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IZA – Institute of Labor Economics

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Künstlich hergestellte Signifikanz

August 25, 2022 by Mark Fallak

Forschende in der Wirtschaftswissenschaft nutzen Befragungen und Verhaltenslabore, um ihre aus der Theorie abgeleitete Hypothesen in der realen Welt zu überprüfen. Da es sich bei diesen Datenquellen jedoch meist nur um mehr oder minder große Stichproben handelt, werden beobachtete Zusammenhänge danach unterschieden, ob sie signifikant oder nicht. Ein signifikantes Ergebnis gilt als zuverlässig nachgewiesen. Bei einem insignifikanten Ergebnis kann hingegen nicht ausgeschlossen werden, dass es rein zufällig in den Daten auftritt.

Die Signifikanz eins Ergebnisses wird mit dem sogenannten p-Wert beziffert. Er stellt die Wahrscheinlichkeit dar, dass ein geschätzter Parameter nur zufällig von 0 verschieden, also nicht signifikant ist. Ein hoher p-Wert weist auf nicht signifikantes Ergebnis, ein niedriger p-Wert auf ein signifikantes und damit vertrauenswürdiges Ergebnis hin.

Publikationsbias und p-Hacking

In der Wissenschaft hat sich eine Faustregel etabliert, wonach Ergebnisse mit einem p-Wert unter 0,05 (fünf Prozent) als ausreichend signifikant gelten. Bei ihnen ist davon auszugehen, dass das Ergebnis in mindestens 95 von 100 verschiedenen Stichproben ebenfalls von 0 verschieden wäre. Statistische Software drückt den p-Wert häufig auch in Form eines korrespondierenden z-Wertes aus. Nach diesem gängigen „Mindeststandard“ für vertrauenswürdige Studien gilt ein Ergebnis als signifikant, wenn es die dem p-Wert 0,05 entsprechende Schwelle von  z=1,96 übersteigt.

Wissenschaftliche Fachzeitschriften bevorzugen für die Veröffentlichung tendenziell Studien, deren Befunde nach dieser Faustregel als statistisch signifikant bezeichnet werden. Liefert eine aufwändige Untersuchung kein solches signifikantes Ergebnis, ist damit zu rechnen, dass die Herausgeber der Fachzeitschriften eine Veröffentlichung ablehnen.

Dieser „Publikationsbias“ kann Forschende dazu verleiten, die Signifikanzschwelle mit unlauteren Mitteln zu überwinden – man spricht dabei auch von „p-Hacking“. Das wissenschaftliche Fehlverhalten kann verschiedene Formen annehmen, von der Veränderung der Testparameter und der Datenselektion bis hin zur nachträglichen Anpassung der Ausgangshypothese. Ein solches Vorgehen gilt als unethisch, lässt sich aber im Einzelfall in der Praxis schwer nachweisen.

IZA-Netzwerkmitglied Abel Brodeur von der Universität Ottawa widmet sich dieser Problematik gemeinsam mit verschiedenen Koautoren seit vielen Jahren. Bereits 2013 hat er in seiner preisgekrönten Studie „Star Wars: The Empirics Strike Back“ Belege für die verbreitete Praxis des p-Hacking geliefert. Die Anreize dafür sind enorm: Die Wahrscheinlichkeit der Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit ist fast fünfmal so groß, wenn das Ergebnis die Signifikanzschwelle überschreitet.

Crowdsourcing zur Gewinnung von Forschungsdaten

Seine damals entwickelte Analysemethode nutzt Brodeur gemeinsam mit Nikolai Cook und Anthony Heyes auch in einem aktuellen IZA-Forschungspapier, in dem es um wissenschaftliche Veröffentlichungen geht, deren Daten mithilfe der Crowdsourcing-Plattform Amazon Mechanical Turk (MTurk) erhoben wurden.

Bei der Plattform handelt es sich um eine Art Jobbörse für einmalige Aufträge, die sich aus der Ferne online bearbeiten lassen. Der Dienst erfreut sich auch für Umfragen und als Verhaltenslabor in den Wirtschaftswissenschaften und verwandten Disziplinen wachsender Beliebtheit, da sich darüber große Stichproben zu geringen Kosten generieren lassen. Inzwischen wird jedoch die Qualität der Studien mit MTurk-Daten zunehmend in Frage gestellt.

