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IZA – Institute of Labor Economics

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Kein Rückgang der Lebenszufriedenheit durch Zuwanderung in Europa

May 12, 2025 by Mark Fallak

Angesichts der aktuellen Diskussionen in Politik und Medien mag das Ergebniss eines neuen IZA-Forschungspapiers von Kelsey J. O’Connor überraschend positiv erscheinen: Demnach hat die massive Zuwanderung nach Europa zwischen 1990 und 2019 das durchschnittliche Wohlbefinden in den Zielländern nicht verringert – und auch in den Herkunftsländern zeigt sich kein negativer Effekt. Im Gegenteil: Rechnet man den Zugewinn an Lebensqualität der Migrantinnen und Migranten selbst mit ein, ergibt sich sogar ein klarer Netto-Nutzen.

Analysiert wurden Daten aus 37 europäischen Ländern über einen Zeitraum von fast 40 Jahren. Das Ausmaß der Migration ist beachtlich: Europa verzeichnete in diesem Zeitraum rund 32 Millionen zusätzliche Einwanderer. Der Großteil kam aus osteuropäischen Ländern und zog in den Westen: Während der Westen netto etwa 30 Millionen Menschen aufnahm, verließen rund 12 Millionen dauerhaft den Osten.

Einwanderung verändert Europas Demografie

Interessanterweise stammten die meisten Zuwanderer aus anderen europäischen Ländern. Nur in Skandinavien sowie in Teilen Südeuropas (etwa Italien oder Spanien) waren Einwanderer häufiger aus Nicht-EU-Staaten. In den ost- und mitteleuropäischen Ländern hingegen kamen im Schnitt weniger als 20 Prozent der Migranten von außerhalb Europas.

Die Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur sind deutlich: Die osteuropäischen Staaten verloren zusammen mehr als 24 Millionen Menschen – mehr als die heutige Bevölkerung der Niederlande. Gleichzeitig wuchs die Bevölkerung Südeuropas um fast 13 Millionen, wobei etwa 11 Millionen dieses Wachstums auf Einwanderung zurückzuführen sind.

Wohlbefinden als Maßstab – und nicht nur Wirtschaftsdaten

Statt sich auf rein ökonomische Kennzahlen wie Löhne oder Arbeitslosigkeit zu stützen, wählte O’Connor einen umfassenderen Indikator: Lebenszufriedenheit. Dieser subjektive Wert berücksichtigt sowohl wirtschaftliche als auch soziale und emotionale Aspekte des Lebens. Das Ergebnis: Der Anteil an Zugewanderten in einem Land hat keinen negativen Einfluss auf die durchschnittliche Lebenszufriedenheit der einheimischen Bevölkerung. Auch in den Herkunftsländern zeigt sich kein verlässlicher negativer Effekt – im Gegenteil: Dort könnte es durch Rücküberweisungen der Ausgewanderten sogar positive Auswirkungen geben.

Besonders bemerkenswert ist der Effekt für die Migrantinnen und Migranten selbst: Sie erleben laut Studie einen dauerhaften Anstieg der Lebenszufriedenheit um 0,4 Punkte auf einer Skala von 1 bis 10. Das entspricht von der Größenordnung her dem Wert, den ein Jobverlust umgekehrt an Minus verursacht. Monetär ließe sich dieser Zugewinn mit rund 30.000 Euro über fünf Jahre beziffern – bei längerem Aufenthalt noch mehr. Kaum überraschend: Menschen ziehen bevorzugt in Länder mit höherem Lebensstandard. Und über die Zeit passt sich ihre Zufriedenheit zunehmend dem Niveau der einheimischen Bevölkerung an.

Vielfalt bereichert – auch jenseits des Marktes

Die Analyse basiert auf Daten renommierter Quellen wie den Vereinten Nationen, der Weltbank und der European Values Study. Auch wenn es Unterschiede innerhalb der Bevölkerungsgruppen geben kann, betont O’Connor: Im Durchschnitt gibt es keine Hinweise darauf, dass Migration den Menschen vor Ort schadet – mögliche Belastungen würden durch Vorteile an anderer Stelle ausgeglichen.

