Bereits eine geringere Verschlechterung der Luftqualität in Innenräumen wirkt sich signifikant auf die intellektuelle Leistungsfähigkeit aus. Diesen Zusammenhang belegt ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Steffen Künn, Juan Palacio und Nico Pestel anhand von umfangreichen Daten aus Schachturnieren.
Die Ökonomen analysierten über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt rund 30.000 Züge von 121 Schachspielern in 596 Partien. Um die Qualität der von den Spielern getroffenen Entscheidungen objektiv bewerten zu können, verglichen sie die tatächlich ausgeführten Züge mit den Lösungen, die ein Schachcomputer errechnet hatte. Mit Raumluftsensoren maßen sie die Schadstoffbelastung an den einzelnen Spieltagen, wobei sie andere Einflüsse etwa durch Lärm, Luftfeuchtigkeit oder Temperatur ebenfalls berücksichtigten.
Der Auswertung zufolge erhöht eine Zunahme des Feinstaubs (PM2.5) um 10 Mikrogramm pro Kubikmeter die Wahrscheinlichkeit eines falschen Spielzuges um 26,3 Prozent. Besonders ausgeprägt war der Effekt unter hohem Zeitdruck in der Schlussphase der Partie und gegen starke Gegner.
Da Teilnehmer an Schachturnieren hochqualifizierten Beschäftigten ähneln, die in kurzer Zeit strategische Entscheidungen auf der Grundlage komplexer Überlegungen fällen müssen, liefern die Ergebnisse wichtige Fingerzeige für die Arbeitswelt der Zukunft, in der intellektuell fordernde Tätigkeiten gegenüber manuellen Routineaufgaben an Bedeutung gewinnen.
Nach Einschätzung der Autoren wird der negative Effekt verschmutzter Luft auf die Arbeitsproduktivität bislang unterschätzt – auch weil sich kognitive Leistungen im realen Arbeitsleben schwerer messen lassen.