Auswertung von 23.000 Hypothesentests

Brodeur und Koautoren wollten es genauer wissen. Sie stellten über 1.000 Studien auf den Prüfstand, die seit 2010 in renommierten Fachjournalen erschienen sind und insgesamt fast 23.000 Hypothesentests auf Basis von MTurk-Daten umfassen. Welche Signifikanzniveaus darin wie häufig vertreten sind, zeigt das folgende Schaubild anhand des z-Werts (je größer der z-Wert, desto signifikanter das Ergebnis).

Gäbe es weder einen Publikationsbias noch p-Hacking, sollten die z-Werte einer monoton fallenden Verteilung folgen. Sehr insignifikante Ergebnisse sind am wahrscheinlichsten, sollten also am häufigsten auftreten. Etwas signifikantere Ergebnisse sollten seltener auftreten, hoch signifikante Befunde am seltensten. Ein manipulationsfreier Publikationsprozess sollte also keine Häufungen bei höheren Signifikanzniveaus aufweisen.

Was jedoch direkt auffällt, ist eine starke Häufung gerade oberhalb des Mindeststandards von z=1,96, der sich als Faustregel etabliert hat und dem fünfprozentigen Signifikanzniveau entspricht. Links, also gerade unterhalb des Mindeststandards, tut sich stattdessen eine Lücke auf – ein wichtiges Indiz für Manipulation. Diese Lücke spricht dafür, dass vielfach auf p-Hacking zurückgegriffen wurde, um diese Schwelle „so gerade eben“ zu überwinden, oder aber dass Herausgeber der Fachzeitschriften Studien mit Ergebnissen knapp oberhalb dieser Schwelle präferieren.

Unterschiede zwischen den Disziplinen

Das Ausmaß des Problems unterscheidet sich deutlich zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Wie sich an den Kurvenformen in der folgenden Abbildung ablesen lässt, ist p-Hacking etwa in der Marketingforschung vergleichsweise stark verbreitet, während Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft kaum betroffen sind.

Verwendung zu kleiner Stichproben

Darüber hinaus stellen die Forscher eine außergewöhnlich geringe Stichprobengröße fest (der Medianwert liegt bei 249), obwohl jeder zusätzliche Datenpunkt bei den MTurk-Erhebungen im Schnitt kaum mehr als einen Dollar kostet, oft sogar deutlich weniger.

Insgesamt sehen die Autoren dadurch die Glaubwürdigkeit eines Großteils der betreffenden Studien beschädigt. „Würde man versuchen, eine zufällig ausgewählte Studie aus unserer Stichprobe zu replizieren, wird man mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern“, sagt Brodeur.

Eine positive Botschaft haben die Autoren aber dennoch: Die dargestellten Probleme liegen offenkundig nicht in der Datenerhebung, sondern im Umgang mit den erhobenen Daten. Grundsätzlich spreche also nichts dagegen, MTurk oder ähnliche Plattformen weiterhin zu nutzen, solange ausreichend große Stichproben erhoben und wissenschaftliche Standards eingehalten werden.

Auch die Einreichung sogenannter „Pre-Analysis Plans“, in denen die Vorgehensweise bei der Datenanalyse vorab festgelegt wird, kann p-Hacking entgegenwirken, wie ein weiteres IZA-Forschungspapier von Brodeur und Koautoren zeigt.

Filed Under: Research Tagged With: Amazon Mechanical Turk, crowd sourcing, online platforms, p-hacking, publication bias, research credibility, statistical power

Wer arbeitet im Homeoffice produktiver?

August 23, 2022 by Mark Fallak

Inwieweit der Trend zum Homeoffice auch nach Corona anhält, hängt vor allem davon ab, wie produktiv es sich von zu Hause arbeiten lässt. Allerdings gibt es dazu keine eindeutigen Befunde: Manche Umfragen deuten darauf hin, dass Beschäftige zu Hause produktiver arbeiten als im Büro, andere Studien belegen das Gegenteil.

Denn die Produktivität hängt von vielen Faktoren ab. Wichtige Voraussetzungen sind eine geeignete technische Infrastruktur und die Anpassung betrieblicher Abläufe ans mobile Arbeiten. Hinzu kommen aber auch psychologische Auswirkungen des selbstbestimmten Arbeitens auf die Produktivität. Während die größere Autonomie und die eingesparten Pendelzeiten auf manche Menschen beflügelnd wirken, leiden andere unter dem Wegfall der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz. Beide Seiten dieser Medaille beleuchtet beispielswese der DGB-Index Gute Arbeit.