Ein besonderer Mehrwert der Studie: Sie berücksichtigt nicht nur ökonomische Faktoren, sondern auch schwer messbare Aspekte wie sozialen Zusammenhalt, Sicherheitsgefühl oder das persönliche Erleben von kultureller Vielfalt. Denn: Migration kann das Leben auch jenseits von Marktmechanismen bereichern – etwa durch neue Perspektiven, Begegnungen oder vielfältigeres Angebot im Alltag.

Gleichwohl gibt der Autor zu bedenken, dass es sich um Durchschnittswerte handelt – und dass Migration zweifellos „Gewinner“ und „Verlierer“ produziere. Dass daher die subjektive Einschätzung vieler Menschen vom Gesamtergebnis der Studie abweichen kann, liegt auf der Hand. Ausgeschlossen ist auch nicht, dass sich die Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren seit Ende des Studienzeitraums verändert hat.

Filed Under: Research Tagged With: Europe, immigration, life satisfaction

Tödliche Brexit-Folgen

May 5, 2025 by Mark Fallak

Der Brexit hat offenbar schwerwiegende, versteckte Folgen: Er kostet Menschenleben im britischen Gesundheitswesen. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Henrique Castro-Pires, Kai Fischer, Marco Mello und Giuseppe Moscelli zeigt, wie die strengeren Einwanderungsregeln nach dem EU-Austritt zu einer schlechteren Versorgung in den Krankenhäusern des National Health Service (NHS) führten – mit Tausenden zusätzlichen Todesfällen als traurige Konsequenz.

Verantwortlich dafür ist laut der Studie vor allem der Wegfall der Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus der EU. Krankenhäuser, die vorher viele Pflegekräfte aus EU-Ländern beschäftigt hatten, konnten diese Stellen nach dem Brexit nur schwer nachbesetzen.

Weniger qualifiziertes Personal, schlechtere Pflege

Der Mangel an erfahrenem Personal zwang die Kliniken offenbar, neue Beschäftigte mit geringerer Qualifikation einzustellen. Ein klares Indiz dafür: Das neu eingestellte Pflegepersonal wurde schlechter bezahlt als die vorherigen Kräfte auf der gleichen Stelle. Diese Verschiebung im Personal, so die Studie, führte direkt zu einer schlechteren Betreuung der Patienten.

Insgesamt gab es den Berechnungen zufolge in englischen Krankenhäusern rund 4.454 zusätzliche Todesfälle und 8.777 zusätzliche ungeplante Wiederaufnahmen von Patienten. Pro Jahr seien die Brexit-bedingten Einwanderungsbeschränkungen demnach für etwa 1.485 zusätzliche Todesfälle verantwortlich.

Berechnung der Brexit-Effekte

Für ihre Analyse verglichen die Forscher Kliniken, die vor dem Brexit stark von Pflegekräften aus der EU abhängig waren, mit solchen, die weniger EU-Personal beschäftigten. So konnten sie die spezifischen Auswirkungen des Brexit von anderen Entwicklungen im Gesundheitssystem isolieren. Mögliche weitere Einflussfaktoren wie die Finanzlage der Kliniken oder die Zahl der Patienten wurden ebenfalls berücksichtigt.

Dabei zeigte sich klar: Je abhängiger ein Krankenhaus vor dem Brexit von Pflegepersonal aus der EU war, desto stärker litt die Qualität der Patientenversorgung nach dem Austritt. Für die Forscher unterstreichen die Ergebnisse der Studie eindrücklich, wie eine restriktive Einwanderungspolitik lebenswichtige Bereiche wie die Gesundheitsversorgung massiv schädigen kann.

Filed Under: Research Tagged With: Brexit, hospital quality, labor supply, migration, patient care, worker mobility

Wahlerfolge durch Katastrophenhilfe?

