen Spieltagen, wobei sie andere Einflüsse etwa durch Lärm, Luftfeuchtigkeit oder Temperatur ebenfalls berücksichtigten.

Der Auswertung zufolge erhöht eine Zunahme des Feinstaubs (PM2.5) um 10 Mikrogramm pro Kubikmeter die Wahrscheinlichkeit eines falschen Spielzuges um 26,3 Prozent. Besonders ausgeprägt war der Effekt unter hohem Zeitdruck in der Schlussphase der Partie und gegen starke Gegner.

Da Teilnehmer an Schachturnieren hochqualifizierten Beschäftigten ähneln, die in kurzer Zeit strategische Entscheidungen auf der Grundlage komplexer Überlegungen fällen müssen, liefern die Ergebnisse wichtige Fingerzeige für die Arbeitswelt der Zukunft, in der intellektuell fordernde Tätigkeiten gegenüber manuellen Routineaufgaben an Bedeutung gewinnen.

Nach Einschätzung der Autoren wird der negative Effekt verschmutzter Luft auf die Arbeitsproduktivität bislang unterschätzt – auch weil sich kognitive Leistungen im realen Arbeitsleben schwerer messen lassen.

Filed Under: Research Tagged With: air quality, cognitive skills, decision making, fine particulate matter, pollution

Umweltzonen fördern die Gesundheit

September 27, 2019 by Mark Fallak

Durch einen signifikanten Rückgang der Belastung mit Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) in Umweltzonen deutscher Städte ist auch die Zahl diagnostizierter Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den betreffenden Gebieten zurückgegangen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der IZA-Wissenschaftler Nico Pestel und Florian Wozny.

Die Forscher nutzen Krankenhausdaten der Jahre 2006 bis 2016, aus denen die Häufigkeit einzelner Diagnosen hervorgeht. Anhand der genauen Geodaten sämtlicher Umweltzonen in Deutschland berechnen sie, zu welchem Anteil die Einzugsgebiete der Krankenhäuser in eine Umweltzone fallen. Die Daten zur Luftqualität stammen aus den Messstationen des Umweltbundesamtes, die den jeweiligen Umweltzonen zugeordnet werden.

Andere Einflussfaktoren herausgerechnet

Mit dieser Methode lassen sich Unterschiede nicht nur im Zeitverlauf, sondern auch innerhalb von Städten messen. Die Ökonomen können daher im Gegensatz zu früheren Studien generelle Trends zwischen Städten herausrechnen und zusätzlich überprüfen, ob Umweltzonen etwa zu Ausweichreaktionen der Autofahrer und somit zu erhöhter Luftbelastung auf Nebenstrecken führen.

Der Analyse zufolge führt beispielsweise eine eine um 20 Prozentpunkte erhöhte Abdeckung des Einzugsgebiets durch eine Umweltzone zu einem Rückgang koronarer Herzkrankheiten um 5,3 Prozent, was bei einem durchschnittlichen Krankenhaus etwa 30 Fällen pro Jahr entspricht. Bei den chronischen Erkrankungen der unteren Atemwege, wie zum Beispiel Asthma, ergibt sich eine Reduktion um 4,4 Prozent bzw. neun Fälle pro Jahr.

Da die Luftqualität auch die Arbeitsproduktivität beeinflusse, sei nach Einschätzung der Autoren davon auszugehen, dass die positive Gesamtwirkung der Umweltzonen über den direkt messbaren Gesundheitseffekt noch deutlich hinausgehe.

Filed Under: Research Tagged With: air pollution, emission, environment, health, traffic

Kinder berufstätiger Mütter arbeiten als Erwachsene selber mehr

September 19, 2019 by Mark Fallak

Inwieweit sich der Arbeitsmarkterfolg über die Generationen hinweg „vererbt“, ist für Wissenschaft und Politik von Interesse, wenn es um Chancengleichheit und soziale Mobilität geht. Dass die Verdienstchancen eng mit dem Elternhaus zusammenhängen, ist inzwischen vielfach belegt. Bislang kaum erforscht ist jedoch, welche Rolle die Erwerbstätigkeit der Mutter für die generelle Erwerbsneigung der Kinder spielt.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier gehen Gabriela Galassi, David Koll and Lukas Mayr dieser Frage anhand von Daten der Langzeiterhebung National Longitudinal Survey of Youth in den USA nach. Die Forscher betrachten dabei die Erwerbsverläufe von 1.373 Müttern und 2.339 zugehörigen Kindern.