Gewissenhafte Menschen sind im Homeoffice häufiger produktiver

Wie stark die Persönlichkeit die Produktivität im Homeoffice beeinflusst, veranschaulicht ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Nicolas Gavoille und Mihails Hazans. Die Autoren messen die „Big Five“-Persönlichkeitsmerkmale von mehr als 1700 Befragten in Lettland, die während der Pandemie ausschließlich oder größtenteils von zu Hause aus gearbeitet haben. Lettland eignet sich besonders für diese Art von Untersuchung, da hier im EU-Vergleich ein hohes Potenzial für vermehrtes mobiles Arbeiten besteht.

Insgesamt geben 31 Prozent der Befragten an, im Homeoffice produktiver zu sein. Besonders förderlich ist offenbar das Merkmal „Gewissenhaftigkeit“: Wer hier im oberen Viertel abschneidet, berichtet mit acht Prozentpunkte (also rund ein Viertel) höherer Wahrscheinlichkeit von positiven Erfahrungen im Homeoffice.

Dieser Befund scheint auf den ersten Blick im Widerspruch zu den Ergebnissen eines früheren IZA-Forschungspapiers aus Belgien zu stehen, wonach Personen mit einem höheren Maß an Gewissenhaftigkeit Stellenangebote mit hohem Homeoffice-Anteil weniger attraktiv finden. Die Autoren der lettischen Studie erklären diese Diskrepanz damit, dass es in ihrer Untersuchung nicht um die hypothetische Attraktivität, sondern um tatsächliche Erfahrungen mit dem Homeoffice ging, durch die sich manche Vorbehalte in der Praxis als unbegründet erwiesen haben könnten.

Soziale Kontakte fehlen vor allem extravertierten Menschen im Homeoffice

Insofern überrascht auch nicht, dass das Merkmal „Offenheit für neue Erfahrungen“ ebenfalls mit höherem Produktivätsempfinden und größerer Bereitschaft zum weiteren Arbeiten im Homeoffice nach der Pandemie einhergeht. Anders verhält es sich mit dem Merkmal „Extraversion“, das offenbar im Homeoffice eher zu Produktivitätseinbußen führt.

Unternehmen, die vermehrt mobiles Arbeiten anbieten, sollten daher laut den Forschern ausreichend Möglichkeiten für soziale Kontakte unter den Beschäftigten ermöglichen, um auch den extravertieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerecht zu werden. Bei Neueinstellungen könne sich ein Fokus auf Gewissenhaftigkeit lohnen: Denn besonders gewissenhafte Beschäftigte seien laut Studie nicht nur produktiver, sondern dürften im Homeoffice auch weniger Anleitung und Kontrolle durch Vorgesetzte benötigen.

Das Fazit der Forscher: Produktivität und Jobzufriedenheit profitieren von individuellen betrieblichen Homeoffice-Lösungen, die den verschiedenen Persönlichkeiten in der Belegschaft Rechnung tragen.

Filed Under: Research Tagged With: personality, productivity, remote work

Längere Elternzeit wirkt sich positiv auf kindliche Entwicklung aus

July 25, 2022 by Mark Fallak

Die meisten Industrienationen haben inzwischen bezahlte Elternzeit eingeführt und teilweise in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet, damit berufstätige Eltern ohne größere finanzielle Risiken eine Auszeit vom Job nehmen können, um sich länger der Kinderbetreuung zu widmen. Allerdings fallen diese Regelungen unterschiedlich großzügig aus, denn der Nutzen dieses recht teuren familienpolitischen Instruments ist nicht unumstritten.

Beispielsweise bewertete ein früheres IZA-Forschungspapier aus Norwegen die Verdopplung der bezahlten Elternzeit als steuerfinanzierte Freizeit-Subvention für die gehobene Mittelschicht ohne messbare positive Auswirkungen. Auch eine neuere Studie aus Frankreich sah die dortige Ausweitung der Elternzeit kritisch, da sie eine Retraditionalisierung der familiären Rollenverteilung befördere und die sprachliche Entwicklung benachteiligter Kinder behindere.

Zu einem wesentlich optimistischeren Befund gelangt eine aktuelle IZA-Studie aus Dänemark, die sich die langfristigen Effekte der im Jahr 2002 von 24 auf 46 Wochen verlängerten Elternzeit auf die kindliche Entwicklung anschaut.