April 29, 2025 by Mark Fallak

Dass die Bewältigung von Naturkatastrophen amtierenden Regierungen bei Wahlen zugutekommen kann, ist spätestens seit dem „Schröder-Effekt“ nach der Elbeflut 2002 bekannt. Allerdings hängen das Ausmaß und die Dauer dieses Effekts stark vom sogenannten Sozialkapital in den betroffenen Regionen ab, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier aus Italien am Beispiel des Erdbebens von L’Aquila 2009 verdeutlicht.

Demnach profitierte die damalige Mitte-Rechts-Regierung unter Berlusconi zwar kurzfristig, doch der Umfang des Stimmenzuwachses hing entscheidend vom Grad des zivilgesellschaftlichen Engagements vor Ort ab. In Gemeinden mit schwachen sozialen Netzwerken (kaum Vereine, wenig ausgeprägte Nachbarschaftshilfe) war die Abhängigkeit vom Staat groß, und die Regierung konnte aus ihrer Hilfeleistung politischen Nutzen ziehen. Wo das Sozialkapital stark war und lokale Organisationen aktiv halfen, fiel dieser Effekt gering aus – die Bürger waren weniger auf den Staat angewiesen und honorierten dessen Engagement nicht im gleichen Maße.

Anhand ihrer detaillierten Daten dokumentierten die Forscher zudem einen „Ernüchtersungseffekt“. Bei späteren Wahlen verkehrte sich der kurzfristige Vorteil für die Regierungskoalition ins Gegenteil. Besonders dramatisch sank die Unterstützung wiederum in den Gebieten mit geringem Sozialkapital, was auf eine Enttäuschung über ausbleibenden langfristigen Fortschritt hindeutet.

Die Studie legt nahe, dass gut vernetzte Gemeinschaften widerstandsfähiger gegen die politische Instrumentalisierung von Katastrophen sind und dass langfristiges Vertrauen stärker von nachhaltigem Wiederaufbau abhängt als von schneller Notfallhilfe. Investitionen in Sozialkapital vor einer Krise sind demnach entscheidend.

Filed Under: Research Tagged With: elections, Italy, natural disasters, redistribution, relief spending, social capital

Warum die USA so ungleich sind – und warum sich daran wenig ändern dürfte

March 27, 2025 by Mark Fallak

Die Vereinigten Staaten sind das Land mit der größten Ungleichheit unter den OECD-Staaten. Das ist insofern überraschend, als Umfragen zeigen, dass sich die meisten Menschen in den USA für eine gerechtere Verteilung des Wohlstands aussprechen. Warum also bleibt die Ungleichheit bestehen – und nimmt sogar weiter zu?

Ein Erklärungsansatz aus der Politikwissenschaft liefert eine mögliche Antwort: Zwar wünscht sich die Mehrheit der Bevölkerung mehr Umverteilung, nicht jedoch diejenigen, die den größten Einfluss auf die Politik haben – die Wirtschafts- und Finanzeliten.

Wie stichhaltig diese Erklärung ist, lässt sich jedoch gar nicht so leicht wissenschaftlich überprüfen, zumal Mitglieder der Wirtschaftselite eher selten an Umfragen zu Ungleichheit und Umverteilung teilnehmen. In einem aktuellen IZA-Forschungspapier untersuchen Marcel Preuss, Germán Reyes, Jason Somerville und Joy Wu daher die Einstellungen der Wirtschaftselite von morgen – MBA-Studierende in den Top-Programmen von Ivy-League-Universitäten.

Eliten akzeptieren größere Ungleichheit

In einem Experiment sollten die MBA-Studierenden als neutrale Beobachtende entscheiden, wie Einkommen zwischen zwei arbeitenden Personen verteilt werden. Dabei zeigte sich, dass sie deutlich ungleichere Verteilungen bevorzugen als die Durchschnittsbevölkerung.

Wenn die Einkommen zufällig zugewiesen wurden, führten die MBA-Studierenden eine Verteilung mit einem Gini-Koeffizienten von 0,43 herbei. Zum Vergleich: In früheren Studien lag dieser Wert für repräsentative US-Stichproben nur bei 0,36. (Der Gini-Koeffizient misst Ungleichheit – ein Wert von 0 bedeutet völlige Gleichheit, 1 maximale Ungleichheit.)

