Die meisten Industrienationen haben inzwischen bezahlte Elternzeit eingeführt und teilweise in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet, damit berufstätige Eltern ohne größere finanzielle Risiken eine Auszeit vom Job nehmen können, um sich länger der Kinderbetreuung zu widmen. Allerdings fallen diese Regelungen unterschiedlich großzügig aus, denn der Nutzen dieses recht teuren familienpolitischen Instruments ist nicht unumstritten.
Beispielsweise bewertete ein früheres IZA-Forschungspapier aus Norwegen die Verdopplung der bezahlten Elternzeit als steuerfinanzierte Freizeit-Subvention für die gehobene Mittelschicht ohne messbare positive Auswirkungen. Auch eine neuere Studie aus Frankreich sah die dortige Ausweitung der Elternzeit kritisch, da sie eine Retraditionalisierung der familiären Rollenverteilung befördere und die sprachliche Entwicklung benachteiligter Kinder behindere.
Zu einem wesentlich optimistischeren Befund gelangt eine aktuelle IZA-Studie aus Dänemark, die sich die langfristigen Effekte der im Jahr 2002 von 24 auf 46 Wochen verlängerten Elternzeit auf die kindliche Entwicklung anschaut.
Konkret analysieren Mikkel Aagaard Houmark, Cecilie Marie Løchte Jørgensen, Ida Lykke Kristiansen und Miriam Gensowski die Auswirkungen der Reform auf die sozio-emotionalen Fähigkeiten, die für den späteren Berufs- und Lebenserfolg der Kinder ebenso bedeutend sind wie die üblicherweise in Bildungsstudien verwendeten Leistungsmaße.
So zeigte sich bei Siebt- und Achtklässlern für einen zusätzlichen Monat Elternzeit eine deutliche Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens (+4,7%, bezogen auf die sogenannte Standardabweichung), der Gewissenhaftigkeit (+3,5%) sowie der emotionalen Stabilität (+2,8%). Neben diesen subjektiven Befragungsergebnissen gab es auch eine objektiv messbare Verbesserung: Die Anzahl der schulischen Fehltage reduzierte sich um 2,7% pro Monat zusätzlicher Elternzeit.
Am meisten profitieren diejenigen Kinder, die ohne die Verlängerung der bezahlten Elternzeit vergleichsweise früh fremdbetreut worden wären. Bei ihnen lässt sich neben den sozio-emotionalen Kompetenzen auch ein positiver Effekt auf die schulischen Leistungen feststellen. Da es sich hierbei vielfach um Kinder aus benachteiligten Familien handelt, legt die Studie nahe, dass längere Elternzeit einen Beitrag zum Abbau sozialer Ungleichheiten leisten könnte.
Dass die früheren Studien aus Norwegen und Frankreich zum gegenteiligen Schluss gelangten, könnte einerseits mit dem Fokus auf unterschiedliche Aspekte der kindlichen Entwicklung zusammenhängen, andererseits mit der in Dänemark vergleichsweise kurzen Elternzeit von unter einem Jahr. Eine „optimale“ Dauer der Elternzeit lässt sich aus keiner der Untersuchungen ableiten.