Konkret analysieren Mikkel Aagaard Houmark, Cecilie Marie Løchte Jørgensen, Ida Lykke Kristiansen und Miriam Gensowski die Auswirkungen der Reform auf die sozio-emotionalen Fähigkeiten, die für den späteren Berufs- und Lebenserfolg der Kinder ebenso bedeutend sind wie die üblicherweise in Bildungsstudien verwendeten Leistungsmaße.

So zeigte sich bei Siebt- und Achtklässlern für einen zusätzlichen Monat Elternzeit eine deutliche Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens (+4,7%, bezogen auf die sogenannte Standardabweichung), der Gewissenhaftigkeit (+3,5%) sowie der emotionalen Stabilität (+2,8%). Neben diesen subjektiven Befragungsergebnissen gab es auch eine objektiv messbare Verbesserung: Die Anzahl der schulischen Fehltage reduzierte sich um 2,7% pro Monat zusätzlicher Elternzeit.

Am meisten profitieren diejenigen Kinder, die ohne die Verlängerung der bezahlten Elternzeit vergleichsweise früh fremdbetreut worden wären. Bei ihnen lässt sich neben den sozio-emotionalen Kompetenzen auch ein positiver Effekt auf die schulischen Leistungen feststellen. Da es sich hierbei vielfach um Kinder aus benachteiligten Familien handelt, legt die Studie nahe, dass längere Elternzeit einen Beitrag zum Abbau sozialer Ungleichheiten leisten könnte.

Dass die früheren Studien aus Norwegen und Frankreich zum gegenteiligen Schluss gelangten, könnte einerseits mit dem Fokus auf unterschiedliche Aspekte der kindlichen Entwicklung zusammenhängen, andererseits mit der in Dänemark vergleichsweise kurzen Elternzeit von unter einem Jahr. Eine „optimale“ Dauer der Elternzeit lässt sich aus keiner der Untersuchungen ableiten.

Filed Under: Research Tagged With: adolescence, early childhood, parental leave, personality, skill formation, socio-emotional skills, well-being

Teure Kürzungen von Sozialleistungen?

July 8, 2022 by Mark Fallak

Staatliche Unterstützung für Menschen mit Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung machen in den Mitgliedsstaaten der OECD rund 10 Prozent der Sozialausgaben aus. Ein naherliegender Ansatz, um Kosten zu sparen und Missbrauch entgegenzuwirken, ist die Herabsetzung der Verdienstgrenze, ab der Unterstützungsleistungen gezahlt werden.

Ob sich diese Maßnahme unterm Strich für den Staat rechnet, ist jedoch fraglich, wie ein aktuelles IZA Discussion Paper von Judit Krekó, Daniel Prinz und Andrea Weber belegt. Die Studie untersucht die Effekte einer Reform in Ungarn, nach der Leistungsempfänger nicht mehr maximal 80 Prozent ihres vorherigen Einkommens, sondern nur noch 80 Prozent des Mindestlohns verdienen durften, um zusätzlich Erwerbsminderungsrente zu erhalten.

Die Analyse zeigt, dass die Zahl der Leistungsbezieher infolge der Reform nicht zurückging, wohl aber deren Arbeitsangebot. Das heißt, die erwerbsgeminderten Personen arbeiteten weniger, um unterhalb der neuen Verdienstgrenze zu bleiben. Im Schnitt verringerte sich die Stundenzahl um 7 Prozent und die Einkommen um 18 Prozent.

Da sich bei der Mortalität keine nennenswerten Veränderungen ergaben, lässt sich eine gestiegene Schwere der Erwerbsminderung als Grund für das verringerte Arbeitsangebot weitgehend ausschließen. Auch die Wahrscheinlichkeit, aus dem Leistungsbezug auszusteigen, erhöhte sich nicht. Insfofern sprechen die Befunde dafür, dass die „optimale“ Verdienstgrenze höher liegt und die Absenkung weder dem Staat noch den Betroffenen zugutekam.

Filed Under: Research Tagged With: disability insurance, Hungary, labor supply

Gesetzlich verordnete Lohntransparenz ohne Effekt auf Gender Wage Gap

July 1, 2022 by Mark Fallak

Zu den vielfältigen Gründen für die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zählt die Tatsache, dass Frauen häufiger in Berufen und Unternehmen mit vergleichsweise geringen Verdienstaussichten arbeiten. Ob mehr Lohntransparenz Abhilfe schaffen kann, untersuchen Omar Bamieh und Lennart Ziegler in einem aktuellen IZA Discussion Paper.