Der Unterschied zwischen den MBA-Studierenden und der Durchschnittsbevölkerung entspricht von der Größenordnung her etwa 35 Prozent des Unterschieds zwischen den USA und Norwegen, den ein früheres Experiment zu Ungleichheitspräferenzen im Ländervergleich gezeigt hat.

Effizienz vor Fairness

Der größte Unterschied zwischen den MBA-Studierenden und der Gesamtbevölkerung bestand in ihrer Reaktion auf Effizienzkosten, die entstehen, wenn durch Umverteilung das gesamte verfügbare Einkommen sinkt. In solchen Fällen reduzierten die MBA-Studierenden ihre Umverteilungsbereitschaft drastisch.

Schon geringe Effizienzkosten führten dazu, dass der von ihnen gewählte Gini-Koeffizient um 0,20 Punkte stieg – ein enormer Anstieg im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung. Die meisten Menschen in den USA ändern ihre Einstellungen kaum, selbst wenn die Umverteilung das Gesamteinkommen verringert.

Das deutet auf einen grundlegenden Unterschied in den Werten hin: Während die Durchschnittsbevölkerung eine faire Verteilung wichtiger findet als Effizienz, legen zukünftige Wirtschaftseliten mehr Wert auf den wirtschaftlichen Gesamtnutzen – selbst wenn es dadurch zu mehr Ungleichheit kommt.

Anhand dieser Erkenntnisse lässt sich besser verstehen, warum Maßnahmen zur Verringerung der Ungleichheit oft schwer politisch durchzusetzen sind, obwohl eine breite Bevölkerungsmehrheit sie befürwortet.

Filed Under: Research Tagged With: elite, inequality, preferences

Deutschland spricht: Was passiert, wenn die Filterblase platzt?

March 19, 2025 by Mark Fallak

Im Rahmen des von ZEIT ONLINE initiierten Projekts „Deutschland spricht“ kamen im Herbst 2018 Tausende Menschen in ganz Deutschland zu einem mehrstündigen politischen Vier-Augen-Gespräch zusammen. Eine jetzt im Journal of Public Economics erschienene Studie von Ximeng Fang, Sven Heuser und Lasse Stötzer evaluiert anhand von anonymisierten Daten aus dem Projekt, wie sich dieser Gedankenaustausch auf die Überzeugungen und Vorstellungen der Menschen auswirkt.

Um den kausalen Effekt der Gespräche zu ermitteln, nutzt das Forscherteam die rund eine Woche nach den Gesprächen erhobenen Aussagen sowohl der Teilnehmer als auch derjenigen registrierten Interessenten, deren Gespräch nicht zustande gekommen war. Die Auswertung zeigt, dass die Wirkung des politischen Zwiegesprächs stark davon abhängt, wie weit die jeweiligen politischen Ansichten auseinanderliegen.

Gespräche mit Andersdenkenden

Kommen zwei Menschen mit unterschiedlichen Einstellungen zusammen, reduzieren sich Animositäten und Stereotype gegenüber Andersdenkenden (affektive Polarisierung) signifikant: Nach dem Gespräch sind die Teilnehmer weniger davon überzeugt, dass sich die Werte und Lebensvorstellungen politisch Andersdenkender komplett von den eigenen unterscheiden.

Zudem glauben sie seltener, dass Andersdenkende schlecht informiert sind oder komplexe Zusammenhänge nicht verstehen. Auch konnten sich die Teilnehmer tendenziell eher vorstellen, Andersdenkende in ihren Bekanntenkreis aufzunehmen.

Die Treffen zwischen Menschen mit entgegengesetzten politischen Ansichten fördern auch ein stärkeres Gefühl von sozialem Zusammenhalt. Die Teilnehmenden geben an, ihren Mitmenschen mehr zu vertrauen. Außerdem wächst die Überzeugung, dass sich die Menschen in Deutschland umeinander kümmern.