Enger Zusammenhang bei der Dauer der Erwerbstätigkeit

Die Analyse zeigt eine deutliche Korrelation zwischen der Erwerbstätigkeitsdauer von Müttern und Kindern, jeweils im Alter von 25 bis 45 Jahren. In Zahlen ausgedrückt: Für jedes zusätzliche Erwerbsjahr der Mutter verlängert sich die durchschnittliche Erwerbstätigkeit des Kindes statistisch betrachtet um elf Wochen. Selbst unter Berücksichtigung von Faktoren wie kognitive Fähigkeiten, Bildungsniveau und  Wohlstand der Eltern, die das Verdienstpotenzial der Kinder und damit auch deren Arbeitsangebotsentscheidung beeinflussen, bleibt eine Korrelation, die sechs Wochen entspricht.

Der positive Zusammenhang zeigt sich vor allem bei Müttern ohne Hochschulbildung und mit geringem Einkommen. Er ist im Falle von Töchtern zwar ausgeprägter, lässt sich jedoch auch bei Söhnen nachweisen, ist also offenbar nicht allein eine Frage der Geschlechterrollen.

Positive Einstellung zur Erwerbsarbeit

Mit Blick auf mögliche Wirkungsmechanismen schließen die Autoren Netzwerkeffekte, berufsspezifisches Humankapital und lokale Arbeitsmarktbedingungen weitgehend aus. Mit anderen Worten: Die höhere Erwerbsneigung der Kinder rührt nicht daher, dass die Mütter ihnen aktiv Jobs verschaffen, zumal es bei den betrachteten Mutter-Kind-Paaren nicht ausschlaggebend war, ob sie im gleichen Beruf, der gleichen Branche oder überhaupt am gleichen Ort tätig waren.

Vielmehr sprechen die Ergebnisse für eine wichtige Vorbildfunktion von Müttern: Entscheidend sei nach Einschätzung der Autoren, dass Kinder die Berufstätigkeit der Mutter miterleben, um selbst eine „positive Einstellung“ zur Erwerbsarbeit zu entwickeln. Politische Maßnahmen zur Förderung sozialer Mobilität sollten daher noch stärker auf die Arbeitsmarktintegration von Müttern mit geringem sozioökonomischem Status abzielen, so die Schlussfolgerung der Forscher.

Filed Under: Research Tagged With: female employment, intergenerational transmission, role model, social mobility, working mom

Die Lohnlücke in den Köpfen

August 30, 2019 by Mark Fallak

Kaum ein anderes Arbeitsmarktthema ist so intensiv erforscht und diskutiert wie der „Gender Pay Gap“ mit seinen vielschichtigen Ursachen. Allen Bemühungen der Politik zum Trotz schließt sich die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in den meisten Industrienationen nur langsam, vor allem bei Akademikern. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Lukas Kiessling, Pia Pinger, Philipp Seegers und Jan Bergerhoff geht der Frage nach, inwieweit Geschlechterunterschiede beim erwarteten Lohnniveau einer weiteren Angleichung entgegenstehen.

Die Studie basiert auf der Befragung von mehr als 15.000 Studierenden und jungen Hochschulabsolventen im Rahmen der Erhebung Fachkraft 2030. Die Befragten gaben unter anderem an, mit welchem Einstiegsgehalt sie rechneten und wie sie ihre Verdienstmöglichkeiten im Verlauf der späteren Karriere einschätzten. Dabei zeigte sich, dass die Lohnerwartungen die tatsächliche Lohnlücke ziemlich exakt widerspiegeln.

Männer pokern im Einstellungsgespräch höher

Unterschiede bei der Studien- und Berufswahl können nur einen Teil der Diskrepanz erklären. Auch bei Studierenden der gleichen Fachrichtung lagen die Gehaltsvorstellungen von Frauen deutlich unter denen ihrer männlichen Kollegen. Die Daten legen nahe, dass Männer in Gehaltsverhandlungen eher bereit sind, hoch zu pokern. Sinnvoll könnten den Autoren zufolge daher spezielle Verhandlungstrainings für Frauen sein.

Mit Blick auf die Familienplanung zeigt die Befragung, dass sich die Akademikerinnen zwar der Karrierenachteile durch eine frühe Mutterschaft bewusst sind, jedoch die langfristigen Gehaltseinbußen aufgrund von Erziehungsauszeiten unterschätzen. Gezielte Informationskampagnen könnten nach Einschätzung der Forscher dazu beitragen, dass Mütter mehr Gleichberechtigung bei der innerfamiliären Aufgabenteilung einfordern.

Lesen Sie dazu auch:

  • Artikel in der Süddeutschen Zeitung
  • Kolumne im Handelsblatt

Filed Under: Research Tagged With: gender gap, graduates, household bargaining, motherhood, wage expectations, wage negotiations

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