Die Studie untersucht die Auswirkungen des österreichischen Lohntranzparenzgesetzes. Seit dessen Einführung 2011 müssen Arbeitgeber in Stellenausschreibungen eine Lohnuntergrenze angeben.

Anhand von Daten der Sozialversicherung und Österreichs größter Jobbörse kommen die Forscher zu einem ernüchternden Ergebnis: Die Reform hatte keinerlei Einfluss auf den Wechsel von Frauen in besser bezahlte Jobs. Geringe berufliche Mobilität kann den Befund nicht erklären, da lukrative Jobwechsel schon vor der Einführung des Gesetzes durchaus verbreitet waren.

Aus anderen Studien ist bekannt, dass Frauen im Schnitt mehr Wert auf nicht-monetäre Aspekte wie flexible Arbeitzeiten legen als Männer. Zudem sind sie tendenziell weniger risikofreudig und scheuen Wettbewerbssituationen eher. Aber auch Diskriminierung kann dazu beitragen, dass besser bezahlte Berufe Frauen nicht in gleichem Maße offenstehen.

Bislang konzentrierte sich die Evaluation von Lohntransparenz meist auf Regelungen zur Offenlegung der Lohnstruktur innerhalb von Unternehmen. Dadurch sollen ungerechtfertigte Lohnunterschiede ans Licht kommen und die Verhandlungsposition von Frauen verbessert werden. Auch hier finden die meisten Studien nur geringe Effekte.

So werden Politik und Forschung also weiter nach effektiven Mitteln zur Verringerung des Gender Pay Gaps suchen müssen. Ein Ansatz besteht beispielsweise darin, Mädchen schon in der Schule eine Karriere in den besonders gut bezahlten MINT-Berufen schmackhaft zu machen.

Filed Under: Research Tagged With: Austria, gender pay gap, job search, wage transparency

Stabilere Arbeitsverhältnisse dank Mindestlohn?

June 24, 2022 by Mark Fallak

Kaum ein anderes Thema wird in der Arbeitsmarktforschung kontroverser diskutiert als die Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen. Inzwischen ist weitgehend Konsens, dass ein „moderater“ Mindestlohn entgegen klassischen ökonomischen Modellen nicht zwingend zu mehr Arbeitslosigkeit führt, wobei die Bezifferung von „moderat“ umstritten bleibt. Doch unabhängig von den Auswirkungen auf die Gesamtbeschäftigung bleibt die Frage nach der Qualität der Beschäftigungsverhältnisse und den Jobaussichten für benachteiligte Arbeitsmarktgruppen.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Marianna Kudlyak, Murat Tasci und Didem Tuzemen betrachtet die Reaktionen von Unternehmen auf höhere Mindestlöhne anhand der Zahl der offenen Stellen. Die Studie nutzt detaillierte Stellenbörsendaten, um die Effekte von Mindestlohnerhöhungen auf US-Bundesstaatenebene zu ermitteln. Dabei zeigt sich ein signifikanter Rückgang an offenen Stellen für Tätigkeiten, in denen die Bezahlung typischerweise dem Mindestlohn entspricht oder nur knapp darüber liegt: Bei einer Mindestlohnerhöhung um 10% gehen die bestehenden Stellenangebote um 2,4% und die Neuausschreibungen um 2,2% zurück.

Wie deckt sich dieser Befund mit dem zugleich weitgehend stabil bleibenden Beschäftigungsniveau? Die Forschenden erklären den scheinbaren Widerspruch damit, dass ein höherer Mindestlohn ein produktiveres Beschäftigungsverhältnis erfordert, damit sich das Lohnplus für das Unternehmen rechnet. Dazu muss das „Matching“ von Neueinstellungen verbessert werden. Mit anderen Worten: Die Unternehmen suchen sich ihre neuen Beschäftigten sorgfältiger aus (und umgekehrt), was die Fluktuation reduziert und folglich den Bedarf an weiteren Neueinstellungen verringert, ohne dass sich das Beschäftigungsniveau dadurch verändert.

So würde die Arbeitslosigkeit insgesamt durch den höheren Mindestlohn nicht steigen, wenngleich das geringere Angebot an offenen Stellen die Jobaussichten für einzelne Stellensuchende, insbesondere solche mit geringer Produktivität, verschlechtern dürfte.

Filed Under: Research Tagged With: hiring, minimum wage, search and matching, vacancies

Mehr Soloselbstständigkeit wegen Mindestlohn?