Gespräche mit Gleichgesinnten

Treffen sich hingegen politisch Gleichgesinnte, bleiben deren Vorurteile gegenüber Andersdenkenden weitgehend unverändert. Gleichzeitig werden jedoch die politischen Überzeugungen extremer (ideologische Polarisierung), da sich die Gesprächspartner gegenseitig in ihren bestehenden Ansichten bestärken.

Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung von Begegnungen über ideologische Grenzen hinweg. Solche Gespräche können Vorurteile abbauen, Vertrauen fördern und zu einem stärkeren sozialen Zusammenhalt beitragen – selbst wenn sie nicht unmittelbar die ideologische Haltung verändern.

Filed Under: Research

Kann KI den Peer Review ersetzen?

February 7, 2025 by Mark Fallak

Die Begutachtung eingereichter Studien durch Fachkolleginnen und -kollegen („Peer Review“) ist ein zentraler Bestandteil des wissenschaftlichen Publikationsprozesses in Fachzeitschriften. Dieses Verfahren sorgt nicht nur bei Einreichenden häufig für Frustration, sondern auch bei Begutachtenden, für die es eine unbezahlte und oft aufwändige Zusatzaufgabe darstellt. Zwar wird Peer Review als akademische Pflicht angesehen und kann indirekt durch Prestige oder Netzwerkeffekte von Vorteil sein, doch die fehlende direkte Honorierung macht es zunehmend unattraktiv. Entsprechend wird es immer schwieriger, geeignete Reviewer zu finden, und der Begutachtungsprozess zieht sich oft über viele Monate hin.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier untersuchen Pat Pataranutaporn, Nattavudh Powdthavee, and Pattie Maes untersucht, inwieweit Künstliche Intelligenz (KI) diesen Prozess effizienter machen kann. Die Forschenden führten ein groß angelegtes Experiment mit 9.030 eingereichten Manuskripten durch. Diese Arbeiten basierten auf 30 bereits veröffentlichten wirtschaftswissenschaftlichen Studien – darunter Arbeiten aus führenden Fachzeitschriften, mittelklassige und weniger renommierte Publikationen sowie KI-generierte Texte, die qualitativ an Spitzenforschung heranreichen sollten. Zudem wurde systematisch variiert, welche Autorennamen und institutionellen Zugehörigkeiten den KI-Gutachtern angezeigt wurden.

Die Ergebnisse zeigen, dass KI grundsätzlich in der Lage ist, zwischen wissenschaftlich hochwertigen und weniger hochwertigen Studien zu unterscheiden. Das könnte helfen, die Arbeitslast für menschliche Gutachter zu reduzieren. Doch es zeigen sich auch massive Probleme: Die KI bewertet Arbeiten von bekannten Forschenden, angesehenen Universitäten und männlichen Autoren systematisch besser – selbst wenn die eigentliche Forschungsqualität gleich ist. Zudem fällt es der KI schwer, echte Spitzenforschung von gut gemachten KI-generierten Arbeiten zu unterscheiden.

Die Studie plädiert deshalb für ein hybrides Begutachtungssystem, in dem KI unterstützend eingesetzt wird, die endgültigen Entscheidungen aber bei menschlichen Fachleuten bleiben. Um Verzerrungen zu vermeiden, sollten KI-Modelle mit anonymisierten Daten trainiert und Bewertungskriterien angepasst werden. KI kann also den Begutachtungsprozess durchaus effizienter machen – allerdings nur, wenn sie gezielt integriert wird, ohne Fairness und wissenschaftliche Integrität zu gefährden.

Filed Under: Research Tagged With: AI, artificial intelligence, bias, peer review

Mangelnde Chancengleichheit in der Wirtschaftswissenschaft

February 3, 2025 by Mark Fallak

Frauen und unterrepräsentierte ethnische Minderheiten stehen in der Wirtschaftswissenschaft weiterhin vor erheblichen Herausforderungen. Ein demnächst erscheinendes Handbuch-Kapitel von Karan Singhal und Eva Sierminska, vorab veröffentlicht als IZA-Diskussionspapier, beleuchtet die systemischen Barrieren und deren Auswirkungen auf die Karriereentwicklung. Trotz einiger Fortschritte bleiben diese Gruppen insbesondere in höheren akademischen und beruflichen Positionen stark unterrepräsentiert.

Die Forschung identifiziert zentrale Hindernisse, darunter bewusste und unbewusste Vorurteile sowie kulturelle und institutionelle Praktiken, die Frauen und Minderheiten benachteiligen. Diese Herausforderungen erstrecken sich über Einstellungsprozesse, Karrierenetzwerke, Forschungspartnerschaften, Publikationsmöglichkeiten und den beruflichen Aufstieg – wodurch sich die Benachteiligung im Laufe der Zeit verstärkt.

Ein großes Problem besteht darin, dass ein mangelndes „Zugehörigkeitsgefühl“ viele potenzielle Talente davon abhält, eine Karriere in den Wirtschaftswissenschaften einzuschlagen oder fortzuführen. Hinzu kommen ungleicher Zugang zu Mentoring und Ressourcen sowie unfaire Leistungsbewertungen. Der Bericht beleuchtet zudem, wie sich aktuelle Entwicklungen – darunter die COVID-19-Pandemie und die #MeToo-Bewegung – auf diese Herausforderungen ausgewirkt haben.

Dabei geht es nicht nur um Fragen der Fairness und Chancengleichheit, sondern auch um die Weiterentwicklung der Wirtschaftswissenschaft. Eine diversere Forschungsgemeinschaft bringt neue Perspektiven und innovative Ideen hervor, die zu einem besseren Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge beitragen. Die Studie stellt neben wertvollen Datenquellen auch verschiedene Initiativen vor, die ein inklusiveres Umfeld fördern – darunter Mentoring-Programme, Forschungsstipendien und Aufklärungsinitiativen.

Filed Under: Research Tagged With: economics, gender, minorities, promotion, tenure

Betriebliche Weiterbildung: Motor für Zufriedenheit und Produktivität

January 21, 2025 by Mark Fallak

Betriebliche Weiterbildung ist essenziell, um den Herausforderungen des technologischen Wandels und der wirtschaftlichen Transformation zu begegnen. Eine aktuelle Studie des IZA, basierend auf Daten des Linked Personnel Panel (LPP) und durchgeführt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), liefert wertvolle Einblicke in die Wirkung und Verbreitung von Weiterbildung in Deutschland. Insbesondere gestatten es die einzigartigen LPP-Daten, sowohl die betriebliche Perspektive als auch die Perspektive der Beschäftigten im Hinblick auf das Angebot und die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung zu betrachten.

Stärken und Schwächen im Weiterbildungsangebot

Die Studie bestätigt etablierte Erkenntnisse, zeigt aber auch dringenden Handlungsbedarf auf. Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ist die Verbreitung von Weiterbildungsangeboten geringer als in größeren Betrieben. Ältere und geringer qualifizierte Beschäftigte profitieren ebenfalls deutlich seltener von Weiterbildungsangeboten – ein Potenzial, das bislang unzureichend genutzt wird.

Dabei ist betriebliche Weiterbildung ein Schlüsselinstrument bei der Einführung neuer Technologien. So nutzten rund 80 Prozent der Betriebe, die im Jahr 2020 neue Technologien einführten, Weiterbildungs­maßnahmen, um die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden anzupassen. Dennoch fließt lediglich ein Fünftel der Weiterbildungs­budgets in die Vermittlung neuer Technologien.

Zusammenhang mit Produktivität, Zufriedenheit und Mitarbeiterbindung

Explorative Analysen verdeutlichen, dass Weiterbildung stark mit höherer Produktivität korreliert – sowohl auf betrieblicher als auch individueller Ebene. Betriebe mit umfassender Weiterbildungsförderung zahlen im Durchschnitt höhere Löhne, und produktivere Mitarbeitende erhalten häufiger Weiterbildungsangebote, die sie auch öfter wahrnehmen.