May 23, 2022 by Mark Fallak

Zu den atypischen Beschäftigungsformen, die in den letzten zwei Jahrzehnten deutlichen Zuwachs verzeichnet haben, zählt die Soloselbstständigkeit. Was sich nach eigenbestimmtem Arbeiten ohne Vorgesetzte und Mitarbeiter anhört, hat auch erhebliche Schattenseiten: Geringere Einkünfte und mangelnde soziale Sicherung lassen darauf schließen, dass viele Beschäftigte den Schritt in die Soloselbstständigkeit nicht freiwillig gewählt haben.

Aber was sind die Gründe? Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Angelika Ganserer, Terry Gregory und Ulrich Zierahn deutet darauf hin, dass die Einführung von Mindestlöhnen eine Rolle gespielt hat. Die Studie nutzt den Umstand, dass in Deutschland zunächst nur in einzelnen Branchen ein Mindestlohn eingeführt wurde. So konnten die Forschenden – auf Basis umfangreicher Daten aus dem Mannheimer Unternehmenspanel (MUP), verknüpft mit den Integrierten Erwerbsbiografien des IAB (IEBS) – die Entwicklung in ähnlichen Branchen mit und ohne Mindestlohn vergleichen.

Zunahme auf Branchen mit Mindestlohn konzentriert

Insgesamt hat sich in Deutschland der Anteil der Soloselbstständigen an der Erwerbsbevölkerung zwischen 1992 und 2010 von 2,3 Prozent auf 4,9 Prozent mehr als verdoppelt. Wie die Abbildung veranschaulicht, zeigen sich dabei große Unterschiede sowohl zwischen den Branchen als auch zwischen Ost und West. Auffällig ist der ausgeprägte Trend zur Soloselbstständigkeit in Branchen mit Mindestlohn. Je nach Sektor und Region stieg der Anteil der Soloselbstständigen um 1,1 bis 8,5 Prozentpunkte – teils eine Versechsfachung gegenüber dem Zeitraum vor der Einführung des Mindestlohns.

Entwicklung der Soloselbstständigkeit

Schlechtere Aussichten für Hochqualifizierte

Die Autoren erklären ihren Befund damit, dass aufgrund der gestiegenen Arbeitskosten die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften zurückging, da die Betriebe insgesamt weniger Personal einstellten. Der Einbruch war derart stark, dass selbst der Bedarf an Fachkräften zurückging, obwohl diese aufgrund ihres hohen Lohns gar nicht direkt vom Mindestlohn betroffen waren. Viele Hochqualifizierte suchten daher mangels Job- und Verdienstaussichten ihr Heil in der Soloselbstständigkeit.

Auf diese Weise drängte der Mindestlohn Fachkräfte in die Soloselbständigkeit, die ansonsten abhängige Beschäftigungsverhältnisse bevorzugt hätten – also eigentlich nicht unbedingt prädestiniert für die Gründung eines eigenen Unternehmens waren. Darauf deuten auch die Daten hin: So sanken die Einkommen von Soloselbstständigen im untersuchten Zeitraum vor allem bei denen, die sich erst nach Einführung des Mindestlohns selbstständig gemacht hatten, also im Vergleich zu vorher eher aus der Not heraus als aus unternehmerischem Kalkül.

Übertragbarkeit der Erkenntnisse

Inwieweit die Ergebnisse auch auf andere Branchen und Länder übertragbar sind, hängt von der jeweiligen Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage ab, aber auch von der relativen Höhe des Mindestlohns: Die negativen Effekte treten primär in Ostdeutschland auf, wo der Mindestlohn, relativ zum vorherigen Lohnniveau, sehr hoch war. Entscheidend ist außerdem, ob Hoch- und Geringqualifizierte in der betreffenden Branche ähnliche Tätigkeiten ausüben, also leichter ersetzt werden können, und ob es Zugangshürden für die Selbstständigkeit (wie den deutschen Meisterzwang) gibt.

Filed Under: Research Tagged With: Germany, minimum wages, solo self-employment, synthetic control method

Geheime Absprachen zwischen Hightech-Konzernen kosten Beschäftigte Milliarden

May 17, 2022 by Mark Fallak

“Sorry, kommt nicht wieder vor. Die zuständige Mitarbeiterin hat gegen unsere hausinternen Richtlinien verstoßen und wird umgehend gefeuert,“ schrieb sinngemäß der damalige Google-Chef Eric Schmidt 2005 in einer E-Mail an seinen Apple-Kollegen Steve Jobs, der mit einem Smiley antwortete.

Was war passiert? Jobs hatte sich beklagt, dass die Google-Personalabteilung versucht hatte, fähige Apple-Beschäftigte abzuwerben. Dabei bestand doch zwischen beiden Konzernen ein sogenanntes „no-poach agreement“, also eine Abmachung gegen das „Wildern“ der Personalrekrutierer in der Belegschaft des anderen.

Solche Nichtabwerbevereinbarungen waren damals unter einigen der führenden Digital-Unternehmen im Silicon Valley gang und gäbe, darunter auch Adobe, eBay und Intel. Die geheimen Absprachen sollten verhindern, dass die Personalkosten explodieren, weil hochqualifizierte Fachkräfte gegen ein höheres Gehalt zur Konkurrenz wechseln.

Unsichtbare Gehaltsdeckel

Für die Beschäftigten bedeutete diese Art von Wettbewerbsbeschränkung eine klare Schwächung ihrer Verhandlungsposition und Karrierechancen. Doch erst 2009 sorgte ein Whistleblower dafür, dass sich das US-Justizministerium einschaltete und dieser Praxis einen Riegel vorschob. Es kam zu jahrelangen Gerichtsverfahren, die in einem Vergleich über rund 435 Millionen Dollar endeten.

Aber ist damit der Schaden abgedeckt, den das „Arbeitgeberkartell“ verursacht hatte? Nicht annähernd, so das Fazit eines IZA-Forschungspapiers von Matthew Gibson. Er verglich die Gehaltsentwicklung in den Kartellunternehmen mit ähnlichen Arbeitgebern wie Amazon oder Microsoft, die keine solchen Geheimabsprachen getroffen hatten (weitere methodische Details und Zahlen hier).

Demnach führten die Absprachen im Schnitt zu Gehaltseinbußen von fünf Prozent, die Aktienboni fielen um fast die Hälfte geringer aus. Unterm Strich errechnete Gibson einen Schaden von mindestens 2,5 Milliarden Dollar – ein Vielfaches der gezahlten Entschädigungssumme. Auch die Volkswirtschaft insgesamt könne durch einen solchen Missbrauch der Arbeitgebermacht an Innovationskraft einbüßen, wenn Beschäftigte nicht dorthin wechseln können, wo sie am produktivsten wären, so der Experte.

Geringeres Lohnwachstum

Das gilt nicht nur für die hochbezahlte Tech-Branche: Eine frühere IZA-Studie von Alan Krueger und Orley Ashenfelter hatte am Beispiel von Franchise-Unternehmen wie Fastfood-Ketten gezeigt, dass die Mehrheit solcher Unternehmen den Beschäftigten verbietet, in andere Betriebe der gleichen Kette zu wechseln. Die Autoren gehen davon aus, dass Wettbewerbseinschränkungen wie diese dazu beigetragen haben, dass die Löhne und Gehälter in den USA trotz einer Rekordzahl an offenen Stellen im vergangenen Jahrzehnt nur schleppend gewachsen sind.

Filed Under: Research Tagged With: collusion, employer market power, labor earnings, monopsony, no-poach agreements, oligopsony, Silicon Valley

Mehr Homeoffice für weniger Gehalt?

March 31, 2022 by Mark Fallak

Umfragen zufolge wollen viele Beschäftigte auch nach dem Ende der Homeoffice-Pflicht mobil arbeiten, selbst wenn sie dafür den Arbeitgeber wechseln müssten. Viele Unternehmen fragen sich daher gerade, in welchem Maße sie auch in Zukunft mobiles Arbeiten anbieten sollten – und ob sie fehlende Homeoffice-Möglichkeiten anderweitig kompensieren müssen, damit ihnen die Fachkräfte nicht davonlaufen.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Eline Moens, Stijn Baert, Elsy Verhofstadt und Luc Van Ootegem liefert nun wissenschaftlich fundierte Hinweise zur Beantwortung dieser Fragen. Das Forscherteam von der Universität Gent führte ein umfangreiches Befragungsexperiment mit 500 repräsentativ ausgewählten Beschäftigten durch. Die Studienteilnehmer bewerteten die Attraktivität verschiedener Jobangebote, die sich unter anderem in der Bezahlung und der Möglichkeit zum mobilen Arbeiten unterschieden.

Die Ergebnisse belegen, dass Stellenangebote mit Homeoffice-Option insgesamt als attraktiver wahrgenommen werden. Beschäftigte sind dafür bereit, bei den Gehaltsaussichten Abstriche zu machen: Bei einem Jobwechsel würden Vollzeitarbeitskräfte im Schnitt für einen zusätzlichen Tag Homeoffice eine um fünf Prozentpunkte geringere Gehaltssteigerung in Kauf nehmen.