Für Beschäftigte zeigen sich zudem kurzfristig positive Effekte einer Weiterbildungsteilnahme auf ihre Arbeitszufriedenheit und ihre Bindung an das Unternehmen. Wirkungen auf ihre Arbeitsmotivation und auf ihre Entlohnung lassen sich jedoch kurzfristig nicht feststellen.

Herausforderung für die Zukunft: Potenziale besser ausschöpfen

Die Ergebnisse betonen die Notwendigkeit, Weiterbildungsangebote breiter zugänglich zu machen. Vor allem ältere und geringer qualifizierte Mitarbeitende sollten stärker einbezogen werden, um ihre Potenziale besser zu nutzen. Gleichzeitig ist der Rückgang des Weiterbildungsangebots zwischen 2012 und 2018 in vielen Betrieben alarmierend – ein Trend, der angesichts des technologischen Wandels und der wirtschaftlichen Transformation umgekehrt werden muss.

Denn betriebliche Weiterbildung wird hierbei in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen. Um ihre Wirkungen besser zu verstehen und evidenzbasierte Maßnahmen zu entwickeln, bleibt weitere Forschung notwendig. Daten wie jene des LPP sind hierfür unverzichtbar.

Filed Under: Research

Ideologie in der Migrationsforschung

January 17, 2025 by Mark Fallak

In der empirischen Forschung ist es keine Seltenheit, dass verschiedene Studien zum selben Thema völlig unterschiedliche Ergebnisse liefern. Ein prominentes Beispiel ist die Diskussion um den Mindestlohn: Während zahlreiche Studien zu dem Schluss kommen, dass ein höherer Mindestlohn Jobs gefährdet, finden andere keine negativen oder sogar positive Beschäftigungseffekte. Ähnlich uneinheitlich sind die Forschungsergebnisse zu der Frage, was Einwanderung für den sozialen Zusammenhalt bedeutet.

Diese Unterschiede entstehen nicht zufällig, sondern hängen oft von den methodischen Entscheidungen ab, die Forschende bei der Analyse treffen. Dazu zählen etwa die Auswahl der Daten, die Definition der zu untersuchenden Variablen und die gewählten statistischen Methoden. Ein weiterer, weniger sichtbarer Faktor ist die persönliche Haltung der Forschenden zur betreffenden Fragestellung. Ideologische Überzeugungen können – durchaus unabsichtlich – die Art und Weise beeinflussen, wie wissenschaftliche Studien gestaltet und interpretiert werden.

Gleiche Daten, unterschiedliche Ergebnisse

Eine aktuelles IZA-Forschungspapier von IZA-Preisträger George J. Borjas und Nate Breznau beleuchtet dieses Phänomen mithilfe eines außergewöhnlichen Experiments: 71 Forschungsteams, bestehend aus insgesamt 158 Forschenden, sollten auf Basis derselben öffentlich verfügbaren Umfragedaten dieselbe Forschungsfrage beantworten: Wie wirkt sich Einwanderung auf die öffentliche Unterstützung für den Sozialstaat aus?

Jedes Team konnte eigenständig entscheiden, wie es die Daten analysiert. Das betraf die Auswahl der untersuchten Stichproben, die Definition der relevanten Variablen und die statistischen Methoden. Insgesamt entwickelten die Teams 1.253 verschiedene Regressionsmodelle zur Analyse der Daten.

Ideologie beeinflusst Qualität der Forschung

An den Ergebnissen zeigt sich, dass die ideologischen Überzeugungen der Forscherteams eine wichtige Rolle spielten. Teams, die nach eigenen Angaben eine positive Haltung zur Einwanderung hatten, kamen häufiger zu dem Schluss, dass Einwanderung die soziale Kohäsion stärkt. Umgekehrt schätzten Teams mit einer skeptischen Haltung die Effekte negativer ein. Die Unterschiede in den Ergebnissen waren hauptsächlich auf methodische Entscheidungen zurückzuführen, wie etwa die Auswahl der analysierten Daten oder die Struktur der verwendeten Modelle.