Flexibilität und Autonomie gewinnen gegenüber Gehalt an Bedeutung

Als Hauptgründe für die positive Wahrnehmung des mobilen Arbeitens werden eine bessere Work-Life-Balance, höhere Jobzufriedenheit und eine autonomere Arbeitsweise genannt. Die Autoren raten daher Unternehmen, die keine Homeoffice-Option anbieten können oder wollen, in ihren Stellenausschreibungen dem verbreiteten Wunsch nach Flexibilität und Autonomie auf andere Weise Rechnung zu tragen.

Bedeutet das im Umkehrschluss, dass Unternehmen möglichst viel Homeoffice anbieten sollten, um zum Magneten für Fachkräfte zu werden (und womöglich noch am Gehalt sparen zu können)? Nicht unbedingt, warnen die Autoren. Denn zum einen werden die fehlenden sozialen Kontakte am Arbeitsplatz als potenzieller Nachteil angeführt. Zum anderen ist das mobile Arbeiten nicht für jede Art von Beschäftigen gleichermaßen attraktiv.

Die Forscher analysierten neben der beruflichen und familiären Situation der Befragten auch deren Persönlichkeitsmerkmale und fanden heraus: Menschen mit vergleichsweise gering ausgeprägter Gewissenhaftigkeit – ein Merkmal, das mit Disziplin und Leistungsbereitschaft assoziiert wird – finden das Homeoffice besonders vorteilhaft. Unternehmen mit allzu großzügigen Homeoffice-Regelungen könnten daher Produktivitätseinbußen riskieren, so die Autoren.

Filed Under: Research Tagged With: Belgium, job attractiveness, pay, telework

Jugendliche passen ihre Bildungswege an veränderte Arbeitsmarktlage an

March 29, 2022 by Mark Fallak

Die Corona-Pandemie hat vor allem den Dienstleistungssektor hart getroffen, in dem typischerweise viele junge Menschen beschäftigt sind. Schon in früheren Wirtschaftskrisen hat sich gezeigt, dass Ausbildungsentscheidungen an die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt angepasst werden, indem etwa Studienfächer mit vermeintlich besseren Jobchancen mehr Zulauf erhalten. Dass sich angesichts der durch Corona veränderten Arbeitsmarktlage viele Jugendliche bereits vor dem Schulabschluss umorientieren, zeigt ein aktuelles IZA-Forschungspapier aus Schweden.

Für ihre Studie werteten Aino-Maija Aalto, Dagmar Müller und J. Lucas Tilley umfangreiche Daten zu Bewerbungen auf weiterführende Schulen aus. Anders als in Deutschland können Jugendliche in Schweden nach der neunten Klasse zwischen verschiedenen akademischen und berufsorientierten Programmen wählen. In der ersten Runde des Bewerbungsverfahrens geben sie ihre Präferenzen an, die sie später noch einmal verändern können.

Der Beginn der Pandemie im Jahr 2020 fiel genau in die Phase zwischen diesen beiden Bewerbungsrunden. So konnten die Forschenden analysieren, wie sich die pandemiebedingten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt auf die Erstwünsche bei der Wahl der Bildungszweige ausgewirkt hat. Um auszuschließen, dass es sich dabei um übliche Anpassungsprozesse handelt, verglichen sie die beobachteten Veränderungen mit den Bewerbungsrunden der Vorjahre.

Dabei zeigte sich, dass es bei den akademischen Programmen (etwa in den Geistes- und Naturwissenschaften) kaum Veränderungen gab, während einige zuvor beliebte Ausbildungsprogramme für Dienstleistungsberufe einen deutlichen Nachfragerückgang verzeichneten – für das Gastgewerbe sogar um acht Prozent, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Ausmaß der Pandemie-Folgen für diesen Sektor noch gar nicht absehbar war.

Die Ergebnisse deuten also darauf hin, dass viele Jugendliche sehr frühzeitig auf Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt reagieren und ihre Berufsziele anpassen. Dadurch könnte sich in den betroffenen Branchen mittelfristig der Fachkräftemangel verschärfen, wenn nach der wirtschaftlichen Erholung der qualifizierte Nachwuchs ausbleibt.

Filed Under: Research Tagged With: career, COVID-19, education, field of study, high school

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