Interessanterweise erhielten die Modelle von Teams mit extremen Positionen – sei es stark pro- oder anti-Einwanderung – schlechtere Bewertungen in der Begutachtung durch ihre Kollegen. Teams mit moderaten Ansichten erzielten hingegen höhere Qualitätsscores, was darauf hindeutet, dass sie ausgewogenere und methodisch robustere Ansätze wählten.

Herausforderungen für die Wissenschaft

Die Studie wirft auch ein Licht auf grundlegende Herausforderungen in der Forschung. Wissenschaftler stehen oft unter Zeit- und Ressourcendruck, was dazu führen kann, dass sie sich auf Ergebnisse konzentrieren, die mit ihren eigenen Überzeugungen übereinstimmen, statt zunächst alternative Modelle ausführlich zu prüfen. Diese Gefahr besteht nach Einschätzung der Studienautoren insbesondere in politikbezogener Forschung, wo die Wissenschaftler oft eine starke persönliche Motivation haben.

Der vermehrte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) könnte das Problem zusätzlich verschärfen, da die entwickelten Algorithmen und die Auswahl der Trainingsdaten Voreingenommenheiten verstärken könnten. Gleichzeitig bieten KI-Tools aber auch die Möglichkeit, ideologische Verzerrungen zu erkennen und Fehler in der Forschung aufzudecken, was die Objektivität und Glaubwürdigkeit zukünftiger Studien wiederum verbessern könnte.

Filed Under: Research Tagged With: ideological bias, immigration, social cohesion

Männer sind progressiver, als viele denken

December 24, 2024 by Mark Fallak

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Teodora Boneva, Ana Brás-Monteiro, Marta Golin und Christopher Rauh zeigt, dass Männer deutlich häufiger eine gleichberechtigte Arbeitsverteilung im Haushalt unterstützen, als es die allgemeine Wahrnehmung vermuten lässt. Basierend auf Umfragedaten von 24.000 Personen aus sechs Ländern (Deutschland, Italien, Polen, Spanien, Schweden und den USA) offenbart die Studie eine deutliche Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Präferenzen der Männer und den gesellschaftlichen Annahmen darüber.

Fehleinschätzungen und ihre Auswirkungen

Im Durchschnitt unterschätzen die Befragten den Anteil der Männer, die eine gleichberechtigte Aufgabenverteilung bevorzugen, um 26 Prozentpunkte. Besonders auffällig ist dies in Spanien: Während 84 Prozent der Männer eine gleichberechtigte Aufteilung befürworten, glauben nur 48 Prozent der Befragten, dass dies der Fall sei. Frauen neigen stärker als Männer dazu, diese Einstellungen falsch einzuschätzen, was die Wahrnehmungslücke weiter verstärkt.

Information verändert Einstellungen

Die Forschenden führten ein Experiment durch, bei dem die Teilnehmenden über den tatsächlichen Anteil der Männer informiert wurden, die eine gleichberechtigte Aufgabenverteilung befürworten. Diese Intervention veränderte nicht nur die Wahrnehmung der Teilnehmenden, sondern steigerte auch ihre eigene Bereitschaft, zu einer gerechteren Aufteilung im Haushalt beizutragen. Besonders ausgeprägt war dieser Effekt bei Männern, die zuvor die Ansichten anderer unterschätzt hatten.

Hürden auf dem Weg zur Gleichstellung

Trotz dieser positiven Entwicklungen bleiben strukturelle und soziale Barrieren bestehen, die einer faireren Verteilung entgegenstehen. Dazu zählen mangelnde Flexibilität in der Arbeitswelt, eine kulturelle Stigmatisierung von Männern mit Teilzeitstellen sowie unterschiedliche Präferenzen innerhalb von Paarbeziehungen. Die Studie betont, dass diese Hindernisse überwunden werden müssen, um langfristig Fortschritte in Richtung Gleichstellung der Geschlechter zu erzielen.

Filed Under: Research

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